0058 - Meer der mordenden Hände
im letzten Moment auf. Er wusste dass er sie verlor, wenn sie in dieser kochenden Brühe versank.
Wahnsinnige Schmerzen peinigten ihn. Er schleppte Jodie mit sich, presste die Zähne aufeinander, gab nicht auf.
Völlig erschöpft erreichte er mit seinem Mädchen das dritte Tor.
Es tat sich vor ihnen auf. Grelle Flammen schlugen ihnen entgegen.
Die Hitze war mörderisch. Sie litten Durst. Aber es gab kein Umkehren mehr für sie. Sie mussten durch die züngelnde Flammenhölle hindurch. Fielen sie, dann starben sie endgültig. Blieben sie auf den Beinen, dann reihte sie Vihambata, der Dämon, in sein Gefolge…
***
Seit vielen Jahren schon wusste Tevita Ti’o, der Zauberer, dass sich in seine Seele ein böser Geist eingenistet hatte. Ti’o hatte das mit Begeisterung zur Kenntnis genommen, denn nicht jeder konnte sich rühmen, dazu ausersehen worden zu sein. Jahr um Jahr hatte das Böse mehr von ihm Besitz ergriffen. Der Dämon hatte sich im Leib des Zauberers gefestigt, hatte den Alterungsprozess gestoppt und hatte Tevita Ti’o zu einem kraftstrotzenden, unbesiegbaren Mann gemacht.
Der Zauberer dankte das dem Dämon, indem er Böses tat, so oft er konnte.
Er fuhr mit seinem Auslegerboot von Insel zu Insel und warb Männer für seinen grausamen Plan.
Langsam trug die giftige Saat, die Tevita Ti’o ausgestreut hatte, Früchte.
Er war mit seiner Arbeit zufrieden. Seine Anhängerschar wuchs.
Ab und zu fuhr der Zauberer auf das Meer hinaus, um Kontakt mit den toten Händen aufzunehmen.
In dieser Vollmondnacht war er zu seinen bleichen Verbündeten mal wieder unterwegs.
Tevita Ti’o legte sich kräftig in die Riemen. Das Boot schoss pfeilschnell über die Wasseroberfläche dahin. Der Zauberer konnte es kaum mehr erwarten, den Ort des Grauens zu erreichen.
Da drang plötzlich ein Raunen und Wispern an sein Ohr. Ti’o legte die Ruder ins Boot. Er hatte sein Ziel erreicht. Ein dämonisches Grinsen zuckte über sein dunkles Gesicht.
Mit böse funkelnden Augen suchte er die See ab. Das Wasser begann Sekunden später auf eine geheimnisvolle Weise zu wallen. Der Zauberer nahm einen Lederbeutel von seinem Hals. Er öffnete ihn.
Ein giftgrünes Pulver rieselte auf seine Handfläche. Grüner Sand, dessen Zusammensetzung nur Ti’o kannte. Der Dämon, der in ihm wohnte, hatte ihm die Zusammensetzung verraten. Mit ein paar geheimnisvollen Beschwörungsformeln war daraus ein Zaubersand geworden, mit dessen Hilfe sich Tevita Ti’o jene toten Hände von Tonga Untertan machen konnte.
Der Zauberer holte aus und schleuderte den grünen Sand ins Meer.
Sofort tauchte die erste Hand zuckend aus den Fluten auf. Ihr folgte die zweite, die dritte… Ein Wald von Händen schaukelte plötzlich auf der Wasseroberfläche.
Tevita Ti’o lächelte zufrieden.
Wie Soldaten reihten sich die Hände vor ihm auf. Soldaten, die bereit zum Befehlsempfang waren.
Ein fanatisches Glühen lag in den Augen des Zauberers. Er stand auf.
»Ich grüße euch, meine Freunde!«, rief Tevita Ti’o mit einer weithin schallenden Stimme. »Wir haben uns einige Tage nicht gesehen. Ich hatte Gelegenheit, in dieser Zeit viel über euch nachzudenken. Gestern nacht waren Männer hier, um euch den Leichnam eines Lepratoten zu übergeben. Ihr habt ihn angenommen. Somit habt ihr nichts weiter getan, als das, was früher die Haie gemacht haben. Ihr habt die Haie verjagt und ihren Platz eingenommen. Ich sage euch, dass das nicht genug ist. Warum tut ihr nicht das, was die Haie niemals hätten tun können? Warum geht ihr nicht an Land? Warum holt ihr euch nicht junge gesunde Menschen von den Inseln? Es gibt nicht mehr genug Tote für euch. Daran sind die Ärzte schuld. Immer öfter gelingt es ihnen, einen Mann, der vor Jahren noch gestorben wäre, mit ihren Medikamenten zu retten. Es wird künftig immer weniger Lepratote für euch geben. Und eines Tages wird man diese Krankheit vollends von unseren Inseln verbannt haben. Was dann? Was wollt ihr dann machen? Ihr wisst, dass euch Vihambata eingesetzt hat, um Angst und Schrecken unter den Menschen zu verbreiten. Ich gehe einen Schritt weiter. Hört mich an, ihr toten Hände von Tonga. Bleibt nicht mehr länger nur hier draußen auf dem Meer. Dehnt euer Aktionsgebiet aus. Tragt die Furcht und den Schrecken auch auf das Festland. Vihambata wird es euch danken!«
***
Professor Zamorra hatte eine kurze Nacht hinter sich, in der er kaum geschlafen hatte. Lange nach Mitternacht hatte er Nicole Duvals Zimmer
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