0060 - Der Geisterfahrer
ins Herz des dämonischen Wesens. Der Vampir bäumte sich auf, er heulte zum bewölkten Himmel empor. Er fiel zur Seite, ich setzte mich auf.
Vor meinen Augen zerfiel der Vampir zu Staub. Ich schaute zu Suko und seinem Gegner hinüber. Der Werwolf jaulte auf, denn mein Freund hatte ihm mit dem Silberdolch einen Stich in die Schulter versetzt.
Das Monster sah, daß es nicht mehr gewinnen konnte, denn von dem Vampir waren nur noch Staub, Knochen und Stoffetzen vom Umhang übrig. Da drehte der Werwolf sich um und rannte humpelnd davon.
Den rechten Vorderlauf konnte er nicht richtig gebrauchen. Suko eilte hinterher. Ich sprang auf, mein Herz hämmerte, der Kampf hatte mich angestrengt. Um den Vampir brauchte ich mich nicht mehr zu kümmern, mehr als ein Häufchen Asche würde von ihm nicht bleiben.
Suko verfolgte den Werwolf, in einigem Abstand eilte ich hinterher. Die Stablampe war mir aus der Tasche gerutscht – und lag am Boden.
Suko konnte den Werwolf nicht einholen. Das Monster erreichte das Wirtschaftsgebäude und riß die Eingangstür auf. Suko stoppte, riß den Arm zurück und ließ ihn vorschnellen. Der Dolch zuckte wie ein silbriger Blitz durch die Luft.
Er hätte den Werwolf zweifellos in den Rücken getroffen. Aber da zuckte ein grüner Strahl von der Flammenscheibe über dem Söller, traf den Dolch und lenkte ihn aus der Bahn. Die Waffe prallte nur gegen das Mauerwerk des Palast und fiel auf den Boden.
Im nächsten Moment hatte der Werwolf die Tür hinter sich zugeschlagen und heulte dumpf drinnen im Haus. Wir rannten hinzu, die Tür war abgesperrt. Suko hob den Silberdolch auf, und wir hämmerten mit den Fäusten gegen die Tür.
Mein Plan, wenigstens eins der Monster zu überwältigen und auszuforschen, war gescheitert. Aber ich gab noch nicht auf. Ich zog die Beretta und wollte gerade Kugeln ins Türschloß jagen, da ging in einem Zimmer im ersten Stock links von der Tür das Licht an.
Künzler riß das Fenster auf und streckte das fette Gesicht hervor.
»Sinclair!« schrie er mit seiner Fistelstimme. »Was treiben Sie schon wieder? Sind Sie von Sinnen, Mann? Das ist doch kein Tollhaus hier.«
Die Unverschämtheit dieses Kerls raubte mir langsam den Nerv.
»Öffnen Sie, Künzler!« befahl ich. »Wir suchen jemanden.«
»Ich werde mich über Sie beschweren«, drohte er. »Eine Zumutung ist das.« Suko trat wieder gegen die Tür, daß es dröhnte, und Künzler rief: »Moment, Moment, ich komme ja schon!«
Er knallte das Fenster zu. Bald hörten wir ihn im Haus rumoren und schimpfen. Die Lampe über der Tür leuchtete auf. Ein Schlüsselbund klirrte, dann wurde geöffnet.
Der Burgverwalter stand vor uns, mit einem Hausmantel und Pantoffeln bekleidet. Die wenigen Haare standen ihm wirr vom Kopf ab.
»Was soll der Krawall zu nachtschlafender Zeit? Hat man Sie deshalb aus England hergeholt, Sinclair? Sagen Sie Ihrem Schlitzauge, daß hier in Deutschland andere Sitten herrschen als bei ihm zu Hause. Eine Unverschämtheit ist das! Sie sind ja nicht bei Trost, Mann!«
Ich war es leid, mich von diesem Dämonenknecht so beschimpfen zu lassen, zog das Silberkreuz aus der Tasche und hielt es ihm vor die Stülpnase. Künzler prallte zurück.
Von da an war er wesentlich kleinlauter. Ich stellte ihn zur Rede, aber es war die alte Geschichte. Dietrich Künzler behauptete, von nichts zu wissen. Die Flammenscheibe über dem Söller leuchtete nicht mehr, und der unheimliche Glanz war erloschen.
Burg Felseneck lag still und friedlich. Kommissar Mallmann, der hinten an der Ecke unseres Quartiergebäudes gestanden und alles beobachtet hatte, kehrte ins Haus zurück.
Künzler log uns frech ins Gesicht. Ich erwog, ihn von Suko packen zu lassen und ihm mit dem geweihten Silberkreuz zuzusetzen. Aber dann wäre er nur wieder ohnmächtig geworden.
»Sie sollten sich mal auf Ihren Geisteszustand untersuchen lassen, Sinclair«, trumpfte er noch einmal auf. »Was Sie alles zusammenphantasieren. Ein Spuk in der Kapelle, unheimliche Laute, Licht, Geister, Sie leiden an Halluzinationen.«
»Ihre Stunde wird schon bald schlagen, Meister Künzler«, verriet ich ihm. »Jetzt grinsen Sie sich innerlich eins, aber wer zuletzt lacht, lacht am besten.«
Ich holte die Taschenlampe, und wir durchsuchten das Wirtschaftsgebäude vom Dachboden bis zum Keller. Die Köchin, die Gehilfinnen, ein Burgarbeiter und der Beamte erschienen! Sie zeterten und protestierten. Diese Brut paßte gut zu ihrem Herrn, dem Burgverwalter.
Den
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