0060 - Der Geisterfahrer
fanden wir interessante Details heraus. Besonders auf die Aussagen der Zeugen, die den Geisterfahrer Holger Redloff und seinen Beifahrer beobachtet hatten, war ich gespannt.
Am späten Nachmittag wollten wir wieder auf Burg Felseneck zurück sein. Suko sollte die Stellung halten und aufpassen.
***
Zum Frühstück gab es auf der Burg schlechten Malzkaffee und hartes Brot mit ranziger Margarine und einer uralten Kunststoffmarmelade. Dietrich Künzler hatte sich diese Schikane ausgedacht, um sich an seinen Gästen zu rächen.
Bernard Roget aß nur zwei Äpfel auf dem Zimmer. Er hatte schrecklichen Liebeskummer. Er hatte gesehen, daß John Sinclair Roxane ins Obergeschoß gefolgt und nicht wieder zurückgekehrt war. Dieser Schock tötete Bernards Liebe aber nicht.
Er zürnte auch Roxane nicht. Aber John Sinclair hätte er erwürgen können. Die Eifersucht quälte ihn. Finster starrte er aus dem Fenster auf den Burghof hinaus.
Er, der kleine, pummlige Bernard, mußte sich bei den Mädchen immer mächtig ins Zeug legen, um etwas zu erreichen. Oft hatte er schon Pleiten erlebt. Aber so einem Supermann und Sonnyboy wie John Sinclair, dem flogen sie alle zu.
Sogar die schöne Roxane. Die Welt war ungerecht. Als Sinclair und der Kommissar im Opel Manta abfuhren, wünschte Bernard sehnlich, sie würden sich in der nächsten Kurve den Hals brechen. Dann fiel ihm ein, daß die beiden Männer noch gebraucht wurden, um den Spuk von Burg Felseneck und den Schwarzen Tod zu bekämpfen.
Da wollte er ihnen lieber nichts Böses wünschen. Bernard seufzte abgrundtief. Mit einem Geisterjäger konnte ein angehender Zahnarzt nicht konkurrieren.
Neue Rachegedanken keimten in Bernard Roget. Er stellte sich vor, daß er Sinclair später in seiner Praxis hätte. Mit dem Zahnarztbohrer würde er es ihm so heimzahlen, daß er es nie vergessen würde.
Jean Arnois trat ein, er ließ den Kopf hängen. Auch er war geknickt, denn er hatte ein Auge auf Gisela Malthus geworfen. Und der gefiel nun einmal Kommissar Mallmann besser.
»Wir sollten weiterwandern«, sagte Jean. »Mon ami, wir haben auf dieser Burg kein Glück in der Liebe. Aber was soll’s, auch andere Mütter haben hübsche Töchter. Laß uns abhauen. Sollen sie allein sehen, wie sie mit ihrem Spuk einig werden. Das Frühstück war übrigens auch ganz hundsmiserabel.«
»Nein!« rief Bernard da und schlug mit der Faust auf den Tisch. »So leicht gebe ich nicht auf. Als ich fünfzehn war, sagte mir mal ein Wahrsager, ich würde eine ganz tolle rothaarige Frau heiraten. Ich bin sicher, damit ist Roxane gemeint. Sie ist nur noch nicht richtig auf mich aufmerksam geworden. – Jean, ich habe einen tollen Plan.«
»Du bist nicht zu retten«, sagte Jean.
Aber er hörte sich den Plan seines Freundes an. Zuerst schaute er befremdet, dann schüttelte er den Kopf, und zuletzt tippte er sich an die Stirn.
»Wir sollen allein den Spuk von Burg Felseneck beenden und uns womöglich noch mit dem Schwarzen Tod anlegen? Ich bin doch nicht lebensmüde. Nein, Bernard, ohne mich. Für mich ist auf Burg Felseneck, damit du es nur weißt, der Käse gegessen!«
Bernard stieß einen Seufzer aus.
»Und ich dachte, du bist mein Freund«, beklagte er sich. »Bon, wie du meinst. Zieh nur weiter, Jean, und alles Gute. Ich wünsche dir viel Glück und später eine große Zahnarztpraxis in Toulon. Wenn du gelegentlich an deinen armen Freund Bernard denkst, der elend auf Burg Felseneck sterben mußte, weil du ihn im Stich ließest, dann trink einen doppelten Korn. Das wird dir darüber hinweghelfen.«
Bernard wollte es tatsächlich allein versuchen. Er war felsenfest entschlossen, seiner angebeteten Roxane zu beweisen, daß er ein ebenso toller Kerl war wie der Geisterjäger John Sinclair.
Jean tigerte im Zimmer auf und ab. Er rang mit sich selbst, er raufte sich den Bart und die Haare.
»Quel malheur! So ein Starrkopf! Ja, die Frauen gehören verboten, sie bringen nichts als Scherereien. Bon dieu, was fange ich nur an?« Schließlich entschloß er sich. »Bernard, ich bin dabei. Niemand soll sagen, daß Jean Arnois einen Freund im Stich gelassen hat. Wir müssen vor allen Dingen darauf achten, daß Suko uns nicht auf die Schliche kommt. Dieser chinesische Karatebrocken kann den einen von uns nehmen und den andern damit durchprügeln.«
Sie berieten und hatten bald einen Weg gefunden. Sie wollten sagen, sie hätten vor sich auf der Burg umzusehen, aus Interesse an historischen Bauwerken. Dabei wollten
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