0064 - Im Zeit-Gefängnis
anderen. „Es ist wunderbar, die Beine so einfach hängenzulassen. Fliegen wir in Formation?"
„Ich möchte die Gesichter der Druuf sehen, wenn sie uns jetzt erspäht haben", wünschte sich Harras und stieg ebenfalls empor, dicht gefolgt von Josua, der äußerst befriedigt war, daß man seinen Vorschlag akzeptiert hatte. Rous folgte zuletzt.
„Haltet euch hinter mir und fliegt nicht zu schnell. Sobald die Wärme zu stark spürbar wird, abbremsen! Glauben Sie mir, ich hätte mir früher auch nie träumen lassen, daß die Dichte der Lufthülle von der Zeit abhängt, die in ihr vergeht."
Das war nicht ganz korrekt ausgedrückt, packte aber das ganze Problem am Kern. Die Zeit war es in der Tat, die diese Welt veränderte und die elementaren Naturgesetze scheinbar über den Haufen warfen.
Wenn man den Ablauf der Zeit in dieser Dimension um das 72000fache beschleunigen könnte, würde die Welt wieder normal werden. Oder war sie normal ...? War diese fremde Zeitebene die wirklich normale...?
Die Frage durchzuckte Rous wie ein Blitz, und ihm war, als sei gerade hier der Schlüssel zu ihrem Problem.
Nur wenige Meter über dem steinigen Boden schwebten sie dahin, und Rous kam die merkwürdige Tatsache zu Bewußtsein, daß sie zu Beginn ihres Abenteuers gar nicht daran gedacht hatten, daß sie notfalls fliegen konnten. Sie hatten die Anzüge so gut wie völlig vergessen.
Steiner warf einen Blick zum Himmel und rief: „Das Schiff verfolgt uns, aber es ist nicht so schnell. Sie wollen uns also doch nicht aus den Augen verlieren. Immerhin - wir haben sechzigfache Schallgeschwindigkeit, wenn man es so nimmt." Rous nickte zögernd. „Spürt ihr die Wärme? Direkt hinter uns entsteht ein richtiges Vakuum, so langsam bewegt sich die Luft." Er sah ebenfalls in die Höhe. „Sie haben recht, Steiner. Ihr Kameraschiff verfolgt uns."
Sie überquerten den Fluß, das Tal und erreichten den flachen Hang, den sie bereits kannten. Das kleine Schiff war weit zurückgeblieben. Es schaffte in der Sekunde vielleicht zwei Zentimeter, machte also gut vierfache Schallgeschwindigkeit.
„Ob sie uns jetzt noch sehen können?" fragte Harras.
„Ich glaube nicht, daß ihre Reichweite so groß ist." Rous schüttelte den Kopf. „Wäre das der Fall, brauchten sie uns nicht zu folgen."
Sie erblickten wenige Minuten später zwei menschliche Gestalten vorab, die sich bewegten - und jede Bewegung fiel in dieser Welt der völligen Bewegungslosigkeit sofort auf. Iwan Ragow und André Noir!
Kaum berührte Rous Fuß den Boden, als er Steiner einen lauten Schrei ausstoßen hörte. Der Physiker zeigte mit ausgestrecktem Arm in die Ebene hinab. Die Männer folgten seinem Blick und erstarrten.
Rous spürte, wie eine eiskalte Hand nach seinem Herzen griff, denn nun sah er die praktische Auswirkung seiner Theorien. Dort, wo der Galgenbaum gestanden hatte, war nur noch ein greller Energiefinger, der senkrecht auf dem felsigen Boden stand, den Baum einhüllte und nur noch als undeutliche Silhouette erscheinen ließ.
Der Energiefinger - knapp zehn Meter dick - setzte sich senkrecht nach oben fort und verlor sich im violetten Rot des dort wolkenfreien Himmels. Er schien direkt aus dem Weltall zu kommen und permanent zu strahlen. Wie ein gigantischer Bleistift aus purer Energie stand das Gebilde drüben in der Ebene und bedeckte genau das Gebiet, in dem sie sich noch vor einer guten Stunde aufgehalten hatten.
Rous schätzte, daß sich der Energiestrahl bis in eine Höhe von vierzig Kilometern gut mit dem bloßen Auge verfolgen ließ, dann verschluckte ihn der Himmel. Er sagte grimmig: „Sie haben zu lange gezögert. Der Todesstrahl hätte uns alle erwischt, und wir wären nicht schnell genug gewesen, ihm auszuweichen. Das Licht legt immerhin noch vier Kilometer in der Sekunde zurück, eine unvorstellbare Geschwindigkeit für diese Welt der Starre. Vielleicht erkennen wir nun, was es bedeutet, dreihunderttausend Kilometer in der Sekunde zurückzulegen, wie es das Licht bei uns tut. Das dort drüben ist ein Energiestrahl, aus einem sehr hoch fliegenden Schiff auf uns abgeschossen. Damit steht fest, daß uns die Druuf entdeckt haben. Und wir wissen noch etwas: Sie haben die Absicht, uns zu töten!"
„Das dort drüben... ein Energiestrahl?" fragte Josua und hielt den Kopf schief, als er seine physikalischen Kenntnisse zusammenraffte. „So lange?" Rous lächelte.
„Was heißt hier lange? Nehmen wir einmal an, sie senden einen Energiestrahl von der Dauer
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