0065 - Hata, die Hexe aus dem Sumpf
das Amulett auf Warners Stirn, doch es zeigte keine Reaktion.
»Ich sehe nur noch eine Möglichkeit! Wir müssen Warners Gegengeist beschwören. Vielleicht kann er uns Auskunft geben, wie wir den Spuk beenden können!« meinte der Parapsychologe, nachdem er sich erhoben hatte.
Zamorra wandte sich an den Sohn des Toten. »Mister Warner?«
»Ja! Was ist?« stammelte Elmar verdattert. Sein Gehirn bemühte sich noch immer krampfhaft, das eben Erlebte zu erfassen und zu verarbeiten.
»Fühlen Sie sich stark genug, um bei einer Beschwörung des Geistes anwesend zu sein?« fragte Zamorra knapp.
»Eine Beschwörung?« echote Elmar.
»Ja oder nein?«
»Ja!«
»Kommt! Holt euch Sessel. Wir müssen uns um den Toten setzen.«
»Aber der Geist…« wandte Elmar ein.
»Der wird sich jetzt nicht blicken lassen. Nur keine Angst, Mr. Warner, es passiert Ihnen nichts!«
Schweigend nahmen sie um die Leiche Platz.
»Verhaltet euch ruhig und gefaßt, was immer geschieht, kein lautes Wort, verstanden?«
Auf Zamorras Stirn bildeten sich zwei Reihen tiefer Falten. Sein Gesicht glich einer steinernen Maske. Kein Muskel bewegte sich.
Das Amulett hielt er vor die Leiche hin.
Nach einigen Minuten begann der Parapsychologe in einer für die anderen unverständlichen Sprache Sprüche zu murmeln. Immer lauter, immer eindringlicher.
Dicke Schweißperlen bedeckten die Stirn, rollten über sein Gesicht, ließen es glänzen. Man sah dem Gelehrten an, welche Anstrengung ihm diese Beschwörung kostete.
Zamorra senkte seine Blicke, richtete sie auf das Amulett.
Ein leichtes Zucken durchlief seinen Körper, seine Hände begannen zu zittern.
»Robert Warner, sprich zu uns!« stieß er erschöpft hervor.
Plötzlich war die Stimme da! Lag in der Luft, leise, singend, vergänglich, aber hörbar.
»Du hast es mir ermöglicht, mich für kurze Zeit von meinem ›Bö- sen Ich‹ zu lösen. Ich danke dir dafür, Professor Zamorra!« wehte es durch den Saal.
»Warum bist du verflucht?« Knapp und präzise stellte der Wissenschaftler seine Frage.
»Hata, die Hexe, war auf einmal da, draußen im Dschungel. Sie bot mir an, mir das Leben um drei Jahre zu verlängern, wenn sie meine Seele dafür bekommen würde. Außerdem bot sie mir eine Flüssigkeit an, mit der ich zwei Tage scheintot sein könnte. Ich verlangte deshalb, diese zwei Tage hier in der Halle aufgebahrt zu sein, damit ich alles mithören konnte, was meine Erben, die ich ja herbestellt hatte, und die mich für tot hielten, über mich reden würden. Wahrscheinlich wäre ich dann erwacht und hätte den würdigsten Erben gefunden. Eine andere Flüssigkeit sollte mein Herzleiden mildern, so daß ich noch drei Jahre hätte leben können.«
Die Stimme verstummte für einige Sekunden.
Zamorras Konzentration hatte anscheinend nachgelassen.
Er versuchte es wieder, konzentrierte sich nur auf die Beschwörung.
Endlich hatte er es wieder geschafft, mit dem Toten Verbindung aufzunehmen.
Er wußte, daß er es nicht mehr lange aushalten würde. Der Widerstand, den ihm der andere Geist entgegensetzte, war einfach zu groß.
»Ich habe Hata umgebracht! Ihr ein Kreuz in die Brust gerammt! Sie hat mich verdammt! Oh, dieses Scheusal! Die Flüssigkeit hat sich verfärbt! Und als ich sie einnahm, im guten Glauben nur scheintot zu sein, starb ich und bin nun dazu verdammt, als ruheloser Geist durch die Dimensionen des Schreckens zu wandern.«
»Wie kann man Hata vernichten, Warner, wie?«
»Ich weiß nicht! Ich glaube, überhaupt nicht! Mein zweites Ich will die Verbindung unterbrechen, Zamorra! Hilf mir!«
Die letzten Worte waren leise, kaum noch hörbar.
Der Professor erhob sich müde. Es kostete ihm Mühe, sich auf den Beinen zu halten. Mechanisch wischte er den Schweiß aus dem Gesicht.
»Sein zweites, negatives Ich ist stärker als sein positives. Es wird vom negativen zu sehr unterdrückt. Es ist nicht möglich, noch weiter mit Mr. Warner zu reden. Ich fühle mich nicht in der Lage, heute noch eine Beschwörung vorzunehmen!«
Der Professor schwankte in die Küche, um sich eiskaltes, erfrischendes Wasser über den Kopf rieseln zu lassen. In ihm dröhnte noch immer Warners Stimme nach. Das Gespräch lief, ähnlich einem Tonband, fast wortwörtlich im Geist noch einmal ab.
»Warners Idee war nicht schlecht!« mußte er wenig später zugeben, als er von Elmar, Nicole und Bill umringt, wieder in der Halle saß. Er fühlte sich bereites wieder frischer und stärker. »Man ist zwei Tage
Weitere Kostenlose Bücher