0066 - Wächter der Verbannten
Mullon wissen.
„Spätestens heute abend", antwortete Chellish, und seine Stimme klang so, als hätte Pashen nichts Gutes von ihm zu erwarten.
*
Am Nachmittag zeigte sich zweimal eines der brausenden Peepsie-Flugboote. Die Peepsies schienen zufrieden zu sein, die Maschinen in Bewegung zu sehen, und landeten nicht.
An diesem Tag verzichtete Mullon auf die Systematik und brach die Arbeit mitten in der Furche ab, als die Sonne unterging. Um einunddreißig Uhr waren sie zu Hause.
Mullon lud Chellish zum Abendessen ein.
„Bei Ihnen muß es doch entsetzlich langweilig sein, so allein", murmelte er.
Chellish zuckte mit den Schultern. „Schließlich bin ich nicht auf Erholungsurlaub. Am besten, wir schicken jetzt gleich ein paar Leute zum Zeltlager hinaus, damit sie nach Pashen schreien. Ich möchte mit ihm reden.
„Wohin soll er kommen?" fragte Mullon.
„Bestellen Sie ihn zu Ihrem Haus."
„Haben Fraudy und ich irgendeine Funktion dabei?" wollte Mullon wissen.
„Unbezahlte Statisten ohne Sprechtext", antwortete Chellish lächelnd.
Ein paar Leute wurden zum Peepsie-Zeltlager geschickt, um Pashen zu sagen, daß etwas Wichtiges zu besprechen sei. Chellish zweifelte nicht daran, daß Pashen daraufhin in die Stadt kommen würde.
Als sie Mullons Haus erreichten, stand Fraudy unter der Tür.
„Aha, ich muß ein drittes Gedeck auflegen, wie?" lachte sie und hieß Chellish willkommen.
„Nicht ohne Honorar, Fraudy", sagte Mullon. „Chellish will uns ein Kunststück vorführen."
Chellish war es nicht recht, daß Mullon so prompt damit herausplatzte. Fraudy wußte noch nicht, welche Rolle er spielte, aber wenn Mullon so große Reden hielt, würde es sich nicht lange verheimlichen lassen.
Sie war zwar selbst Spezialagentin gewesen, aber mittlerweile hatte sie sich wahrscheinlich mehr zur Kolonistenfrau entwickelt.
Das Abendessen, das Fraudy servierte, bestand aus denselben Zutaten wie alle anderen Abendessen, die um diese Zeit verzehrt wurden, aber Chellish stellte mit Überraschung fest, daß Fraudy die Speisen so zuzubereiten verstand, daß sie ganz anders schmeckten, als er von seinen Junggesellenmahlzeiten her in Erinnerung hatte. Er machte eine dementsprechende Bemerkung und errang sich dadurch Fraudys ungeteilte Sympathie. Sie hatte eben abgeräumt, als Milligan eintrat.
„Pashen ist auf dem Weg", meldete er.
„Kommt er hierher?" fragte Chellish. Milligan nickte. Ein paar Augenblicke später kam Pashen. Er marschierte herein, ohne anzuklopfen, und blieb grußlos mitten im Zimmer stehen.
„Was gibt's?" fragte er Mullon barsch.
Mullon erinnerte sich, was Chellish über seine Rolle gesagt hatte und schwieg.
„Wir wollen nicht so unhöflich sein wie Sie, Pashen", sagte Chellish und wies auf den letzten freien Stuhl. Setzen Sie sich also!"
Pashen sah ihn verwundert an. „Sind Sie seit neuestem der Herr im Haus?"
Chellish überging die Frage. „Unsere Kraftstation ist von den Peepsies zerstört worden, wie Sie wissen. Wir haben nur noch ein paar Kerzen, und weil wir ungern im Dunkeln sitzen, möchten wir die Station gern wieder aufbauen. Glauben Sie, Ihre Freunde hätten etwas dagegen?"
„Ich glaube schon", antwortete Pashen mit höhnischem Grinsen. „Mit Elektrizität kann man allerhand Unfug anrichten. Ich bin sicher, daß man Ihnen den Wiederaufbau der Generatorenstation nicht erlauben wird. Die Generatoren befinden sich ohnehin in der Hand meiner Freunde."
Chellish nickte, als habe er die Ablehnung erwartet.
„Wie verständigen sich die Peepsies mit ihrer Heimatwelt?" schoß er plötzlich und unerwartet seine zweite Frage ab.
„Mit einem ...", fing Pashen an zu antworten. Dann sah er ein, daß er Chellish auf den Leim gegangen war. Seine Augen funkelten zornig.
„Was geht Sie das an?" schrie er. „Was soll diese Frage?"
„Sie wissen es also", stellte Chellish ruhig fest. „Sie werden es uns sagen."
Pashen sprang auf. „Nichts werde ich!" schrie er. „Höchstens meinen Freunden erzählen, daß hier gewisse Leute anfangen, neugierig zu werden."
Chellish winkte ab. „Setzen Sie sich wieder hin, Sie Hampelmann!" Seine Ruhe allein wirkte verletzend. „Sie können sich doch denken, daß ich keine leeren Drohungen ausspreche. Hören Sie gut zu: Die Peepsies wohnen in Druckzelten, nicht wahr?"
Im Raum war plötzlich ein erstaunter pfeifender Atemzug. Fraudy oder Mullon oder Milligan hatte ihn ausgestoßen. Pashen dagegen starrte Chellish mit weit aufgerissenen Augen an.
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