0075 - Das tödliche Tagebuch
oder?« fuhr Myers den Parapsychologen an.
»Regen Sie sich bloß nicht so auf. Das bekommt Ihrem Teint nicht!« entgegnete Zamorra scharf. »Was ich von Ihnen wissen will, ist folgendes: Hat Ethel kurz vor ihrem Tod mal über jemanden gesprochen, von dem sie sich beobachtet oder bedroht fühlte?«
Der Zuhälter schüttelte seine lange schwarze Mähne. »Hat sie nicht.«
»Hatte sie mal mit jemandem zu tun, der sich mit okkulten Dingen befaßt hat?«
»Nein.«
»Wissen Sie, was eine Schwarze Messe ist?«
Der Zuhälter grinste. »Na klar. Da treffen sich so'n paar Irre und beten den Teufel an.«
»Kennen Sie jemanden, der schon mal an einer solchen Schwarzen Messe teilgenommen hat?«
»Nein.«
»Und wie steht's mit Ihnen?« fragte Zamorra schnell.
Myers lachte. »Ich hatte auch noch nicht das Vergnügen.«
»Würden Sie bei so etwas mitmachen?« fragte Nicole Duval.
Der Zuhälter schenkte ihr wieder einen von seinen beleidigenden Blicken. »Natürlich. Der Mensch muß alles mitgemacht haben, wenn er überall mitreden möchte.«
»Wo waren Sie, als Ethel Ambros starb?« wollte Professor Zamorra wissen.
Flip Myers erdolchte ihn mit seinem Blick beinahe. »Mann, Sie haben wohl einen Sprung in der Schüssel. Wie können Sie mir eine solche Frage stellen? Denken Sie, ich habe meine Verlobte umgebracht? Sind Sie denn nicht ganz sauber im Oberstübchen, he?«
»Wo waren Sie zur Tatzeit, Myers?« fragte Zamorra eisig.
»Na, hier war ich. Ich bin fast immer hier!« schrie der Zuhälter wütend.
»Wird Ihnen das nicht langweilig?« fragte Zamorra spöttisch.
»Nicht im geringsten!« fauchte Flip Myers gereizt.
»Sie haben nicht mal kurz nach Ethel gesehen?« fragte Nicole Duval.
»Hören Sie, was soll diese Frage?«
»Wenn Sie sich zur Tatzeit um Ethel gekümmert hätten, hätten Sie möglicherweise den Killer gesehen«, sagte Nicole frostig.
»Ich habe niemanden gesehen«, schnaufte der Zuhälter unfreundlich. »Denn ich war hier. Tut mir leid. Mehr kann ich Ihnen nicht sagen. Und jetzt lassen Sie mich in Ruhe. Meine Freunde warten auf mich. Das Spiel geht weiter.«
»Meinen Sie, daß das die richtige Art ist, um eine Verlobte zu trauern?« fragte Zamorra verächtlich.
Darauf fletschte Flip Myers seine kräftigen Zähne und erwiderte: »Jeder trauert eben so, wie er's für richtig hält.«
***
Tagebucheintragung vom 8. Dezember.
Ich bin jetzt fast sicher, daß ich den Verstand verloren habe. Ein zwiespältiges Wesen ist aus mir geworden. Auf der einen Seite bin ich völlig normal. Niemand merkt mir an, was mit mir los ist. Aber es gibt noch eine zweite Seite. Und diese beunruhigt mich so maßlos, daß ich mich allmählich vor mir selbst zu fürchten beginne.
***
Gordon Sands musterte Bill Fleming mit einem nüchternen, aufgeschlossenen Blick. Scarlett York saß ungeduldig in ihrem Volkswagen und wartete darauf, daß der Journalist sich zu ihr setzte. Sie trommelte mit ihren schlanken Fingern auf das Lenkrad, holte dann eine Zigarette aus ihrer Handtasche, rauchte.
Bill lächelte den bekannten Journalisten freundlich an und meinte achselzuckend: »Vielleicht halten Sie mich für verrückt, Mr. Sands, aber ich habe mir in den Kopf gesetzt, Jagd auf diesen Mädchenmörder zu machen.«
Erstaunen lag mit einemmal in Sands Augen. »Sind Sie Detektiv oder so etwas?« fragte der Journalist verwundert.
Bill schüttelte den Kopf. »Ich bin Historiker und Naturwissenschaftler.«
Gordon Sands schmunzelte. »Ich hoffe, Sie nehmen es mir nicht übel, wenn ich Ihnen mit einem guten alten Spruch rate: ›Schuster, bleib bei deinen Leisten‹.«
»Ich verstehe, was Sie damit sagen wollen, Mr. Sands. Aber in diesem Fall hat das Sprichwort meiner Meinung nach keine Gültigkeit. Ich finde, wir alle - die ganze Stadt - sollten diesen Killer jagen. Wir sollten der Polizei, die Sie in Ihrem Artikel so scharf attackieren, helfen, dieses schwierige Rätsel zu lösen. Vielleicht darf auch ich ein Sprichwort zitieren: Viele Hunde sind des Hasen Tod.«
Sands lachte abgehackt. »Der Killer ist alles andere als ein Hase. Ich bin der Ansicht, daß es keinen Sinn hat, wenn sich gänzlich unqualifizierte Leute an dieser Jagd beteiligen. Lassen Sie die Polizei diese Arbeit tun. Mr. Fleming. Hobby-Detektive sind in diesem Fall absolut fehl am Platz. Letzten Endes würden Sie der Polizei ihre Arbeit mit Ihrer - unbestreitbar gutgemeinten - Hilfe nur noch mehr erschweren. Überlegen Sie doch mal, Mr. Fleming. Wie wollen Sie das
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