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0077 - Das Phantom der Insel

0077 - Das Phantom der Insel

Titel: 0077 - Das Phantom der Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Saupe
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haben. Alle Toten, die er auf dem Gewissen hat, sind an den Klippen abgestürzt.«
    »Ja, Zamorra. So, als wollte er, daß alle in der See versinken.«
    »Das stimmt nicht ganz«, wandte der Professor ein. »Warum malt er die Buchstaben auf die Rücken der Toten? Das muß eine bestimmte Bewandtnis haben. Er kann also gar nicht wünschen, daß seine Opfer ertrinken.«
    »Ja, du hast recht. Er treibt sie nur auf die Klippen, damit sie abstürzen. Dann hinterläßt er sozusagen seine Visitenkarte.«
    »Richtig. Und jedesmal ist es ein großes ›M‹, und darunter ein großes ›S‹.«
    »Das letztere steht für ihn selbst: Lo Sardo, der Sarde, der Geist der Insel Sardinien.«
    »So muß es sein«, bestätigte Zamorra. »Und was der erste Buchstabe bedeutet, wird uns hoffentlich dieser Marcello sagen können. Ich hoffe, daß wir ihn finden. Laß uns zurückfahren. Dann nehmen wir den Wagen und fahren hinüber nach Sassari.«
    Sie stiegen in das gemietete Motorboot und fuhren zurück zur Stadt. Bald darauf waren sie in dem Wagen unterwegs, den der Kommissar für sie gemietet hatte.
    Und auch der junge Marcello war bald gefunden.
    Er wohnte im Nordwesten von Sassari, in der Hütte seines Vaters, der eines der ersten Opfer Lo Sardos geworden war.
    ***
    Sechzehn Jahre war Marcello alt, aber er besaß bereits den Mut und die Verwegenheit eines tapferen Mannes. Zamorra erkannte es an dem offenen Blick, den leuchtenden Augen des Jünglings.
    »Ich werde meinen Vater rächen, Professore«, sagte er, als sie in der bescheidenen Hütte Platz genommen hatten.
    Nicole sah sich während des folgenden Gesprächs unauffällig um.
    Einfache Leute waren es, die Bauern und Hirten hier im Hochland.
    Die Hütten hatten nur einen einzigen Raum, dessen Boden aus festgestampftem Lehm bestand. Die Wände waren teilweise mit Stroh verkleidet, und daran hingen die Küchengeräte.
    In der Mitte stand ein roher hölzerner Tisch mit ein paar Hockern.
    Hinter einem gewebten Vorhang standen die Betten – ebenfalls einfache Gestelle aus rohem Holz, ohne jeglichen Zierrat.
    Schmuck gab es überhaupt nicht in diesen Haushalten. Die einzigen festlichen und freudigen Farben, die diese Bauern aufweisen konnten, waren die bunten Farben ihrer Trachten, die nur zu besonderen Anlässen und Feiertagen getragen wurden.
    Trotzdem konnte man diese Landbewohner nicht einfach als »arm« bezeichnen. Sie hatten etwas an sich, das diese Wort nicht zuließ.
    Sie waren sich dessen, was andere als Armut bezeichnen würden, gar nicht bewußt.
    Sie waren einfach und bescheiden, arbeitsam, genügsam und ehrlich.
    Und sie hatten Würde. In ihrer ganzen Einfachheit lag ein Schimmer von Größe. Sie waren ein Teil ihrer Insel, sie waren unverwechselbar Bewohner eines Landes, auf das sie stolz waren, wie ihre Väter, wie die Urväter ihrer eigenen Väter schon.
    Diese Haltung sprach auch aus den Worten Marcellos.
    »Ich bin Sarde, Signor«, sagte er zu Zamorra. »Wir sind alle Spanier gewesen, durch unsere Geburt, durch unsere Heimat. Aber wir fühlen uns hier zu Hause.«
    »Dazu gleich die erste bittere Frage, Marcello«, sagte der Professor. »Sind wir richtig informiert, daß alle Opfer Lo Sardos spanischen Ursprungs sind?«
    »Ja, Professore. Der sardische Teufel jagt nur die Spanier. Er will uns nicht auf der Insel haben. Wir wissen es.«
    »Und was bedeutet dann das seltsame Zeichen? Dieses durchgestrichene ›M‹?« fragte Zamorra weiter.
    »Ich vermute, daß es ›Morra!‹ bedeuten soll«, war Marcellos Antwort.
    »Das italienische Wort für ›stirb‹, nicht wahr?«
    »Ja, Professore. Es ist Lo Sardos Zeichen, daß er den Tod des Betreffenden wünscht. Und Tod heißt ›morte‹, also kann das Zeichen für ›Tod‹ stehen. Oder eben für ›Morra‹: du sollst sterben.«
    »Das wäre eine Erklärung«, meinte der Professor. »Geben wir uns also vorläufig damit zufrieden. Die nächste Frage ist weit schwieriger zu beantworten: Wo hält sich Lo Sardo auf? Hat er einen richtigen Wohnsitz, von dem aus er operiert? Und woher weiß er, wo sich Nachkommen von Spaniern aufhalten?«
    »Das sind mehrere Fragen, Signor«, sagte Marcello. »Gemeinsam sind sie zu beantworten: Lo Sardo kennt sich auf der Insel gut aus. Er muß weit umherkommen. Er kennt alle Namen und alle Familien. Wo er wohnt, weiß natürlich niemand. Aber es kann nicht an der Küste sein.«
    »Woraus schließt du das, Marcello?« fragte Zamorra.
    »Hier gibt es nicht den Lehm, die Kreide, mit denen er die

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