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0077 - Der Mörder aus dem Nichts

0077 - Der Mörder aus dem Nichts

Titel: 0077 - Der Mörder aus dem Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Mörder aus dem Nichts
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dann…?«
    »Nein«, sagte ich schnell, »ich hätte alles genommen.«
    »Zweihunderttausend Dollar rauben können und nur zwölftausend mitnehmen, das ist fast so irrsinnig, wie mehrere Dutzend Geisteskranke in die Freiheit zu…« Er stockte, dachte über seine eigenen Worte nach, machte eine wegwerfende Handbewegung und schloß: »Nein, das kann man nicht vergleichen. Dort ein Unfall! Hier ein Raub!«
    Die offizielle Meinung über jenen Ausbruch der Kranken war, daß der Wärter Thomas Evers tatsächlich gegen die Vorschriften verstoßen, einen Kranken aus irgendwelchen ungeklärten Gründen aus der Zelle geholt hatte, und daß dieser Kranke dem Wärter den Schlüssel abgenommen und die anderen Zellentüren geöffnet hatte.
    Trotzdem wirkten Phils Worte in mir nach. Gab es wirklich keine Parallele zwischen den beiden Vorfällen? Wenn man einmal annahm, daß der tote Wärter nicht in irgendeiner Form Schuld an dem Ausbruch trug, sondern daß eine dritte Person die Kranken befreit hatte, dann war es genauso unerklärlich, wie diese Person, unbemerkt von dem Wärter, die Türen hatte öffnen können, wie es unerklärlich war, auf welchem Weg der Bankräuber den Tresor betreten und verlassen hatte, ohne von den Menschen im Schalterraum bemerkt zu werden.
    Und dann war da noch etwas in beiden Fällen, was mir wie eine Verwandtschaft schien, obwohl ich es kaum in Worte fassen konnte und obwohl die äußeren Umstände so verschieden waren. -— Wissen Sie, es war mehr eine innere Verwandtschaft in beiden Taten als eine Ähnlichkeit der Facts. Beide Fälle lagen so sehr jenseits des Normalen. Es mag Ihnen vielleicht abwegig Vorkommen, bei den Verbrechen von normal zu sprechen, da das Verbrechen an sich anormal ist, aber wenn man wie wir stündlich mit Verbrechen aller Kategorien zu tun hat, dann beginnt man zwischen alltäglichen, üblichen und schon einmal dagewesenen Gangstertaten und anderen, die in keine Kategorie passen, zu unterscheiden.
    Der Überfall in der Haither-Filiale paßte zu keiner der bekannten Arten von Bankraub; und die Sanatory-Sache paßte in keinen Rahmen der üblichen Gefangenenbefreiungen, immer vorausgesetzt, daß es sich in dem einen Fall nicht um einen ungewöhnlich geschickten Trick Mr. Myers’, des Kassierers selbst oder gar allen Beteiligten und im anderen Fall nicht doch um ein Unglück handelte.
    Zwei Tage nach dem Raub der zwölftausend Dollar fiel mir eine neue Story von Pell Baker im »Star Evening« in die Finger. Baker hatte selbstverständlich die Angestellten der Bank ausgequetscht, und nun erzählte er den Ablauf in äußerst dramatisierter Form und knüpfte ein paar Theorien daran, die einem die Haare zu Berge treiben konnten. Offenbar hatten seine Leser die Geistermasche, die er ihnen seinerzeit vorsetzte, mit Genuß gefrühstückt, denn der geschäftstüchtige Reporter zögerte nicht, auch hier mit übersinnlichen Begriffen zu manipulieren. Die geraubten zwölftausend Dollar, für die Geister meiner Meinung keinerlei Ver-Wendung haben können, denn bei aller Kaufkraft unseres Geldes nehme ich nicht an, daß man auch in transzendentalen Sphären mit unserem Money zahlt. Diese verschwundenen zwölftausend Dollar also übersah Mr. Baker großzügig, dafür dichtete er dem harmlosen Kassierer Toster eine Beziehung zur Geisterwelt an, nach der Toster den Zorn jenseitiger Kräfte hervorgerufen hatte, der sich dann in einer aktiven Zusammenballung entlud, sich im Diesseits manifestierte und dem armen Mann einen Holzknüppel auf den Schädel schlug.
    Daß ich Bakers Artikel nicht kurzerhand in den Papierkorb feuerte, lag daran, daß darin der Gedanke ausgesprochen wurde, der mich auch beschäftigte. Der Reporter zog Parallelen zwischen Thomas Evers’ Tod und John Tosters Überfall. Er war auf die gleiche Idee gekommen wie ich. Und so berührte es mich doch, daß noch einem anderen derartiges eingefallen war.
    Es berührte mich so stark, daß ich drei Tage nach Erscheinen des Artikels ein Rundtelegramm an alle Polizeidienststellen des Staates schicken ließ, in dem es hieß, daß das FBI, New York, die Reviervorstände ersuche, ihm alle unerklärlichen Vorfälle zu melden, auch wenn kein ausgesprochenes Verbrechen vorliegt. Die Meldungen seien telefonisch an den Beamten Jerry Cotton durchzugeben.
    ***
    Calderwood ist ein kleiner Ort, hart vor der westlichen Stadtgrenze New Yorks. Er gehört schon zum Staat New York, aber noch nicht zur Stadt, wenn er auch vom 55. Revier polizeilich

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