0077 - Der Mörder aus dem Nichts
Virginia?« erkundigte ich mich. »Glauben Sie, daß ich sie etwas fragen kann, was mit der heutigen und den früheren Erscheinungen in Zusammenhang steht?«
»Ja, sie ist ganz gefaßt. Fast möchte ich sagen, daß sie erleichtert ist, weil wir nun alle gesehen haben, daß ihre früheren Erlebnisse keine Hirngespinste waren.«
Das Mädchen befand sich bereits auf seinem Zimmer. Ich hatte nur eine Frage zu stellen.
»Haben Sie irgendwelche Unterschiede zwischen der Erscheinung von heute abend und den anderen festgestellt?«
Sie verstand nicht sofort, was ich meinte.
»Nun, ganz einfach. War es ein anderer Schädel?«
»Nein, Mr. Cotton, es war genauso ein Totenschädel, wie ich ihn schon in meinem Zimmer gesehen habe.«
»Gut, Miß Virginia, aber auch die Schädel von Toten sind unterschiedlich. Ich meine, ob dieser Kopf in der Form anders war, oder im Gebiß, zum Beispiel.«
Sie war unsicher. »Ich glaube nicht«, sagte sie, »aber ich war in beiden Fällen viel zu entsetzt, um auf Einzelheiten geachtet zu haben.«
Mir blieb nichts anderes übrig, als eine gute Nacht zu wünschen und mich auf mein Zimmer zurückzuziehen.
Um ein Uhr nachts rief Phil an.
»Ich habe eine interessante Neuigkeit für dich, Jerry«, sagte er. »Das eingetrocknete Blut an dem Strumpf ist das Blut eines Hundes.« Ich antwortete nicht sofort, und er rief: »Hallo! Hallo! Hörst du noch?«
»Okay, ich bin an der Strippe.«
»Zum Henker, warum freust du dich nicht? Ich denke, das genügt, um Toomin vorläufig zu verhaften.«
»Bis heute abend hätte es genügt«, antwortete ich, »aber heute abend passierte das gleiche wie früher, und wir saßen alle dabei.«
»Alle?«
»Ja, die beiden Frauen, die Studenten und Frederic Toomin. Er war es also nicht, der in diesem Fall das Gespenst spielte.«
»Du hast es auch gesehen?« fragte Phil.
»Ja, ich auch, und ich habe versucht, es mit Händen zu greifen, aber da war nichts.«
Phil schwieg. Es war gewissermaßen ein ungläubiges Schweigen.
»Was machen wir jetzt?« fragte er.
»Ich möchte noch einige Tage warten. — Komm morgen früh nach Calderwood. Wir werden weitersehen.«
***
Die Nacht blieb ruhig. Am anderen Morgen strahlte die Sonne vom Himmel. Ich fand nach dem Bad Virginia Cailleau und ihre Tante auf der Terrasse. Sie luden mich zum Frühstück ein.
Virginia hatte Ruggin angerufen und einen gemeinsamen Ritt mit ihm verabredet. Seit der Erscheinung des vergangenen Abends hegte sie gegen die Studenten keinen Verdacht mehr. Gleich nach dem Frühstück erschien Ruggin, um sie abzuholen.
Miß Creigh schien einiges von ihrer Energie verloren zu haben. Sie war stiller als sonst, und wenn sie sprach, so drehten sich ihre Worte immer um das gestrige Erlebnis. Sie hatte jetzt offensichtlich mehr Angst als das Mädchen.
»Warum haben Sie eigentlich nicht sofort geschossen, Mr. Cotton?« fragte sie. »Dann hätten wir ja gesehen, ob es wirklich ein Geist war.«
»Weil ich leider keine Waffe bei mir hatte, Miß Creigh. Aber auch wenn ich bewaffnet gewesen wäre, hätte ich nicht sofort abgedrückt. — Wir bemühen uns, aufzuklären, und nach meinen Erfahrungen sind schnelle Kugeln nicht sehr dazu geeignet, etwas zu klären.«
»Aber wenn unser Leben bedroht ist?«
»Bis jetzt hat die Erscheinung weder Ihr noch Miß Cailleaus Leben bedroht Niemand von Ihnen ist angefaßt worden.«
»Aber warum geschieht das eigentlich alles?«
»Ich könnte Ihnen eine Menge Vermutungen erzählen, Miß Creigh, aber Vermutungen sind keine Tatsachen. Warten wir noch einige Tage ab.«
Phil kam um elf Uhr. Er brachte die Analysen mit. Wir gingen in unser Hotel. Phil dachte immer noch daran, Toomin zu verhaften.
»Wir werden nicht nach weisen können, daß dieses Blut von dem Neufundländer stammt«, sagte ich dagegen.
»Vielleicht können wir nicht einmal beweisen, daß dieser Strumpf Toomin wirklich gehört. Er kann ja auch auf andere Weise in seinen Keller gekommen sein. Aber selbst wenn wir ihm den Tod des Hundes anhängen können, was ist damit gewonnen? Sachbeschädigungen dieser Art werden mit einigen Dollar Geldstrafe geahndet. Das Gesetz ist in diesem Punkt leider lückenhaft. — Ich will aber den Mann finden, der hinter alledem steckt, angefangen vom Sanatory-Ausbruch über die Bank bis zu dieser Sache in Calderwood.«
»Wenn es überhaupt immer der gleiche Mann war«, meinte Phil bedenklich.
»Ich habe heute morgen mit dem Hauptquartier telefoniert«, sagte ich. »Sie sollen
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