0077 - Der Mörder aus dem Nichts
mir.«
Der alte Ford stand friedlich auf der Lichtung. Ich durchsuchte ihn. Klar, daß seine Polster voller Flecke waren, aber von Blut, zumindest von frischem Blut, rührten diese Flecke nicht her. Toomin stand daneben und sah mir mit einem spöttischen Lächeln auf den Lippen zu.
»Was gefunden?« fragte er, als ich aus dem Ford kroch.
»Nein, nicht das, was ich erwartet habe«, antwortete ich ernst. »Kann ich jetzt Ihr Haus durchsuchen?«
Er fuhr hoch. »Stop, alter Junge!« rief er mit einer sich fast überschlagenden Stimme. »Haben Sie einen Durchsuchungsbefehl?«
»Nein«, antwortete ich wahrheitsgemäß, »aber Sie täten mir einen Gefallen, wenn Sie es trotzdem erlauben würden. Außerdem würden Sie dadurch bei uns in einem günstigeren Licht erscheinen.«
»Ich denke nicht daran, einem Polizisten einen Gefallen zu tun«, bellte er. »Und ich pfeife darauf, bei den Cops in einem günstigen Licht zu stehen. Scheren Sie sich zum Henker, Cotton.«
Ich blickte ihn ruhig an. Er trat zwei Schritte zurück und rief: »Sie wollen doch nicht mit Gewalt bei mir eindringen? Das ist gegen jede Vorschrift! Ich — ich würde um Hilfe rufen! Ich würde mich wehren, auf Sie schießen.« Seine Stimme kippte über. »Ich darf das. Wenn Sie ohne Befehl kommen, ist es Hausfriedensbruch, und ich kann mich mit allen Mitteln dagegen wehren. Niemand wird mich bestrafen können, wenn ich Sie erschieße.«
»Schon gut«, sagte ich ärgerlich. »Ich denke nicht daran, gegen die Verfassungsrechte zu verstoßen. Gute Nacht, Professor!«
Ich stieg in meinen Wagen, ließ den Motor an und steuerte den Weg zur Hauptstraße zurück. Ich war in diesem Augenblick verdammt zornig auf diese Bestimmungen, die uns hindern, manches zu tun, was uns notwendig erscheint.
***
Ich fuhr den Jaguar ein Stück die Hauptstraße entlang, parkte ihn in einer Lücke zwischen zwei Bäumen und ging dann den Weg zu Toomins Haus durch den Wald zurück.
Ich benutzte keine Taschenlampe, sondern ertastete mir meinen Weg im Dunkeln.
Es dauerte fast eine volle Stunde, bis ich das gelbe Licht in Toomins Wohnzimmer schimmern sah. Ich kauerte mich hinter ein Gebüsch und wartete.
Ungefähr eine halbe Stunde später ging das Licht aus. Dafür wurde das benachbarte Fenster, das zum Schlafzimmer gehörte, hell. Ein- oder zweimal sah ich Toomins Gestalt. Danach sah ich ihn für länger als eine Stunde nichts.
Der Stundenzeiger meiner Uhr näherte sich Mitternacht, als das Licht im Schlafzimmer gelöscht wurde. Ich wartete gespannt, ob der Professor jetzt das Haus verlassen würde oder ob er sich einfach endgültig niedergelegt hatte. Ich strengte mein Gehör an, um irgendein Geräusch mitzubekommen, falls er die Haustür öffnete.
Aber die Tür wurde nicht geöffnet. Statt dessen wurde es hinter dem Wohnzimmerfenster wieder hell, allerdings war es ein schwächeres Licht, das anscheinend von einer Leselampe herrührte. Ich sah den Schattenumriß eines Kopfes nur wenig über das Fensterbrett aufragen. War das Toomin, der in einem Sessel saß und las?
Plötzlich erschien die Gestalt eines Mannes als Schatten vor dem Licht. Ich sah, daß der Schatten die Arme bewegte und anscheinend auf den Sitzenden einsprach. Dann beugte er sich mit einem Ruck vor und griff mit beiden Fäusten nach dem Mann im Sessel. Das Licht ging aus. Deutlich hörte ich einen schwachen Schrei und ein dumpfes, gurgelndes: »Hilfe! Hilfe!«
Ich sauste aus meinem Gebüsch hoch, sprintete über die Lichtung und warf mich gegen die Tür. Sie gab meinem Anprall so rasch nach, daß ich um ein Haar von den Beinen gekommen wäre, als ich in den Flur stolperte, aber ich fing mich.
In der linken Hand die Taschenlampe, in der rechten den Smith and Wesson, stieß ich mit dem Fuß die Wohnzimmertür auf. Ich lauschte, ob der Atem eines Mannes zu hören war, aber es war totenstill.
Jetzt erst drückte ich den Knopf der Taschenlampe. Der Schein fraß sich in den Raum und riß die Gegenstände aus der Dunkelheit. Er tastete sich über den Fußboden und blieb an dem Kopf eines Mannes hängen, der neben einer umgerissenen Schreibtischlampe vor einem Sessel lag.
Ich ging hin und bückte mich nach diesem Kopf. Ich blickte in das wächserne Gesicht einer ganz gewöhnlichen Schaufensterpuppe. Als ich mich aufrichten wollte, trafen schwere Schläge meinen Hinterkopf; Schläge, die mein Bewußtsein sofort und schlagartig auslöschten.
***
Noch bevor ich die Augen öffnete, fühlte ich etwas unbehaglich
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