0081 - Der Sensenmann als Hochzeitsgast
Reporter. »Daß der Schwarze Tod irgend etwas mit dem Bus vorhat.«
»Aber darin sitzen Kinder!« rief Bill erschrocken.
»Leider.«
Unser Gespräch wurde unterbrochen, weil Jane Collins nach uns verlangte. Wir mußten uns auf die einzelnen Wagen aufteilen. Ich fuhr mit Will Mallmann zusammen. Der Kommissar saß neben seinem Kollegen Frank Platten und starrte vor sich hin. Niemand von uns wagte, ihn anzusprechen.
Wir fuhren ab.
Ich rechnete zwar mit einer weiteren Attacke des Schwarzen Tods, ahnte jedoch nicht, was wirklich auf uns zukam…
***
Die vier Wagen rollten den Weg hinab. Langsam, denn die Strecke ließ nur Schrittempo zu. Eng waren die Kurven – und unübersichtlich. Die Bäume wuchsen dicht an den Straßenrand heran. Manchmal bogen sie ihre Zweige so tief, daß diese über die Autodächer streiften.
Bunte Blätter segelten zu Boden. Sie bildeten auf der Straße einen weichen Teppich, der in den frühen Morgenstunden – noch feucht vom Tau der Nacht – zu einer regelrechten Rutschbahn wurde. Die Sonne war inzwischen höher gewandert. Es war ein wunderschönes Wetter zum Wandern und zum Faulenzen.
Wir sahen jedoch nichts von den Schönheiten der Natur. Unsere Gedanken beschäftigten sich mit ganz anderen Dingen.
Ich sah Will Mallmanns Kopf vor mir. Kerzengerade saß der Kommissar in seinem Sitz, nur vom quer verlaufenden Sicherheitsgurt gehalten. Manchmal glaubte ich, ihn mit sich selbst sprechen zu hören.
Ich versuchte, Ordnung in meinen Gedankenstrom zu bringen und ein Motiv für diesen sinnlosen Mord zu finden. Klar, der Schwarze Tod wollte uns treffen, das hatte er geschafft. Nun stand uns eine weitere Auseinandersetzung bevor.
In die wollte ich jedoch keine Unschuldigen mit hineinziehen. Das heißt, Mallmanns Kollegen mußten so rasch wie möglich wieder die Heimreise antreten. Es würde schwer werden, den Polizisten dies begreiflich zu machen.
Sie waren die normalen Fälle gewohnt, sie kannten nur die tägliche Konfrontation mit Gesetzesbrechern, nicht den Kampf gegen die Mächte der Finsternis.
Der blieb nur wenigen vorbehalten.
Zum Glück, möchte ich sagen.
Die Straße wurde noch schmaler, die Kurven enger. Rechts und links wuchsen die Hänge hoch, wo die Bäume dicht an dicht standen. Ich saß mit im ersten Wagen, die anderen drei folgten in ausreichendem Abstand.
Will Mallmann bereitete mir Sorgen. Ich hoffte nur, daß er nicht durchdrehte, wenn es soweit war. Er war nicht ansprechbar. Andererseits hätte ich wohl ebenso reagiert wie er.
Wie ich mich verhalten sollte und würde, das wußte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
Die nächste Kurve lag vor uns.
Eng geschnitten und nach links weglaufend. Sie war nicht einfach zu durchfahren.
Frank Platten kurbelte wild am Lenkrad und bugsierte den schweren Granada herum.
Ich achtete nicht so sehr auf die Straße, war mit meinen Gedanken woanders, wurde aber hart in die Wirklichkeit zurückgerissen, als Platten plötzlich bremste.
Es geschah so abrupt, daß ich nach vorn flog und mit dem Kopf gegen die Rückenlehne des Beifahrersitzes schlug.
Der Kommissar kippte auch nach vorn, wurde aber von seinem Gurt gehalten.
Was war geschehen?
Ich schaute zwischen dem Fahrer und Will Mallmann hindurch und sah, weshalb Platten so plötzlich gebremst hatte.
Eine Nebelwand wallte vor uns hoch.
Verständnislos reagierten meine Mitinsassen. Sie wunderten sich und waren nervös. Alle sprachen durcheinander.
Ich aber rechnete mit einer Falle des Schwarzen Tods. »Raus!« schrie ich und öffnete die Tür.
Die anderen schauten nur verständnislos.
»Aus dem Wagen!«
Jetzt erst reagierten sie, doch da schlug der Dämon bereits zu und bestätigte damit meine Annahme.
Ein Knirschen ertönte unter dem Wagen, als würde eine gewaltige Hand daran ziehen.
Und dann sackte das Fahrzeug plötzlich ab.
Der Straßenbelag hatte sich verwandelt, er war zu einem Sumpf geworden. Ich merkte es, als ich meinen Fuß aus dem Fahrzeug schwang und den Boden berührte.
Die Sohle klebte fest, ich sackte sofort ein.
Hastig riß ich den Fuß wieder hervor. Es bereitete mir wirklich Mühe, diesem magischen Schlamm zu entkommen.
Auf der anderen Seite des Fonds stieg ein Kollege des Kommissars aus. Er hatte meine Warnung mißachtet. Das wurde ihm zum Verhängnis.
Ein Fall, ein Schrei, er steckte fest.
Mist.
Welche Möglichkeiten hatten wir noch? Auf dem Wagendach waren wir in Sicherheit.
»Aufs Dach!« brüllte ich. »Los, aufs Dach!«
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