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0087 - Schrei, wenn dich die Schatten fressen!

0087 - Schrei, wenn dich die Schatten fressen!

Titel: 0087 - Schrei, wenn dich die Schatten fressen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Mary Selnick noch einen Blick zu. Doch sie schaute starr geradeaus.
    »Okay, öffnen Sie den Sarg!« rief ich dem Totengräber zu.
    Murray bückte sich und machte sich an den Verschlüssen zu schaffen. Er schimpfte dabei, als er sie nicht so rasch aufbekam. Zudem war es innerhalb des Grabes ziemlich eng.
    Aber Jim Murray gab nicht auf, ihn hatte der Ehrgeiz gepackt, und schließlich war es soweit, daß er den Deckel hochhieven konnte.
    »Alles klar!«
    Ich trat noch näher an den Grabrand. Neben mir stand Mary Selnick. Gemeinsam starrten wir in die Tiefe.
    Jim Murray wuchtete den Deckel hoch. Er stellte ihn hochkant hin, so daß er mit seiner Längsseite gegen den Grabrand lehnte.
    Der Sarg war nicht leer.
    Ein Toter lag darin.
    Alles völlig normal.
    »Ist es ihr Mann?« fragte ich Mary Selnick.
    »Ja.«
    Ich schaute genauer hin. Der Tote war etwas älter als seine Frau. Die Augen hielt er geschlossen, und die grauen Haare fielen ihm in die Stirn. Er trug ein weißes Leinenhemd und hatte die Hände auf der Brust zusammengelegt.
    Murray wischte sich über den Mund. Für ihn war der Anblick etwas ganz Alltägliches. »Was soll denn mit der Leiche geschehen?« fragte er. »Ich kann sie doch nicht hier liegenlassen!«
    »Brauchen Sie auch nicht«, erwiderte ich. »Aber können Sie den Toten aus dem Sarg heben?«
    Der Mann schluckte. »Wirklich?« fragte er.
    »Ja, ich brauche ihn.«
    »Sie Leichenschänder!« zischte Mary Selnick.
    Ich drehte den Kopf. »Das hat mit Leichenschändung nichts zu tun«, antwortete ich hart. »Wären Sie uns behilflich, hätten wir uns vieles sparen können.«
    Sie preßte die Lippen zusammen und schwieg.
    »Ich helfe Ihnen«, sagte Suko und sprang zu Jim Murray in die Grube.
    »Sie haben vielleicht Wünsche!« knurrte der Totengräber und machte sich an die Arbeit.
    Er und Suko schafften es, den steifen Toten aus dem Grab zu heben. Ich hatte noch zwei Bretter gefunden, deponierte sie neben das offene Grab, um den Toten daraufzulegen.
    Mit einigen Mühen brachten die beiden Männer es fertig.
    Es war ein makabres Bild, das sich einem Zuschauer geboten hätte. Ein paar Menschen umstanden auf einem windigen, alten Friedhof an einem trüben Herbstnachmittag eine auf dem Boden liegende Leiche, die frisch aus dem Grab geholt worden war.
    Wie in dem Spielfilm eines jungen Regisseurs, der sich durch gruselige Atmosphäre seine ersten Sporen verdienen wollte.
    »Was haben Sie denn mit dem Toten vor?« fragte Jim Murray.
    »Schänden will er meinen Mann, schänden!« keifte Mary Selnick und drohte mir mit der Faust. »Der Zorn der Hölle soll Sie treffen, John Sinclair!«
    »Ja, aber erst in der nächsten Woche.« Ich hatte kein Mitleid mit der Frau. Nicht eine Träne schimmerte in ihren Augen. Nur der blanke Haß. Sie schien zu ahnen, daß wir dabei waren, ein Geheimnis zu lüften, und das machte sie so wütend.
    Jim Murray trat von einem Fuß auf den anderen. »Brauchen Sie mich eigentlich noch, Oberinspektor?«
    »Im Prinzip ja«, erwiderte ich, »aber Sie können ruhig so lange weggehen.«
    Er machte ein glückliches Gesicht und deutete schräg nach links. »Ich bin dahinten in der Bretterbude. Sie brauchen nur zu rufen.« Er hatte die Handschuhe ausgezogen und rieb sich die Hände. »Der Brandy wird jetzt guttun.«
    Jim Murray ging.
    Ich aber wandte mich dem Toten zu, denn mit ihm hatte ich ein Experiment vor. Ich wollte seinen Schatten herlocken, damit er sich wieder mit dem Körper vereinte. Es war ein reines Glücksspiel, das stand fest, aber ich durfte keine Möglichkeit auslassen. Wir mußten zu einem Erfolg kommen.
    Während ich neben der Leiche in die Knie ging und mein Kreuz hervorholte, behielt Suko Mary Selnick im Auge. Dieser Frau war jede Reaktion zuzutrauen.
    Noch hielt sie sich aufrecht, noch drehte sie nicht durch.
    Ich trug die magische Kreide ebenfalls bei mir, malte mit violetter Schrift einen Kreis auf das weiße Hemd des Toten. Der Kreis umschloß die Gegend, wo auch das Herz saß.
    Mit einem letzten Strich schloß ich ihn.
    Dann legte ich das Kreuz hinein.
    Normalerweise war das, was ich durchführte, sehr simpel. Praktisch eine abgekürzte Beschwörung, aber ich baute einfach auf die Kraft meines Kruzifixes. Ich kannte die Kräfte längst noch nicht, die in dem Kreuz wohnten. Wahrscheinlich mußte ich noch eine Menge lernen, um die Macht des Guten zu aktivieren. Ich wußte wohl, daß die vier Haupterzengel ihre Zeichen an den etwas abgerundeten Enden des Kreuzes

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