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0088 - Der Guru aus dem Totenreich

0088 - Der Guru aus dem Totenreich

Titel: 0088 - Der Guru aus dem Totenreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franc Helgath
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erinnerten. Man sah noch, wie die Flügel des Echsenmenschen gelegen hatten. Jetzt schienen sie wie krümeliger Rost. Halb zerfallen und mumifiziert waren auch Kopf und Echsenschnabel.
    Hinter der weißlich-grünen Platte ein riesiger Gong. Bronze- bis Goldtöne. Daneben ein Klöppel, der die Jahrtausende überdauert hatte.
    Sadhu Shandri umrundete den Stein, nahm den schweren Schwengel auf, hob ihn weit über seinen Kopf. Diesen Gong mußte er anschlagen. Dann war alles gut…
    Dann war seine Aufgabe erfüllt.
    Das kopfgroße Ende des Klöppels traf auf das Metall.
    Sekundenlang geschah gar nichts. Dann hub im Raum ein leises Singen an, wurde rasch stärker, schwang sich auf zu einem dröhnenden Crescendo. Der Klang wurde unerträglich.
    Sadhu Shandri schlug sich die Hände an die Ohren. Der Ton brach ab. Der Sadhu wußte nicht, daß seine Trommelfelle geplatzt waren. In seinem Schädel vibrierte es weiter. Schmerzen durchzuckten seinen dürren Körper. Die Vibrationen trieben ihm die Augen weit aus den Höhlen. Er brach in die Knie, sah noch, wie die Oberfläche des Gongs sich veränderte, wie sie durchsichtig wurde wie ein rundes Fenster.
    Eine fremde Landschaft. Blumen mit kostbaren, herrlich duftenden Blüten an unbekannten, üppig wuchernden Bäumen mit langen Farnwedeln. Alle Farben des Hegenbogens strahlten ihm entgegen.
    Und mit einem Male welkte all diese farbige Pracht dahin. Der Himmel verdunkelte sich. Ein fledermausförmiger Schatten schwebte herab. Unter den Hautflügeln ein goldschimmernder Körper.
    Rudrasvin.
    Der lange grellgelbe Schnabel war weit aufgesperrt. Die starren lidlosen Augen funkelten tückisch. Dann kam dieser Schnabel heraus aus der Fläche des Gongs, der häßliche Kopf folgte. In den letzten Sekunden seines Lebens wurde Sadhu Shandri die abstoßende Abstrusität dieses Wesens noch bewußt.
    Schließlich war der Schnabel bei ihm, öffnete sich weit. Schwarz gähnte ihm ein tiefer Schlund entgegen. Der heilige Mann hatte das Gefühl zu stürzen. So wie man auf der Klippe eines hohen Berges steht, der steil ins Meer abfällt. Man fühlt sich magisch angezogen, möchte fallen, fallen…
    Sadhu Shandri fiel. Er hob schreiend vom Boden ab, schwebte auf diesen Riesenschlund zu.
    Etwas Schleimiges, Schmatzendes griff nach seinen Armen, nach seinem Kopf.
    Das war die letzte Empfindung, die Sadhu Shandri hatte.
    ***
    Gelber Geifer rann aus dem Echsenschnabel, nachdem der Dämon sein gräßliches Mal beendet hatte. Sobald die Tropfen auf den Boden trafen, verdampften sie zischend.
    Aber noch war Rudrasvin nicht ganz auf die Erde zurückgekehrt. Sein festgewordener Geistkörper mußte noch eins werden mit seinen irdischen Resten auf der Platte aus heller Jade.
    Das Wesen ging darauf zu, legte sich hin, wie Varuna ihm einst befohlen hatte, bevor er den Bann aussprach, der ihn für eine Million Jahre an diesen Ort gefesselt halten sollte.
    Der Staub unter ihm zerfiel ganz, als er seinen Drachenkopf auf seinen irdischen Schädel bettete. Minuten blieb er so liegen.
    Hatte seine Brust sich vorher nicht gehoben und gesenkt, jetzt atmete das Wesen. Pfeifend und zischend entwich die Luft aus zwei Öffnungen am Schnabel. Ein konvulsivisches Zucken durchlief den Dämonenkörper. Es knarrte, als das Wesen Arme und Beine leicht bewegte.
    Auch die Fledermausflügel regten sich. Die Krallen bogen sich vor und zurück. Diese gefährlichen Krallen, die im Kampf zu tödlichen Waffen wurden.
    Schließlich war Rudrasvin in die Realität zurückgekehrt. Er war gekommen, um abermals Tod und Verderben unter die Menschen zu bringen. Unter die Menschen, die er haßte, denen er seine Verbannung verdankte, nur weil Varuna schützend seine Hände über das neue Geschlecht gebreitet hatte.
    Der Drachenköpfige rollte sich von seinem harten Lager herunter. Der lange Hornschnabel mit den nadelspitzen Zähnen klapperte. Was sie einmal faßten, kam nicht mehr frei.
    Der Dämon reckte und streckte sich, breitete seine Flügel aus, soweit es ging. Die Enden stießen gegen die Wände des Raums. Rudrasvin legte sich den Köcher mit den Todespfeilen um und nahm den Bogen auf.
    Mit seinen krallenbewehrten Flügeln erreichte er die Öffnung des Sarkophages über ihm. Er zog sich hinauf. Der harte Stein splitterte und knirschte unter der Kraft der Krallen, die härter waren als Stahl und stark wie die Zähne eines Baggers.
    Mit den Armen schob er sich ganz aus der Öffnung und stand dann im domartigen Gewölbe. Hier konnte er seine

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