009 - Dämonen-Duell
anstellen würde, wenn sie sich nicht bereit erklärte, den Toten zurückzukaufen. Welche Tochter würde so etwas zulassen. Ich nehme an, die Polizei wird in dieser Richtung recherchieren. Sie wird versuchen, die Verbrecher zu finden – und natürlich auch den Toten. War von der Polizei schon jemand hier?«
»Ich habe bereits gestern meine Aussage gemacht. Ich denke, das reicht«, sagte Montero, dem die Anwesenheit des Männchens immer lästiger wurde. McFinn wollte irgend etwas von ihm.
Der Kerl sollte sich nicht aufspielen. Er wußte nicht, wie gefährlich es war, ihn, Montero, zu reizen.
»Man wird Sie wohl kaum noch einmal belästigen«, sagte Kevin McFinn.
»Das hoffe ich. Ich würde der Polizei gern helfen, aber ich kann nicht.«
»Natürlich, Sie können nicht.«
Mort Monteros Augen verengten sich. »Sie reden so, als würden Sie mir nicht glauben, Mr. McFinn.«
Das Männchen lächelte hintergründig. »Vielleicht sollte ich ehrlich zu Ihnen sein, Mr. Montero. Vielleicht sollten Sie wirklich wissen, daß ich Ihnen die Geschichte, die Sie zu Protokoll gegeben haben, nicht glaube.«
Eine Unmutsfalte entstand über Mort Monteros Nasenwurzel.
»Wie kommen Sie dazu…«
McFinns herrische Handbewegung ließ den Leichenbestatter verstummen. »Die Polizei wird Ihre Lügengeschichte glauben, Montero, davon bin ich überzeugt. Mich aber können Sie nicht täuschen! Ich weiß, daß Sie den Toten verschwinden ließen und gegen diese Puppe ausgetauscht haben.«
Monteros Wangen bekamen Hektikflecken. »Zum Teufel, das muß ich mir nicht gefallen lassen, McFinn! Verlassen Sie auf der Stelle dieses Institut!«
»Ich bin noch nicht fertig!«
»Gehen Sie!« knurrte Montero gefährlich. »Aber schnell! Sonst kann ich für nichts garantieren!«
Kevin McFinn blickte den Leichenbestatter furchtlos an. Er lächelte herausfordernd. »Möchten Sie mich auch verschwinden lassen, Montero? Das wird Ihnen nicht gelingen!«
»Verdammt, wenn Sie jetzt nicht augenblicklich den Mund halten…«
»Chuck Guiness war nicht die erste Leiche, die Sie beiseite schafften, Montero!« sagte das Männchen ungewöhnlich scharf.
Der Leichenbestatter erschrak. Zum Henker, woher wußte dieser Kerl so gut Bescheid? Jedes Wort stimmte.
»Dem Verschwinden der Toten liegt kein Verbrechen im herkömmlichen Sinne zugrunde«, fuhr McFinn fort. Auch das stimmte.
Hölle und Teufel, dieser Mann hatte einen Blick hinter die Kulissen geworfen. Wie hatte er das geschafft? Diese Frage beschäftigte Mort Montero im Augenblick sehr.
»Der Austausch wäre nicht aufgefallen, wenn der Sargträger nicht so ein Tölpel gewesen wäre. Für die Polizei sieht es so aus, als wollten gewissenlose Schurken rasch zu Geld kommen. Aber wir beide, Montero, wissen besser, warum diese Toten verschwunden sind.«
»Jetzt reicht es mir aber!« schrie der Leichenbestatter, und er erhob seine Stimme noch mehr: »Poll!« brüllte er. »Faku!«
Im Handumdrehen waren seine beiden Gehilfen zur Stelle. Er wies auf das Männchen und befahl ihnen, ihn zu ergreifen. Sie stürzten sich auf ihn. Es knisterte und zischte, als würden Blitze mit hoher Spannung aufzucken. Poll und Faku stießen einen ohrenbetäubenden Schrei aus. Beide bekamen einen fürchterlichen Schlag, der sie zurückschleuderte und zu Boden warf, wo sie stöhnend liegenblieben.
Mort Montero riß verstört die Augen auf. »Wer sind Sie?« fragte er heiser.
Da begann das Männchen sich zu verwandeln. Es wuchs. Aus seinen Kleidern wurde eine lange, wallende Kutte, die Kapuze war hochgeschlagen, und in ihrem Schatten grinste ein bleicher, blanker Todenschädel.
»Ich bin Rufus«, sagte das Wesen mit kräftiger Stimme. »Der Dä- mon mit den vielen Gesichtern!«
***
Jogging im Hyde Park – ein Vergnügen. Diesmal war Vladek Rodensky dabei. Das ließ er sich nicht nehmen. Er hielt sehr viel von dieser Art, sich in Form zu halten, und lief auch in Wien so oft wie möglich seine Kilometer.
Wir trabten über Wiesen und Wege. Es beachtete uns kaum jemand. Die Spaziergänger und die Leute auf den Bänken hatten sich an dieses Bild gewöhnt. Wir waren nicht die einzigen, die durch die Gegend rannten, als hätten sie etwas gestohlen.
Ich atmete regelmäßig – vier Schritte ein, vier Schritte aus. Vladek hielt mein Tempo mit. Die Brille hatte er zu Hause gelassen. Er sah nicht so schlecht, daß er sie unbedingt tragen mußte. Sein Gesicht kam mir ein bißchen fremd vor, denn ich sah ihn fast immer nur mit dem
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