0090 - Jagd auf die Dämonenwölfe
stand auf dem Stuhl, machte beide Arme lang und konnte die Klappe mit ihren flachen Händen berühren. Nun hoffte sie, daß sie das Ding auch aufbekam.
Das Schicksal wollte es anders.
Susan war so in ihre Befreiungsarbeit vertieft, daß sie nicht oder zu spät merkte, wie das Schiff plötzlich seinen Kurs wechselte.
Es gab nur einen ungeheuren Ruck. Susan schrie auf, wurde nach vorn katapultiert und konnte sich auf der engen Stuhlfläche auch nicht fangen und stürzte.
Rasendschnell sah sie den Kabinenboden auf sich zukommen, sie wollte noch die Arme vorstrecken, um den Aufprall etwas zu mildern, doch sie schaffte es nicht.
Mit ihrem vollen Gewicht schlug sie zu Boden. Und genau mit der Stirn auf die Bettkante.
Es blitzten Sterne vor ihren Augen auf, dann kam der stechende Schmerz und danach die große Dunkelheit.
Verkrümmt und bewußtlos blieb Susan Howard neben dem Bett liegen. Aus der Wunde an der Stirn sickerte ein schmaler Blutstreifen über ihr leichenblasses Gesicht…
***
Clive Haskell schreckte hoch.
Er hatte einen sehr leichten Schlaf und wurde bei jedem fremden Geräusch wach, während seine Frau Elisa weiterschlief.
Nicht so der Mann.
Aufrecht saß er im Bett und lauschte. Das kleine Fenster unter dem Dach hatte er geöffnet. Er liebte es, wenn frische Luft in die Schlafkammer strömte. Und diese Luft brachte die Geräusche mit, die nicht zu der nächtlichen Geräuschkulisse paßten.
Wie die Schüsse!
Ja, es waren Schüsse gewesen, das hatte Clive Haskell deutlich herausgehört. Und auf sein Gehör konnte er sich verlassen. Zudem hatte er lange genug gedient, und Haskell wußte, daß diese knatternde Garbe nur aus einer Maschinenpistole stammen konnte.
Abermals hörte er die Schüsse. Wieder eine Garbe. Gedämpft durch den Nebel, doch deutlich zu identifizieren.
Clive Haskell stand auf. Jetzt war das eingetreten, wovor er sich all die Jahre gefürchtet hatte. Er mußte seinem Job als Nachtwächter nachkommen. Während er in fieberhafter Hast in seine Kleidung schlüpfte, dachte er an das kleine Sägewerk, das er zu bewachen hatte.
Die Fabrik lag nicht weit vom Fluß entfernt. Sie hätte schon längst Pleite gemacht, wenn dem Besitzer nicht die Idee gekommen wäre, sich umzustellen.
Das heißt, er hatte sich auf die Reparatur von Schiffen verlegt. Da waren Boote in Ordnung zu bringen, dann wieder die Segeljollen irgendeines Playboys, auch Fischerkähne und so hatte sich die Fabrik ganz gut gehalten.
Arbeit war immer da.
Sogar für Clive Haskell. Tagsüber war er Mädchen für alles. Fuhr den Wagen, besorgte aus der Stadt Werkzeug sowie Materialien und versah in der Nacht seinen Job als Aufpasser.
Dafür durfte er kostenlos in drei kleinen Zimmern über dem Dach des Lagerschuppens wohnen.
Haskell schloß den letzten Knopf und wandte sich dann dem Fenster zu. Er streckte seinen Kopf nach draußen.
Nebel! Eine dichte graue Suppe, die es nicht einmal erlaubte, bis zum Erdboden zu schauen. Die Schüsse hatten sich nicht wiederholt. Trotzdem glaubte Clive Haskell nicht, daß die Gefahr gebannt war. Irgendwo trieben sich ein paar krumme Typen herum.
Aber gleich mit einer Maschinenpistole?
Das war es, was Clive Haskell Sorgen bereitete. Trotzdem er war ein pflichtbewußter Mensch und nahm seinen Job sehr ernst. Clive gehörte noch zur Schule der alten Kriegsteilnehmer, die für Englands Fahne kämpften und auch ihr Leben gaben. Eine Einstellung, die von den Jungen nicht mehr verstanden wurde.
Haskell wußte aber auch, daß er nicht mehr der Jüngste war. Er bekam Magendrücken, als er zum Schlafzimmerschrank trat, ihn vorsichtig öffnete und zwischen den aufgehängten Kleidungsstücken herumsuchte.
Er fand schnell, was er suchte.
Haskell zog den Arm wieder hervor und hielt eine Waffe in der Hand.
Eine Schrotflinte.
Geladen, gepflegt und ausgezeichnet in Schuß. Mit dieser Waffe ging Clive Haskell immer auf Entenjagd am Themseufer. Haskell konnte mit der Knarre umgehen.
Er klemmte sich den Kolben in die Armbeuge, so daß die Mündung nach unten zeigte und schlich auf Zehenspitzen zur Tür. Die alten Holzdielen bewegten sich trotzdem unter seinen Füßen, sie knarrten, und Haskell verzog das Gesicht.
Seine Frau hörte zum Glück nichts. Sie hatte im Gegensatz zu ihm einen beneidenswerten Schlaf.
Clive Haskell schlich aus dem Schlafzimmer. Er drückte die Tür vorsichtig ins Schloß. Licht brauchte er im Treppenhaus nicht zu machen, er fand sich auch im Dunkeln zurecht.
Clive
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