0093 - Mord in der Mumiengruft
Strahlung, die von der Ruine ausging?
Sie gingen weiter.
Jetzt waren die Mauern auch deutlicher zu sehen. Gewaltige Steinquader, zum Teil eingerissen, aber alle überwuchert von einer dunkelgrünen Pflanzenschicht.
Der Haupttempel stand nicht mehr. Es schien, als hätte eine gigantische Hand hineingeschlagen und ihn zerstört. Die Felsen lagen überall verstreut. Es gab keine Eingänge mehr, keine Türen oder Durchlässe.
Juana Alvarez und Capitan Mendozza befanden sich jetzt in dem großen Innenraum der Pyramide. Sie gingen weiter an einer halb eingestürzten Mauer vorbei und standen vor dem kleinen See.
Er maß vielleicht fünf Meter im Durchmesser. Sein Wasser schimmerte dunkelgrün, es strahlte irgendein Geheimnis aus, wenigstens glaubte Juana dies. Die Oberfläche bewegte sich nicht. Sie lag ruhig wie flüssiges Blei.
»Hier müssen wir rein«, sagte sie.
Mendozza zuckte zusammen.
Die Alvarez lachte. »Keine Angst, Memme, ich werde zuerst tauchen und der Mumiengruft einen Besuch abstatten.«
Der Capitan nickte.
Juana ging zielstrebig vor. Jetzt wollte sie keine Minute mehr verlieren. Einen Neoprenanzug hatten sie erst gar nicht mitgenommen. Sie legte sich die Preßluftflaschen über die Schultern, setzte die Brille auf und steckte sich das Mundstück zwischen die Lippen. Sie nickte zufrieden und prüfte die Atmung.
Alles okay.
Noch einmal gab sie Mendozza einige Anweisungen. »Du bleibst hier und behältst die Umgebung im Auge. Wenn unsere Verfolger auftauchen, dann knall sie ab.«
»Mach ich.«
»Und such dir eine gute Deckung aus.«
Mendozza nickte. Er wollte der Frau noch viel Glück wünschen, doch Juana war bereits in das dunkelgrün schimmernde Wasser gestiegen und glitt mit einem Überschlag in die Tiefe…
***
Die batteriegespeiste Unterwasserlampe hatte sich Juana an den Gürtel gehängt. Der Strahl war zwar stark, aber wurde von der Schwärze des Wassers schon nach kurzer Zeit absorbiert. Viel erkennen konnte Juana nicht.
Sie atmete ruhig und gleichmäßig. In regelmäßigen Abständen perlten Luftblasen der Oberfläche entgegen. Juana hatte ihre Nerven unter Kontrolle. Sie schwamm ruhig und zügig, zeigte keinerlei Hektik. Diesen Weg hier hatte auch Sam Kettering genommen. Ihm war ebenfalls nichts passiert; er hatte die Oberfläche wieder erreicht. Dafür war er nachher in die Falle gelaufen, aber das sollte Juana Alvarez auf keinen Fall passieren.
Sie tauchte bis zum Grund. Ihre Hände versanken im Schlamm. Jetzt mußte sie nur noch feststellen, wo sich der Eingang zum unterirdischen Höhlensystem der verfallenen Pyramide befand.
Soviel Juana wußte, gab es vom Grund des Sees aus eine Verbindung zu den Schatzkammern. Einen unterirdischen Fluß, der durch einen Tunnel schoß.
Den Fluß zu finden, war leicht.
Juana brauchte sich nur anhand der Strömungsverhältnisse orientieren, die hier unten herrschten. Sie spürte den Zug, der sie unweigerlich nach rechts ziehen wollte.
Juana folgte ihm. Je näher sie kam, um so stärker wurde der Zug. Dann sah sie im Schein der Lampe, die Öffnung dicht über dem Grund. Sie war gerade so groß, daß sich eine Person hindurchschlängeln konnte.
Juana machte sich lang, streckte ihren Körper noch ein wenig und tauchte in den unbekannten Tunnel ein.
Er war verdammt niedrig. Immer wieder schrammten die Preßluftflaschen an der felsigen Decke entlang. Juana blieb mit den Händen auf dem Grund und bewegte sich kriechend voran.
Plötzlich war der Tunnel zu Ende. Juana konnte wieder frei schwimmen, tat dies auch und beschrieb gleichzeitig mit ihrem Körper einen Bogen, um der Oberfläche entgegenzudrängen.
Ihr Kopf stieß aus dem Wasser.
Sofort riß Juana das Mundstück zwischen den Lippen weg und atmete frei.
Sie befand sich in einem Gewölbe, dessen Grund von einem unterirdischen See ausgefüllt wurde. Der Flammenschein brach sich blitzend auf den auseinanderlaufenden Wellen und zuckte auch an den feuchten Wänden entlang.
Juana schwenkte die Lampe. Von hier aus mußte ein Gang abgehen, der zu der Mumiengruft führte.
Es gab ihn tatsächlich.
Juana sah den Eingang zu einer Höhle. Er lag über dem Wasserspiegel. Die auslaufenden Wellen versickerten vor ihm zwischen kleineren Steinen.
Juana schwamm auf den Höhleneingang zu und stieg geschmeidig aus dem Wasser.
Perlend rann das Wasser über ihr Gesicht. Die Khakikleidung klebte ihr naß am Körper, ebenso das lange schwarzrote Haar. Juana wischte sich über die Augen und entledigte sich
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