0095 - Am Mittag vor dem großen Coup
können, was für einen Stempel er für wen angefertigt hatte. Einen anderen Grund dürfte es auch schwerlich geben«, sagte ich und steckte mir eine neue Zigarette an. »Ich habe jetzt eine neue Theorie, die alle diese Ereignisse zusammenfaßt und alle erklärt! Alle, ausnahmslos!«
Man sah mich überrascht an. Keiner kam auf den so naheliegenden Gedanken.
»Zuerst wird der FBI-Beamte Chester ermordet und ihm die Brieftasche geraubt. Man hatte es auf seinen FBI-Ausweis abgesehen.«
Ich machte eine kurze Pause, um die Zigarettenasche abzustreifen.
Dann fuhr ich fort: »Nachdem man sich in den Besitz des Dokuments gesetzt hatte, zwingt man Walter Gordon, den FBI-Stempel nachzumachen. Das Dienstsiegel, mit dem unsere Ausweise abgestempelt sind. Als er diese Aufgabe gelöst hat, wird er umgebracht. Inzwischen müssen die Gangster auf anderem Weg täuschend ähnliche Ausweise haben drucken lassen. Sie brauchten nun nur noch ihre Bilder einzuheften, mit dem Dienstsiegel abzustempeln und in eine Cellophanhülle zu stecken, schon waren sie fast richtige G-men!
Jetzt konnten sie ihren Plan verwirklichen: nämlich als FBI-Beamte unter einem Vorwand mit drei Bankdirektoren abends allein in der Bank von drei großen New Yorker Bankgesellschaften zu bleiben. Eines aber hätte diesen Plan zum Scheitern gebracht: die Tatsache nämlich, daß eine der Banksekretärinnen früher einmal beim FBI war. Die mußte die FBI-Ausweise so genau kennen wie kein Mensch sonst in den Banken.
Und gerade dieser Sekretärin gegenüber würden sie die Ausweise präsentieren müssen, wenn sie von ihr als FBI-Beamte dem Direktor gemeldet werden wollten.
Also mußte diese Sekretärin sterben. Mit ihrem Tod war der Weg für die Gangster frei, denn außer Peggy würde niemand erkennen, daß es sich bei den angeblichen FBI-Ausweisen um raffinierte Fälschungen handelte.«
Ich schwieg. Die anderen sahen mich fassungslos an.
»Sechzehn Gangster mit falschen FBI-Ausweisen!« stöhnte Mr. High. »Du lieber Himmel, das ist ja schrecklich! Was kann da noch alles passieren!«
Er wußte gar nicht, wie recht er hatte.
***
Bis zu dieser Stunde hatte die Polizei noch keine offizielle Meldung an die Zeitungen herausgegeben, in denen die falschen FBI-Ausweise erwähnt worden waren. Man wollte eine Panik vermeiden und außerdem verhindern, daß in den nächsten Tagen jeder echte G-man von der Bevölkerung als einer der Gangster angesehen wurde, sobald er nur irgendwo seinen Dienstausweis vorlegte.
Diese Tatsache, daß die Zeitungen noch nichts von der Ausweisgeschichte brachten, machten sich die Gangster zunutze. In Yonkers, einem Stadtteil, der nur einen Katzensprung nördlich von New York liegt, erschienen sie an diesem Tag annähernd zur gleichen Zeit, als wir in New York die Besprechung hatten, mit acht Mann in der Halle der Trade Bank. Sie verlangten den Direktor zu sprechen. Ihre falschen FBI-Ausweise verschafften ihnen sofort Zugang zum Allerheiligsten.
Der Direktor empfing sie. Frech wie nie, erklärten die Gangster, sie hätten als FBI-Beamte zuverlässige Informationen darüber erhalten, daß jene Gangster, die in der Nacht vorher in New York drei Bankdirektoren ermordet hätten, dieser Bank in Yonkers einen Besuch abstatten wollten. Um die Bande mit absoluter Sicherheit stellen zu können, seien sie zum Schutz der Bank abkommandiert worden und hätten den strikten Befehl, die Nacht in der Bank zu verbringen.
Was kein Mensch je für möglich gehalten hätte, geschah also: Einen Tag nach ihrem verwegenen Streich auf die drei Banken in New York wiederholten sie genau das gleiche Manöver unter genau den gleichen Bedingungen, nur ein paar Kilometer von New York entfernt, noch einmal! Und wieder gelang es ihnen! Erfolg: ein ermordeter Bankdirektor und eine ausgeraubte Bank mehr.
In der Zwischenzeit aber waren wir ja nicht untätig geblieben. In einer Nacht können nicht nur Gangster drei Banken ausrauben, in einer Nacht können auch unermüdlich arbeitende Polizisten allerhand herausfinden!
»Die Gangster gehen so skrupellos vor., wie selten eine Bande«, sagte Mr. High. »Sie beseitigen jeden Zeugen, der sie später beschreiben könnte. Gerade wegen dieser fürchterlichen Mordserie, die ihre Untaten begleitet, müssen wir sie so schnell wie nur irgend möglich stellen.«
»Alle Zeugen konnten sie gar nicht beseitigen«, schaltete ich mich ein. »Es gibt drei Leute mindestens noch, die die Gangster gesehen haben. Nämlich die drei Damen, die an
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