0098 - Ich und die Tote ohne Gesicht
nervös mit seiner rechten Hand an der linken herum. »So war’s gar nicht gemeint. Nur ’ne Abreibung.«
»Also gut, Ihre Jetta bleibt auch aus dem Spiel.«
»Euch Cops kann man nicht richtig trauen. Wer garantiert mir, dass Sie uns beide wirklich nicht reinziehen?«
»Ich heiße Jerry Cotton, und wenn ich etwas verspreche, so halte ich es auch.«
Er starrte mich verdutzt an. »Teufel«, sagte er. »Sie sind dieser Cotton vom FBI?«
Ich nickte nur.
»Schön«, erwiderte er eifrig, »auf Sie kann ich mich verlassen.«
»Jetzt erzählen Sie, Abe«, forderte ich ihn auf.
Und Abe, dieser kleine Gauner, erzählte:
»Das war so. Gestern Abend, die Zeit weiß ich nicht mehr, sitze ich mit Jetta in einer Inn und trinke einen. Kommt einer rein und begrüßt mein Mädchen. Er setzt sich zu uns und hat die Spendierhosen an. Jetta und er kannten sich von früher, als das Mädchen noch in ’nem Tanzladen in der City arbeitete. Der Bursche war prima in Schale und trug die Scheine zusammengerollt in der Hosentasche. Eine ganze Menge. Ich denke, lass Jetta mal den Kerl auf die Schippe nehmen. Aber der Kerl hatte andere Gedanken. Er sah dauernd nach der Uhr und nach der Tür. Nach ’ner halben Stunde kam noch einer zu uns und sagte zu Jettas Bekannten: ›Dougy, alles okay.‹
Dougy sagte: ›Wo sind die anderen?‹
›Im Wagen‹, gab der Freund von Dougy zur Antwort.
Dougy sagte dann zu mir: ›Hör mal, Jetta kennt sich doch in dem Nest hier aus. Kann sie mal so ’n bisschen aufpassen? Meine Boys müssen wo rein.‹
Ich fragte: ›Was springt dabei raus?‹
›Ein Fünfziger‹, sagte Dougy.
›Okay‹, sagte ich, und Jetta zog mit den beiden ab. Was weiter geschah, weiß ich nur noch verschwommen. Ich trank eine Menge und wartete. Jetta kam auch zurück und brachte mich nach Hause. Da…«
»Moment, Abe«, warf ich ein, »wie heißt Dougy weiter? Wo wohnt er? Wie sieht er aus? Und wie sieht der andere aus?«
»Jetta sagte, Dougy verkehrte im ›Colorado‹. Wo der Laden liegt in der City, weiß ich nicht.«
»Aber ich weiß es. Nun weiter.«
»Den kompletten Namen sagte mir Jetta nicht. Sie wollen wissen, wie er aussieht? Mittelgroß, dunkel, und bewegt sich wie ’ne Katze.«
»Alter?«
»Zwischen zwanzig und dreißig.«
»Und der andere?«
»Dick, mit ’nem Gesicht wie eine Tomate.«
»Abe, ich glaube, Sie haben mir weitergeholfen«, sagte ich.
»Der Dicke war mit zwei anderen tatsächlich in der Leichenhalle. Zweifellos haben sie den Wärter getötet. Und noch was gemacht, was Sie vorläufig nicht zu interessieren hat. Jetzt hören Sie mal gut zu: Jetta werde ich unbedingt nochmals verhören müssen. Stöbern Sie sie so bald wie möglich auf, und halten Sie sie so lange fest, bis ich mit ihr gesprochnen habe. Verstanden?«
Abe nickte. »Sie wusste aber wirklich nichts von dem Mord, G-man«, meinte er. »Sie sagte mir heute Morgen, die drei Männer wären beinahe von einem Schnüffler geschnappt worden. Jetzt weiß ich auch, wer der Schnüffler war. Die drei hätten gesagt, als sie wieder rauskamen, sie hätten bloß was feststellen wollen.«
»Und jetzt geht’s weiter, Abe«, drängte ich. »Jetta war doch schon heute früh in der City, nicht wahr?«
»Richtig. So um sieben Uhr rum kam der Dicke rauf. ›Mädchen‹, sagte er, ›ich kann mich nicht mehr so genau an den Cop von gestern Abend erinnern. Ich habe unten einen Schlitten stehen. Wir hauen gleich ab. Du musst in der 30. aufpassen, wann der Schnüffler rauskommt, und uns Bescheid geben. Wir warten in dem Wagen um die Ecke.‹«
»Und was gibt es dafür?«, fragte ich.
»Fünfundzwanzig Dollar.«
Ich stand auf und hielt dem Burschen eine kleine Ansprache. Er selbst und vor allem seine Freundin sollten von jetzt an die Finger aus dunklen Sachen lassen. Wenn ich noch einmal was hörte, würde ich mein Versprechen nicht mehr halten können.
»Sie müssen sich darüber klar sein«, sagte ich, »dass ich euch wegen Beihilfe zum Mordversuch und sogar zum Mord einsperren lassen kann. Zunächst lasse ich euch in Ruhe, weil ich annehmen möchte, dass ihr von den Einzelheiten nichts gewusst habt.«
»Okay«, nickte Abe-Telvi, der, wie ich bald erfuhr, in der Unterwelt von Middleville, überhaupt von dem ganzen Orange und Newark »der Gorilla« genannt wurde.
Als ich wieder auf der Straße stand, atmete ich auf. Mit dem Überfall durch die drei Gangster war ich sehr zufrieden. Wie hätte ich sonst Abe und Jetta kennengelernt und von einer
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