0098 - Ich und die Tote ohne Gesicht
Harker sie telefonisch zurückgerufen habe und welches der Inhalt ihrer Aussprache in der Ferret-Villa gewesen sei, schweigt sie. Major Westhanger ruft mich an und teilt mir mit, dass man in den Abendstunden eine weibliche Leiche aus dem Elizabeth River geborgen habe. Was Haarfarbe, Größe und Kleidung anbetrifft, kann es sich nur um Jana Harker handeln. Die Tote befindet sich bereits in der polizeilichen Leichenhalle. Ich fahre nach Middleville zurück, um mir die Tote anzusehen.
Punkt drei. Als ich die Leichenhalle betreten will, bemerke ich eine Frau, die trotz des Regens weder Schirm noch Mantel trägt. Der diensthabende Wärter führt mich in den Keller und verschwindet plötzlich auf Nummerwiedersehen. Ich rufe Captain Camber, den stellvertretenden Polizeichef an, der auch mit einigen seiner Leute herunterkommt. Sie lassen die Bahre ausrollen, und wir stellen fest, dass der Toten das Gesicht bis zur Unkenntlichkeit zerstört wurde. Der richtige Wärter liegt mit zertrümmertem Schädel in einer anderen Box. Der Mann, der mich in den Keller geleitet hat, muss die schauderhaften Dinge vollbracht haben. Es wird festgestellt, dass er zwei Begleiter hatte.
Punkt vier. Das nachträgliche Unkenntlichmachen lässt den Verdacht aufkommen, dass die Tote gar nicht Jana Harker ist. Man hat der Unbekannten Kleider und Ringe der Verschwundenen angezogen und erst dann erwürgt und ins Wasser geworfen. Es ist anzunehmen, dass zwischen den beiden Frauen eine Ähnlichkeit bestand, die den Mördern jedoch nach ihrer Tat als nicht ganz ausreichend vorkam, sodass sie, um auch einen Rest von Zweifel zu beseitigen, auf den Gedanken kamen, nachträglich noch das Gesicht zu zerstören. Am kommenden Morgen lasse ich mir zuerst in der Postdirektion die Kopie des von Jana Harker nach Hawaii gesandten Telegramms geben. (Die Kopie befindet sich bei den Akten.) Dann fahre ich zum Anwaltsbüro von Mr. Robert Harker, dem Ehemann der Verschwundenen. Die Mordkommission hatte ihn schon am frühen Morgen nach Middleville gerufen, um aus seinem Mund zu erfahren, ob es sich bei der-Toten um seine Frau handelt. Er bejahte es, was aber nicht zu sehr ins Gewicht fallen dürfte. Harker ist im Begriff nach Chicago zu fliegen, wo er sein Hauptbüro einrichten will, während sein jetziges als Nebenbüro gedacht ist. Es scheint mir der Erwähnung wert, das Mr. Harker sich einen ehemaligen Boxer als Leibwächter hält. Auf meine Frage, ob Mrs. Harker Grund zur Eifersucht auf Miss Marr gehabt habe, erwidert er, dass nicht der geringste Grund dazu vorhanden sei. Er wisse von allem überhaupt nichts und könne nicht begreifen, was seine Frau für eine Sache in ihrem Brief an das FBI gemeint habe. Er weint und tut zerknirscht. Trotzdem traue ich ihm nicht. Wie aus Folgendem zu ersehen, hat er die Unwahrheit in Bezug auf sein Verhältnis zu Miss Marr gesagt.
Punkt fünf. Anschließend fahre ich nach Lyons Farms. Ich habe Major Westhanger gebeten, sämtliche Bewohner der Villa Marr um 12 Uhr zur Vernehmung kommen zu lassen. Ich will mir die Räume von Miss Marr ansehen. Ich finde auch einen Brief, den Mrs. Harker an ihren Mann gerichtet hat. Aus den Zeilen geht unzweideutig hervor, dass zwischen Robert Harker und Susan Marr doch ein engeres Verhältnis besteht. Die Schreiberin droht, sie werde seiner Freundin schon einheizen, wenn sie nicht vernünftig würde. Zum Schluss heißt es: ›Jetzt weiß ich auch, wie du mit dem alten Marr ins Geschäft kamst.‹ Auf dem Rückweg stellte sich ein Wagen quer. Drei Insassen schießen auf mich. Ich erwidere das Feuer. Die Gangster wollen abfahren, doch ein Reifen ist defekt. Die Männer verschwinden im Gesträuch eines nahen Gartens. In dem Wagen finde ich eine Frau. Es ist die nämliche, die vor der Leichenhalle stand. Sie heißt Jetta und ist mit einem Abe-Telvi befreundet. Ich bringe heraus, das ein gewisser Dougy hinter der Leichenhallengeschichte und dem Feuerüberfall steckt. Dougy soll im ›Colorado‹ verkehren. Soweit bin ich bis jetzt gekommen, Fortsetzung folgt.«
»Gut so, Jerry«, sagte der Chef. »Nur scheint mir, als entfernten Sie sich immer mehr von der Hauptlinie, nämlich unserer eigentlichen Aufgabe, herauszubekommen, was Jana Harker in Ihrem Brief an uns gemeint haben könnte.«
»Das sieht bloß so aus, Mr. High«, erwiderte ich. »Es ist nur ein - zugegeben, sehr weiter - Umweg, der uns aber einmal dorthin führt, wo wir hinwollen. Und dann sind wir auch wieder auf der Hauptlinie.«
»Na
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