0099 - Gangster, Erben und Verwandte
auch die goldenen Schminkutensilien mitgenommen.
Einige Mitglieder der Mordkommission hatten wir in der Nacht noch nach Hause geschickt und erst für Mittag wider ins Office bestellt. Von diesen ließen wir die Venehmungen der Hausangestellten bei Blewfield erledigen, damit wir wenigstens Zeit hatten, irgendwo Mittag zu essen. Wir fuhren mit meinem Jaguar zu einem kleinen italienischen Speisehaus in der 23. Straße. Während wir aßen, sprachen wir noch einmal den Fall durch.
»Also zunächst steht mal fest, daß die Frau nicht im Auto ermordet wurde«, sagte Phil. »Dafür gibt es viel zuwenig Blut im Wagen.«
»Richtig«, sagte ich. »Zweitens scheint man annehmen zu können, daß Mordiek selbst der Mörder war. Dann hätten wir zwar Opfer und Mörder, nur wüßten wir nicht, was das Motiv zur Tat war.«
»Bleiben also folgende Fragen noch offen«, murmelte Phil, während er lustlos in seinen Speisen herumstocherte. »Erstens: Wo ist der Tatort? Zweitens: Aus welchem Grunde wurde Mrs. Blewfield ermordet? Drittens: Wo ist die Mordwaffe?«
Ich hatte mir die ganze Sache selbst schon gründlich durch den Kopf gehen lassen, deshalb hängte ich jetzt noch eine Frage an:
»Viertens«, sagte ich: »Wer ist der Auftraggeber des Mörders?«
Phil sah erstaunt auf.
»Wieso Auftraggeber?«
»Mordiek war ein mehrfach vorbestrafter Gangster«, sagte ich. »Wenn der jemand umbringt, dann tut er es nur, wenn er sich eine fette Beute erhofft. Im Falle Blewfield war das nicht der Fall, denn er hat ja nicht einmal das bare Geld angerührt. Er wollte dieses Geld gar nicht. Also muß er die Frau entweder aus einem anderen Grunde umgebracht haben oder es muß ihm jemand soviel für den Mord gezahlt haben, daß es auf die tausend Dollar gar nicht mehr ankam.«
»Welche anderen Gründe meinst du, Jerry.«
Ich zuckte die Achseln.
»Na, beispielsweise hätte die Frau etwas Belastendes von ihm wissen können, so daß er sich gezwungen sah, sie zu beseitigen. Aber in unserem Falle ist das völlig unwahrscheinlich. Mordiek und Mrs. Blewfield entstammen so verschiedenen sozialen Schichten, daß es sehr fraglich ist, ob sie sich überhaupt jemals im Leben gesehen haben. Ich glaube daran, daß hinter Mordiek ein Auftraggeber steht. Und der wiederum muß einen Grund gehabt haben, warum er Mrs. Blewfield ermorden ließ. Ich glaube, wir sollten die ganze Sache noch einmal von dem Gesichtspunkt her durchdenken: Wem nützte Mrs. Blewfields Tod eigentlich etwas?«
»Dem Neffen?« fragte Phil achselzuckend.
»No. Der ist Mr. Blewfields Erbe! Was hätte es für einen Sinn gehabt, die Frau zu ermorden? Denn daß der alte Herr bei der Nachricht vom Tode seiner Frau einen Herzschlag kriegen würde, kann der raffinierteste Mörder nicht voraussehen.«
»Vielleicht hat die Frau ein Testament hinterlassen, in dem irgendeine Person ganz besonders bedacht wird? Vielleicht war sie früher sogar schon mal verheiratet und hatte aus dieser Ehe ein Kind?«
»Alles möglich«, gab ich zu. »Jedenfalls müssen wir in dieser Hinsicht weiterforschen.«
Nach der Mahlzeit fuhren wir zurück ins Districtsgebäude. Und dort erwartete uns bereits eine Überraschung. Außer den Protokollen des Spurensicherungsdienstes, der Werkstatt und des Arztes lag noch etwas anderes auf unserem Schreibtisch, die Kleinigkeit von fünfundzwanzigtausend Dollar in barem Gelde. Daneben lag ei Zettel: »Aus dem Kofferraum des Wagens. Geld war in braunem Packpapier eingewickelt, mit Bindfaden umschnürt. Papier wird auf Fingerabdrücke untersucht.«
»Da!« sagte ich zu Phil und deutete auf das Geld. »Der Lohn des Mörders! Genau wie ich gedacht hatte: ein zahlender Auftraggeber im Hintergrund! Wer ist der Mann hinter dem Mörder?«
***
Am nächsten Morgen fanden wir uns wieder bei unserem Chef ein, um Bericht zu erstatten über die Unmenge Kleinarbeit, die wir geleistet hatten. Mister High bot uns Plätze an, wir setzten uns und zogen unsere Notizen.
»Nun?« fragte der Chef. »Fangen wir gleich mit dem Wichtigsten an: Wer ist der Mörder?«
»Jeff Mordiek«, sagte ich. »Darüber kann gar kein Zweifel mehr bestehen. Wir haben natürlich seine Wohnung durchsucht, sowohl die Mordwaffe als auch der Tatort wurden gefunden.«
»Aber wie kommt diese Frau in die Wohnung eines Gangsters?« fragte der Chef kopfschüttelnd. »Freiwillig doch wohl nicht!«
»Es sind keine Anzeichen dafür vorhanden, daß sie mit Gewalt in Mordieks Wohnung gebracht wurde. Zwar hat der Arzt
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