01 Arthur und die vergessenen Buecher
lassen wir die jungen Leute allein«, sagte er. Etwas widerwillig ließ sich der Antiquar aus dem Raum bugsieren.
Larissa und ich hockten uns auf zwei alte Kontorstühle, die auf der anderen Seite des Schreibtisches standen. Gerrit nahm auf Jans Stuhl Platz.
»Wollen wir doch mal sehen«, sagte er und schlug das Büchlein auf. Er blätterte, bis er den fraglichen Eintrag erreichte, und betrachtete ihn schweigend. Dann hob er die Seite an und drehte sie gegen das Fenster, sodass das Licht durchschimmerte. Er kniff die Augen zusammen, drehte die Seite ein wenig hin und her und nahm sie dann mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck wieder herunter.
»Ihr habt eine Kleinigkeit übersehen«, lächelte er und schob uns das aufgeschlagene Register über den Tisch.
Larissa und ich steckten unsere Köpfe über dem Buch zusammen, konnten aber nichts entdeckten. Dann folgte ich Gerrits Beispiel und hob die Seite gegen das Licht. Auf den ersten Blick war kein Unterschied zu erkennen; beim genaueren Hinsehen bemerkte ich jedoch eine blasse Kontur hinter dem Wort August , so als ob da noch ein Buchstabe gestanden hätte. Es sah aus wie ein kleines e .
»Steht da Auguste statt August?«, fragte ich Gerrit.
Er nickte. »Die Tinte ist im Laufe der Zeit verblasst, vielleicht, weil sie nicht voll aufgetragen war.«
»Und wie hilft uns Auguste weiter?«, wollte ich wissen.
Er zuckte mit den Schultern. »Ich bin so schlau wie ihr. Aber du hast doch diese ganzen modernen Technologien zur Verfügung. Da müsstest du doch eigentlich etwas finden können, meinst du nicht?«
Also ging es zurück zu Google. Auguste 361 ergab 1,7 Millionen Treffer, und schon die ersten paar Seiten zeigten, dass wir so nicht weiter kommen würden. Die meisten Einträge bezogen sich zudem nicht auf Auguste , sondern nur auf August . Auf der dritten Seite tauchten auch unsere altbekannten Benficiarier wieder auf.
»Und jetzt?«, fragte ich.
»Setzt das Wort Auguste doch mal in Anführungszeichen«, schlug Larissa vor.
Was konnte das schaden? Ich folgte ihrer Anregung – und siehe da, jetzt waren es nur noch 365.000 Fundstellen. Larissa beugte sich über meine Schulter.
»Da! Der dritte Eintrag! Klick da mal drauf!«
Die Überschrift lautete »Auguste Charlois – Wikipedia, déi fräi Enzyklopedie«. Ich tat Larissa den Gefallen. Vor unseren Augen baute sich eine Seite in einer merkwürdigen Sprache auf. Sie erinnerte mich entfernt an einen deutschen Dialekt, aber mit merkwürdigen Akzenten auf den Buchstaben.
Während ich noch versuchte, die Sprache zu entziffern, schlug mir Larissa heftig auf die Schulter.
»Bingo!«, rief sie und tanzte aufgeregt im Raum herum.
Sie bemerkte meine und Gerrits fragenden Blicke. »Seht doch mal, um wen es in dem Artikel geht«, sagte sie. » Auguste Honoré Pierre Charlois . Na, fällt euch nichts auf?«
»Er hört sich französisch an«, bemerkte ich. »Und er war ein Astronom, wie hier steht. Aber ...«
Ich konnte meinen Satz nicht zu Ende führen. Larissa nahm Gerrit das Register von Leyden aus der Hand und schlug den Eintrag zum Buch der Antworten auf. Triumphierend hielt sie uns die Seiten entgegen und deutete dabei mit ihrem Finger auf die rechte Spalte.
» A.H.P.C. Das sind exakt die Initialen dieses Charlois!«, rief sie. »Das ist unser Mann!«
Ihr Enthusiasmus steckte mich an. Ich konzentrierte mich wieder auf den Bildschirm und suchte nach der 361. Unter dem kurzen Eintrag in der merkwürdigen Sprache waren alle 99 Asteroiden aufgelistet, die Charlois in seinem Leben entdeckt hatte. Und siehe da: Einer von ihnen trug tatsächlich die Nummer 361!
» Bononia «, sagte ich. »So hat er den von ihm entdeckten Asteroiden mit der Ordnungsnummer 361 genannt.«
Vom Jagdfieber gepackt, googelte ich jetzt nach den Worten Charlois und Bononia . Gleich der erste Eintrag war ein Treffer. Bononia war in der deutschen Wikipedia aufgelistet:
»(361) Bononia ist ein Asteroid des Hauptgürtels, der am 11. März 1893 von Auguste Charlois in Nizza entdeckt wurde. Der Name des Asteroiden geht zurück auf die lateinische Bezeichnung zweier Städte, dem französischen Boulogne-sul-Mer und dem italienischen Bologna.«
Ich lehnte mich zurück. Sollten wir tatsächlich einen Treffer gelandet haben? Zur Sicherheit rief ich in der deutschen Wikipedia noch einmal den Eintrag über Charlois auf. Er war ein französischer Astronom, der 1910, im Alter von 46 Jahren, von seinem früheren Schwager ermordet worden war.
»Schon
Weitere Kostenlose Bücher