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01 Arthur und die vergessenen Buecher

01 Arthur und die vergessenen Buecher

Titel: 01 Arthur und die vergessenen Buecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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zusammengearbeitet habe.«
    Ihr Gefühlsausbruch schien sie selbst mehr zu überraschen als uns. Mit einem tiefen Atemzug lehnte sie sich zurück. Ihre Stimme war wieder so ruhig wie zuvor.
    »Wegen dir und deiner Freundin, Kleiner, habe ich den langen Weg nach Bologna antreten müssen. Ihr mischt euch in Dinge ein, die euch nichts angehen. Und du hast etwas in deinem Besitz, das mir gehört.«
    Ich konnte Signora Montalba verstehen. Es war furchterregend, dieser Frau gegenüberzusitzen, ihr in die kalten Augen zu blicken und dabei diese Stimme zu hören, die voller unterschwelliger Drohungen steckte.
    »Du wirst mir das, was ich haben will, aushändigen. Dann bekommst du auch deine kleine Freundin zurück.«
    »Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen«, stellte ich mich dumm. »Wir haben das Buch der Antworten nicht gefunden.«
    Sie neigte den Kopf langsam zur Seite. »Das ist dein Pech, Kleiner. Dann hast du noch bis heute Abend Zeit, es zu beschaffen.«
    »Und dann?«, fragte ich.
    »Dann wird der alte Johann Lackmann keine Enkelin mehr haben. Oder zumindest keine so lebenslustige mehr.«
    Sie stand auf. »Heute um Mitternacht im Parco della Montagnola. Da erwarte ich dich mit dem Buch der Antworten. Bemüht euch nicht – ich finde den Ausgang alleine.«
    Im Vorbeigehen strich sie Montalba leicht über den Kopf. »Du warst mal ein hübscher Bursche, Giovanni. Und nicht dumm. Gemeinsam hätten wir viel erreichen können. Und jetzt versauerst du in diesem Loch mit Sofia, während ich bald eine ungeahnte Macht in den Händen halten werde. Du hast dich für ein Leben als Wurm entschieden. Dann sieh nur zu, dass du auch schnell genug in deinem Erdloch verschwindest.«

    Mit diesen Worten verließ sie das Zimmer. Gleich darauf hörten wir die Wohnungstür hinter ihr zuschlagen.
    Die beiden Montalbas saßen schweigend da und wichen meinem Blick aus. Das konnte ich gut verstehen. Schließlich waren sie soeben vor einem 14-jährigen Jungen gedemütigt worden, ohne sich dagegen zur Wehr zu setzen.
    Sofia Montalba fing sich als Erste. »Wir sollten die Polizei einschalten«, sagte sie.
    Der Gedanke war verlockend. Auf diese Weise hätten andere die Verantwortung, und zwar Fachleute, die sich mit Verbrechern auskannten. Das würde allerdings auch bedeuten, ihnen zu erzählen, warum die Slivitskys Larissa entführt hatten. Und dann musste ich gestehen, ein Buch aus dem Archiginnasio gestohlen zu haben. Ganz abgesehen davon, dass ich das Buch der Antworten dann wieder verlieren würde.
    Aber was war mit Larissa? War sie nicht viel wichtiger als das Buch? Und hatte Madame Slivitsky nicht zugesagt, Larissa freizulassen, wenn ich ihr das Buch geben würde? Bei Einschaltung der Polizei würden wir das Buch auf jeden Fall verlieren. So gab es vielleicht noch die Möglichkeit, beide zu retten – Larissa und das Buch. Ich war mir sicher, dass Larissa diese Möglichkeit ebenfalls vorziehen würde.
    »Die Polizei können wir nicht informieren«, antwortete ich. »Die würde uns nicht glauben und mir das Buch abnehmen. Dann wäre alles umsonst gewesen.«
    »Aber es geht um Larissas Leben!«, rief sie. »Dieser Frau ist alles zuzutrauen!«
    »Langsam, Sofia, langsam«, mischte sich Montalba ins Gespräch ein. »Was Sylvia mehr als alles andere will, ist das Buch der Antworten. Und Larissa ist ihr einziges Faustpfand. Sie wird ihr gewiss nichts tun, wenn sie im Austausch für Larissa das Buch der Antworten erhalten kann.«
    »Ich weiß nicht, Giovanni. Willst du Arthur heute Nacht alleine in den Park gehen lassen?«
    Darauf fand der Antiquar nicht sofort eine Antwort. Ich konnte ihn sogar verstehen. Er fühlte sich verpflichtet, mir beizustehen. Zugleich war ihm klar, dass er Madame Slivitsky und ihren Söhnen nicht gewachsen war.
    Ein unbehagliches Schweigen breitete sich aus. Ich wollte die Montalbas nicht weiter in Verlegenheit bringen. Es war sicher für alle das Beste, sie in diese Sache nicht weiter hineinzuziehen. Sie waren eine leichte Beute für die Slivitskys, gerade weil sie durch eine gemeinsame Vergangenheit mit Sylvia verbunden waren. Wahrscheinlich würden sie mir, selbst wenn Signor Montalba mich begleitete, keine große Hilfe sein.
    Mir fiel nur ein möglicher Verbündeter ein: Carlo di Stefano, der Direktor des Instituts für alternative Geschichtsschreibung.
    »Machen Sie sich keine Sorgen«, sagte ich. »Es gibt jemanden, den ich um Hilfe bitten kann.«
    Signor Montalba konnte seine Erleichterung nur schwer verbergen.

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