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01_Der Fall Jane Eyre

01_Der Fall Jane Eyre

Titel: 01_Der Fall Jane Eyre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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Koffer
    zum Wagen. Der Beamte im Wagen lächelte mir zu. Er hatte lange
    Dreadlocks und eine übergroße dunkle Brille auf der Nase. Sein
    Uniformhemd war, ziemlich salopp für einen SpecOps-Beamten, bis
    zum Nabel aufgeknöpft, und er trug reichlich Schmuck, ebenfalls ein
    grober Verstoß gegen die Vorschriften.
    »Willkommen in Swindon, Frau Kollegin! Die Stadt, in der alles
    passieren kann und aller Voraussicht nach auch wird!«
    Er zeigte mit dem Daumen breitlächelnd zum Wagenheck.
    »Hinten ist offen.«
    Im Kofferraum lagen jede Menge Eisenpflöcke, mehrere Hämmer,
    ein großes Kruzifix sowie eine Spitzhacke und ein Spaten. Außerdem
    verströmte er einen modrigen Geruch, den Geruch von Fäulnis und
    Tod – ich warf eilig mein Gepäck hinein und knallte den Deckel zu.
    Ich ging zur Beifahrertür und stieg ein.
    »Scheiße!« rief ich, als ich merkte, daß auf dem Rücksitz, hinter
    einem robusten Drahtgitter, ein sibirischer Wolf auf und ab lief. Der
    Agent lachte laut.
    »Lassen Sie sich von dem Hündchen nicht stören, Ma’am! Darf ich
    bekanntmachen? Mr. Meakle. Mr. Meakle, das ist Officer Next.«
    Er meinte den Wolf. Ich starrte das Tier an, das meinen Blick mit
    beunruhigender Intensität erwiderte. Der Beamte lachte vergnügt und
    fuhr mit quietschenden Reifen los. Ich hatte völlig vergessen, wie
    merkwürdig es in Swindon bisweilen zuging.
    Während wir davonbrausten, beendete die Will-Rezitiermaschine
    ihren Monolog:

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    … Komm, holde Sonn, als Spiegel mir zustatten und zeige, wenn ich
    geh, mir meinen Schatten.

    »Schöner Tag«, meinte ich, als wir den Flugplatz hinter uns gelassen
    hatten.
    »Jeder Tag ist ein schöner Tag, Miss Next. Ich heiße Stoker …«
    Er nahm die Umgehungsstraße Richtung Stratton.
    »… SpecOps-17. Vampir-und Werwolfentsorgung. Vulgo Sauger
    und Beißer. Meine Freunde nennen mich Spike. Sie«, setzte er breit
    grinsend hinzu, »dürfen mich Spike nennen.«
    Wie als Erklärung zeigte er auf einen Pflock nebst Hammer, die an
    dem Schutzgitter befestigt waren.
    »Wie werden Sie genannt, Miss Next?«
    »Thursday.«
    »Freut mich, Thursday.«
    Dankbar schüttelte ich seine Pranke. Er war mir auf Anhieb
    sympathisch. Er lehnte sich gegen die Türverstrebung, ließ sich den
    kühlen Fahrtwind ins Gesicht wehen und trommelte mit den Fingern
    rhythmisch aufs Lenkrad. Aus einem frischen Kratzer an seinem Hals
    quoll ein Tropfen Blut.
    »Sie bluten«, bemerkte ich.
    Spike wischte es mit der Hand weg.
    »Halb so wild. Er hat sich ein bißchen gewehrt …«
    Wieder sah ich auf die Rückbank. Der Wolf hatte sich hingesetzt
    und kratzte sich mit dem Hinterlauf am Ohr.
    »… aber ich bin gegen Lykanthropie geimpft. Mr. Meakle will seine
    Medizin partout nicht nehmen. Stimmt’s, Mr. Meakle?«
    Als sich das letzte noch verbliebene Fünkchen Mensch in ihm seines
    Namens erinnerte, spitzte der Wolf die Ohren. Er hechelte wegen der
    Hitze. Spike fuhr fort: »Seine Nachbarn haben uns verständigt.

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    Sämtliche Katzen in der Gegend waren verschwunden; ich fand ihn,
    als er die Mülltonnen hinter einer SmileyBurger-Filiale durchstöberte.
    Ich liefere ihn ein, er wird behandelt, und wenn er sich
    zurückverwandelt hat, wird er spätestens am Freitag entlassen. Er hat
    eben auch Rechte. Und was machen Sie so?«
    »Ich … äh … fange bei SpecOps-27 an.«
    Wieder schüttelte sich Spike vor Lachen. »Eine LitAg!? Es ist doch
    immer wieder nett, jemanden kennenzulernen, der genauso
    unterfinanziert ist wie ich. Da arbeiten ein paar sehr gute Leute. Ihr
    Chef ist Victor Analogy. Lassen Sie sich von seinen grauen Haaren
    nicht täuschen – der Mann ist schwer auf Zack, trotz seines Alters. Die
    anderen Kollegen sind allesamt A-1. Ziemlich arrogante
    Klugscheißer, wenn Sie mich fragen, aber was soll’s. Wohin wollen
    Sie eigentlich?«
    »Hotel Finis.«
    »Sind Sie das erste Mal in Swindon?«
    »Leider nein«, antwortete ich. »Ich bin hier geboren. Ich war bis ’75
    bei der Swindoner Polizei. Und Sie?«
    »Zehn Jahre Wachdienst an der walisischen Grenze. Als ich ’79 in
    Oswestry mit der Finsternis in Berührung kam, stellte ich fest, daß das
    irgendwie auf meiner Wellenlänge lag. Als die beiden Depots
    zusammengelegt wurden, bin ich aus Oxford hierhergekommen. Vor
    Ihnen sitzt der einzige Pfähler südlich von Leeds. Ich bin zwar mein
    eigener Herr, aber ein bißchen Gesellschaft könnte ich manchmal gut
    gebrauchen. Sie kennen nicht zufällig jemanden, der mit dem

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