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01_Der Fall Jane Eyre

01_Der Fall Jane Eyre

Titel: 01_Der Fall Jane Eyre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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nach hinten;
    eine glänzende Patrone sprang aus der Kammer.
    »Silber«, erklärte er und hielt sie mir hin. »Ich nehme nichts
    anderes.« Er blickte in die Wolken. Der Schein der Straßenlaternen
    färbte sie orange, und sie jagten über den dunklen Himmel. »Es gibt
    jede Menge abgefahrenen Scheiß; vielleicht bringt sie Ihnen Glück.«
    »Allmählich habe ich das Gefühl, daß es so etwas wie Glück nicht
    gibt.«
    »Da geht es Ihnen wie mir. Gott schütze Sie, Thursday, und noch
    mal vielen Dank.«
    Ich nahm die glänzende Pistolenkugel und wollte noch etwas sagen,
    doch er war schon verschwunden und durchwühlte den Kofferraum
    seines Streifenwagens nach einem Staubsauger und einem Müllsack.
    Für ihn war die Nacht noch längst nicht vorbei.

    - 192 -
    18.
    Noch mal Landen
    Als ich erfuhr, daß Thursday wieder in Swindon war,
    freute ich mich sehr. Ich hatte nie glauben können, daß
    sie für immer weg wäre. Ich hatte von ihren
    Schwierigkeiten in London gehört und wußte, wie sie auf
    Streß reagierte. Wie alle Heimkehrer von der Krim war
    ich ohne es zu wollen zum Experten auf diesem Gebiet
    geworden …
    LANDEN PARKE-LAINE
    - Memoiren eines Krimveteranen
    »Ich habe Mr. Parke-Laine ausgerichtet, daß Sie hämorrhagisches
    Fieber haben, aber er wollte mir nicht glauben«, sagte Liz an der
    Rezeption des Finis-Hotels. »Grippe wäre vielleicht glaubwürdiger
    gewesen.« Liz zeigte keine Reue. »Er hat Ihnen das hier geschickt.«
    Sie schob einen Umschlag über den Tresen. Am liebsten hätte ich ihn
    einfach in den Müll geworfen, doch mich quälten leise
    Gewissensbisse, weil ich Landen am Abend zuvor so kühl hatte
    abblitzen lassen. Der Umschlag enthielt eine Platzkarte für Richard
    III. , der jeden Freitagabend im Ritz-Theater gegeben wurde. In
    unserer gemeinsamen Zeit waren wir fast jede Woche hingegangen.
    Es war ein toller Abend, der durch das Publikum noch gewann.
    »Wann sind Sie das letzte Mal mit ihm ausgegangen?« fragte Liz,
    die spürte, daß ich mich nicht entscheiden konnte. Ich blickte auf.
    »Vor zehn Jahren.«
    » Vor zehn Jahren? Meine Güte! Die meisten meiner Ex-Freunde
    könnten sich gar nicht soweit zurückerinnern.«
    Ich starrte auf die Eintrittskarte. Die Vorstellung begann in einer
    Stunde.

    - 193 -
    »Sind Sie deswegen aus Swindon weggezogen?« fragte Liz, die
    Hilfsbereitschaft in Person.
    Ich nickte.
    »Und Sie haben noch heute immer ein Foto von ihm bei sich?«
    Wieder nickte ich.
    »Verstehe«, sagte Liz nachdenklich. »Dann gehen Sie sich jetzt
    umziehen, und ich rufe Ihnen ein Taxi.«
    Ein guter Rat, und so trottete ich auf mein Zimmer, stieg rasch unter
    die Dusche und probierte dann meine gesamte Garderobe an. Ich
    steckte mein Haar hoch, ließ es herunter, steckte es wieder hoch,
    befand Hosen halblaut als »zu knabenhaft« und schlüpfte in ein Kleid.
    Ich wählte ein Paar Ohrringe, das ich von Landen geschenkt
    bekommen hatte, und verschloß meine Automatik im Zimmersafe. Es
    blieb gerade noch genügend Zeit, ein wenig Eyeliner aufzutragen,
    bevor ich von einem Ex-Marine, der an der Rückeroberung von
    Balaklawa ’61 beteiligt gewesen war, mit einem Taxi durch die
    Straßen Swindons kutschiert wurde. Natürlich redeten wir über die
    Krim. Er wußte auch nicht, wo Colonel Phelps auftreten würde,
    versprach jedoch, sich danach zu erkundigen und »ihm gehörig die
    Meinung zu stoßen«.

    Das Ritz machte einen ziemlich schäbigen Eindruck. Ich bezweifelte,
    daß es seit unserem letzten Besuch überhaupt gestrichen worden war.
    Die goldfarbenen Stukkaturen rings um die Bühne waren verstaubt,
    der Vorhang stockfleckig von dem Regenwasser, das durchs Dach
    sickerte. Seit über fünfzehn Jahren war hier außer Richard III. kein
    anderes Stück mehr zur Aufführung gelangt, und das Theater selbst
    verfügte über kein nennenswertes Ensemble, nur Bühnenarbeiter und
    eine Souffleuse. Sämtliche Schauspieler rekrutierten sich aus dem
    Publikum, das den Richard auswendig konnte. Die Besetzung der
    Rollen erfolgte normalerweise eine halbe Stunde, ehe der Vorgang
    hochging.
    Hin und wieder absolvierten Berufs-Schauspieler einen Gastauftritt,
    wenn auch stets ohne Vorankündigung. Wenn sie am späten

    - 194 -
    Freitagabend nichts zu tun hatten, zum Beispiel nach der Vorstellung
    an einem von Swindons anderen drei Theatern, kamen sie einfach
    vorbei und wurden vom Direktor als besondere Attraktion auf die
    Bühne gebeten. Vergangene Woche erst hatte ein Swindoner

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