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01_Der Fall Jane Eyre

01_Der Fall Jane Eyre

Titel: 01_Der Fall Jane Eyre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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Sie’s genau wissen wollen, Sie sind
    Vorspeise, Hauptgang und Dessert!«
    Die Tür des Biologielabors fiel krachend ins Schloß, und ich sah auf
    meine Waffe; ich hätte genausogut mit einer Wasserpistole um mich
    schießen können.
    Ich stand auf und wich vor Frampton zurück, der von neuem auf
    mich zuzuschweben schien. Ich schoß, doch diesmal war Frampton
    darauf vorbereitet; er zuckte kurz zusammen, weiter nichts.
    »Aber das Kruzifix …!« brüllte ich und drückte mich an die Wand.
    »Und die Schule – sie ist eine Kirche!«
    »Sie kleine Närrin!« erwiderte Frampton. »Dachten Sie wirklich,
    das Christentum hätte ein Monopol auf Leute wie mich?«
    Ich sah mich verzweifelt nach einer Waffe um, fand jedoch nur
    einen Stuhl – der in immer weitere Ferne zu rücken schien, je länger
    ich mich nach ihm streckte.
    »Gleif ift ef vorbei.« Frampton grinste. Ihm war ein unglaublich
    langer, einzelner Vorderzahn gewachsen, der ihm bis über die
    Unterlippe reichte und ihn zum Lispeln zwang. »Gleif dürfen Fie mit
    Fpike ein Häppchen effen. Aber erft, wenn iff mit Ihnen fertif bin!«
    Er lächelte und riß sein Maul noch weiter auf, bis es beinahe den
    ganzen Raum zu verschlingen schien. Plötzlich hielt Frampton inne,
    blickte verwirrt drein und drehte die Augen auf Null. Er wurde erst
    grau, dann schwarz und schien schließlich zu zerfallen wie ein Stück
    verbranntes Papier. Der muffige Geruch von Verwesung verdrängte
    das Formaldehyd, und bald blieb nichts zurück als Spike, der noch

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    immer den angespitzten Pflock in Händen hielt, mit dem er den
    abscheulichen Frampton zerstört hatte.
    »Fehlt Ihnen was?« fragte er mit triumphierender Miene.
    »Nein, alles bestens«, antwortete ich mit zittriger Stimme. »Ja, doch,
    es geht mir gut. Noch.«
    Er ließ den Pflock sinken und holte mir einen Stuhl, während
    flackernd das Licht wieder anging.
    »Danke«, murmelte ich. »Mein Blut gehört mir, und so soll es auch
    bleiben. Ich glaube, ich stehe in Ihrer Schuld.«
    »Unsinn, Thursday. Ich stehe in Ihrer Schuld. Es hat noch nie
    jemand auf einen Funkspruch von mir reagiert. Die Symptome setzten
    ein, als ich das Beißerchen hier aufgespürt hatte. Ich kam nicht mehr
    rechtzeitig an meinen Injektor ran …«
    Er verstummte und starrte traurig auf die Scherben und das
    vergossene Formaldehyd.
    »Ihrem Bericht wird kein Mensch glauben«, murmelte ich.
    »Kein Mensch liest meine Berichte, Thursday. Der letzte, der es
    versucht hat, ist heute in Therapie. Und so werden Sie einfach
    abgelegt und vergessen. Genau wie ich. Das Leben ist manchmal sehr
    einsam.«
    Ich nahm ihn in den Arm. Ich konnte gar nicht anders. Dankbar
    erwiderte er die Geste; er hatte offenbar schon lange keinen Menschen
    mehr berührt. Er verströmte einen muffigen, doch keineswegs
    unangenehmen Geruch – wie feuchte Erde nach einem leichten
    Frühlingsregen. Er war muskulös und mindestens dreißig Zentimeter
    größer als ich, und als wir uns so umarmten, schoß mir mit einmal der
    Gedanke durch den Kopf, daß ich eigentlich gar nichts dagegen hätte,
    wenn er einen Annäherungsversuch unternähme. Vielleicht lag es an
    dem Erlebnis, das wir gerade gehabt hatten; ich weiß es nicht –
    normalerweise tue ich so etwas nicht. Ich ließ meine Hand seinen
    Rücken hinaufgleiten und umfaßte seinen Nacken, aber ich hatte ihn
    und die Situation falsch eingeschätzt. Er löste sich vorsichtig von mir
    und schüttelte lächelnd den Kopf. Der Augenblick war vorbei.

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    Ich zögerte einen Moment und schob dann meine Automatik ins
    Holster. »Was war denn mit diesem Frampton?«
    »Er war gut«, gestand Spike, »verdammt gut sogar. Er hat nicht in
    seinem eigenen Revier gewildert und wurde auch nie gierig; gerade
    genug, um seinen Durst zu löschen.«
    Wir verließen das Labor und traten auf den Gang.
    »Und wie sind Sie ihm auf die Spur gekommen?« fragte ich.
    »Reiner Zufall. Er stand an der Ampel hinter mir. Ich habe in den
    Rückspiegel geschaut – ein leerer Wagen. Ich fuhr ihm nach und zack ;
    als er den Mund aufmachte, wußte ich gleich, daß er ein Vampir ist.
    Wenn meine Krankheit nicht wäre, hätte ich ihn sofort zerstört.«
    Bei seinem Streifenwagen blieben wir stehen.
    »Und was ist mit Ihnen? Besteht Aussicht auf Heilung?«
    »Top-Virologen arbeiten daran, aber vorerst bleibt mir nur, den
    Injektor stets griffbereit zu haben und die Sonne tunlichst zu meiden.«
    Er holte seine Automatik hervor und zog den Schlitten

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