01 - Der Geist, der mich liebte
widmete mich wieder dem Essen, bis Adrian mich aus meinen Grübeleien über Hexen- und Spukhäuser riss.
»Darf ich Sie etwas fragen, Sam? Etwas Persönliches?«
Ich sah auf. War er plötzlich blasser als zuvor oder lag das am Licht? »Raus damit!«
»Wartet in Minneapolis jemand auf Sie?«
Meldete sich der Frosch gerade an, zum Prinzen geküsst zu werden? »Abgesehen von meiner Mom und meinen Freunden? Nein. Niemand.«
»Das ist gut.«
Plötzlich fühlte ich mich nicht mehr ganz so behaglich. War ich überhaupt bereit für den Traumprinzen? Da wurde
mir bewusst, dass ich die falsche Frage stellte. Es müsste wohl eher lauten: War ich bereit, meinen Traumprinzen in einem Kaff am Ende der Welt zu finden - weit weg von Boston und Minneapolis? Ich wusste nicht recht, wie ich reagieren sollte. Verlegen senkte ich den Blick. Da sah ich, wie sich Adrians Finger um seine Gabel krampften. So hart, dass seine Knöchel weiß hervortraten. Als ich den Kopf hob und ihn anblickte, standen feine Schweißperlen auf seiner Stirn. Er war plötzlich aschfahl. »Adrian? Ist alles in Ordnung?« »Ist sicher gleich vorbei.«
So wie er die Worte zwischen zusammengebissenen Zähnen herauswürgte, klang das für mich nicht, als wäre es - was auch immer es war - gleich vorüber. »Sie sehen wirklich nicht gut aus. Soll ich einen Arzt rufen?«
Er schüttelte den Kopf. »Das ist nur ein Migräneanfall. Ich habe schon den ganzen Tag Kopfschmerzen. Ich wollte nicht, dass Sie das mitbekommen. Das sollte Ihnen nicht das Essen verderben.«
»Soll das heißen, Sie quälen sich hier schon die ganze Zeit ab, während ich Sie mit sinnlosen Fragen über ... Sie hätten zu Hause bleiben sollen, wenn es Ihnen nicht gut geht!«
»Und dabei riskieren, dass Sie Ihren Wagen inzwischen selbst abholen und ich damit auf ein Essen mit Ihnen verzichten muss?«, konterte er entrüstet.
»Ich wäre auch so mit Ihnen essen gegangen, wenn Sie mich noch einmal gefragt hätten.«
»Wirklich?« Für einen Moment entspannten sich seine
Züge, ehe er unter einer erneuten Schmerzattacke die Augen zusammenkniff.
»Ja, wirklich. Und jetzt lassen Sie uns gehen.« Trotz seines Protestes zog ich ein paar zerknüllte Geldscheine aus meiner Hosentasche und legte sie auf den Tisch. Dann stand ich auf. »Kommen Sie!«
Tatsächlich packte er seine Baseballmütze und folgte mir wenn auch ein wenig widerwillig zur Tür. »So hatte ich mir das nicht vorgestellt«, grollte er, als wir auf die Straße traten, und setzte seine Mütze auf.
Ich musterte ihn eingehend. Er war noch immer bleich und kniff die Augen zusammen. Ich selbst hatte das Glück, nur selten Kopfschmerzen zu bekommen, und dann nie sonderlich stark. Von Sue wusste ich jedoch, dass das Licht grauenvoll in den Augen schmerzen konnte.
»Wollen Sie wirklich nicht zum Arzt?«, fragte ich, während wir zu unseren Autos gingen.
»Auf keinen Fall! Wie sieht das denn aus, wenn ich beim ersten Date gleich ...« Mein giftiger Blick - eine Mischung aus: »Spiel nicht den Helden« und »Das ist kein Date« -ließ ihn verstummen. Dann schüttelte er den Kopf. »Das Beste wird sein, ich fahre einfach nach Hause und lege mich hin, bis es vorbei ist.«
So wie er aussah, machte ich mir Sorgen, dass er gar nicht bis zu seinem Haus kommen würde. »Ich fahre Sie lieber.«
»Danke, Sam, aber das ist nicht nötig. Ich schaff das schon.«
»Sind Sie sicher?«
Irgendwie brachte er trotz der Schmerzen sein strahlendes Lächeln zustande. »Ich habe diese Art von Kopfschmerzen von Zeit zu Zeit. Ich spreche aus Erfahrung, wenn ich Ihnen sage, dass ich weder umfallen noch mit dem Wagen gegen einen Baum fahren werde.« Plötzlich griff er nach meiner Hand. »Keine Angst, Sam. Mir passiert nichts.«
Ich starrte auf seine Hand, die sich nun sanft um meine schloss. »Versprechen Sie mir, dass Sie vorsichtig fahren!«, verlangte ich, als wir bei seinem Jeep ankamen.
Er gab meine Hand frei und hob drei Finger in die Luft. » Pfadfinderehrenwort!«
Damit gab ich mich zufrieden. Ich konnte ihn ja auch schlecht zwingen, sich von mir erst zum Arzt und dann nach Hause bringen zu lassen.
Adrian öffnete die Autotür, stieg aber nicht sofort ein. »Wenn Sie in den nächsten Tagen nichts von mir hören, hat das nichts damit zu tun, dass mir etwas passiert ist. Ich muss nur für ein paar Tage verreisen. Sie brauchen also nicht die Nationalgarde zu alarmieren.« Er seufzte. »Ich muss morgen Früh los, einen Kunden in San Francisco
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