01 - Der Geist, der mich liebte
besuchen. Wenn ich wieder zurück bin, darf ich Sie dann anrufen?«
»Wenn Sie meine Nummer herausfinden.«
Er stieg in den Wagen und ließ den Motor an. »Fiona Mitchell steht im Telefonbuch.« Grinsend zog er die Tür zu und fuhr los.
Wie schon gestern vor meinem Haus sah ich dem Jeep nach, bis er außer Sicht verschwand. Zu meiner Erleichterung fuhr er weder Schlangenlinien noch sah sein Fahrstil sonst irgendwie merkwürdig aus. Vermutlich hatte Adrian Recht und ich brauchte mir tatsächlich keine Sorgen um ihn zu machen.
Nach dem etwas abrupten Ende unseres Mittagessens beschloss ich, Tess einen Besuch abzustatten. Die Geschichte der Hexen hatte mich neugierig gemacht. Wenn jemand etwas darüber wusste, dann sie!
Da ich kaum etwas von meiner Lasagne gegessen hatte, machte ich einen Abstecher ins Diner und orderte zwei Cheeseburger und zwei Colas. Beides zum Mitnehmen. Bewaffnet mit dem Essen ging ich zur Bibliothek. Tess saß hinter dem Tresen und las. Sie war ähnlich schrill gestylt wie gestern. Lediglich die knalligen Farben ihres Make-ups und der Klamotten waren andere.
»Entschuldigung, Miss! Ich suche etwas über das Leben in Kleinstädten.«
»Sam!« Tess klappte ihr Buch zu und legte es zur Seite.
Ich hielt die Tüte mit den Cheeseburgern in die Höhe. »Hunger?«
»Und wie!« Sie umrundete den Tresen und sperrte die Bibliothek ab.
»Du nimmst es nicht allzu genau mit den Öffnungszeiten, oder?«
»Es sind Ferien. Da kommen ohnehin nur Streber und Rentner. Die haben am nächsten Tag auch noch Zeit, sich ihre Bücher zu holen«, grinste Tess und deutete zu einem der Lesetische. »Setz dich. Wie war dein erster Renovierungstag?«
Ich ließ mich in einen der bequemen Stühle fallen »Nicht ganz so effektiv, wie ich mir das vorgestellt hatte« seufzte ich und öffnete die braune Papiertüte, die Rose mir gegeben hatte. Tess setzte sich mir gegenüber. Ich fischte die Burger heraus. Einen legte ich vor mir auf den Tisch, den anderen reichte ich ihr.
Tess wickelte ihren Burger aus und legte das Papier darunter. Dann griff sie nach der Cola. »Wie kommst du überhaupt hierher? Sollte ich dich nicht heute Abend abholen, damit wir deinen Käfer wieder fahrtauglich machen können?«
»Ursprünglich schon. Aber Adrian war schneller.«
Tess verschluckte sich fast an ihrer Cola. »Er war was?«
Ich erzählte ihr, wie Adrian plötzlich mit dem Kanister vor meiner Tür gestanden hatte und wie wir danach beim Italiener gelandet waren. »Und jetzt liegt er vermutlich mit einem kalten Tuch auf der Stirn in einem dunklen Zimmer und erholt sich von den Strapazen unseres Essens«, schloss ich meinen Bericht.
»Du bist gerade mal den zweiten Tag hier und hast schon den begehrtesten Junggesellen von ganz Cedars Creek an der Angel!«, platzte Tess raus. »Eine reife Leistung!«
»An der Angel?« Ich schüttelte den Kopf. »Wohl kaum. Wir waren essen, Tess. Mittagessen. Er hat mir keinen Antrag gemacht.«
Tess zuckte ungerührt die Schultern. »In den paar Monaten, die er hier ist, hab ich nicht gesehen, dass er mit einer Frau ausgegangen wäre — nicht mal mittags.«
Ich wollte nicht länger über Adrian sprechen. Schon gar
nicht über eine Zukunft, von der ich noch nicht einmal wusste, ob es sie überhaupt geben würde. Ob und wie sich die Dinge zwischen uns entwickelten, würde sich zeigen, wenn er aus San Francisco zurück war. Vorher wollte ich mich nicht in irgendwelchen Spekulationen verlieren. Zugegeben, seine Hartnäckigkeit schmeichelte mir. Trotzdem gehöre ich nicht zu den Frauen, die schmachtend neben dem Telefon sitzen und darauf warten, dass ihr Auserwählter endlich anruft.
Auch wenn Adrian jetzt nicht länger Gesprächsthema sein sollte, dann doch wenigstens etwas, was mit ihm in Zusammenhang stand. »Sag mal, Tess, was weißt du eigentlich über das Crowley-Haus?«
Tess, die gerade herzhaft in ihren Burger gebissen hatte, sah mich an. »Hat er dir Gruselgeschichten erzählt?«
»Nein, im Gegenteil. Ich war gestern auf dem Friedhof und habe dort jemanden getroffen, der meinte, das Haus auf dem Hügel sei unheimlich. Adrian hielt es für Blödsinn. Allerdings wusste er auch nichts Genaueres darüber zu sagen, außer dass es wohl etwas mit ein paar Hexen zu tun hat.«
»Also erst mal«, Tess zupfte eine Zwiebelscheibe aus ihrem Burger und warf sie auf das Papier, »ist es nicht das Crowley-, sondern das Baker-Haus. Das mit den Hexen stimmt. Die Geschichte ist wirklich spannend. Und
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