01 - Ekstase der Liebe
für
viele große Bälle zu erschleichen. Prudence hat nicht genug Rückgrat, um
darüber hinwegzusehen, nicht dass ich ihr das verübeln kann. Ich hatte mit
deinem Vater ausgesprochen viel Glück; ich hatte nie mit solchen Dingen zu
kämpfen.«
»Du
meinst doch nicht, dass auch Papa ...«
»Ich
glaube nicht«, erwiderte Adelaide. Sie seufzte. »Nein, ich bin mir ziemlich
sicher, dass er mich nicht betrogen hat. Aber wenn er es nicht getan hat,
Liebling, dann ist er einer von vielleicht fünf Männern in der Londoner
Gesellschaft, die nicht ab und zu mit einer anderen Dame als ihrer Frau
schlafen. Das Wichtige daran ist, dass diese Männer ihre Frauen wirklich gern
haben. Was den Geschlechtsakt betrifft, sind Männer etwas ... flexibler als
Frauen.«
»Das
will mir nicht gefallen, Mama«, meinte Charlotte mit gerunzelter Stirn.
Adelaide
musste lächeln. Äußerlich war Charlotte ganz ihre Tochter, aber manchmal war
sie Marcel so ähnlich, dass ihr das Herz aufging. Genau so würde Marcel
verkünden, dass er eine gesellschaftliche Ungehörigkeit nicht billigte.
»Keiner
Frau gefällt das«, erwiderte sie einfach. »Nun ja, das ist nicht wahr. Es gibt
auch Frauen in der Londoner Gesellschaft, die gelegentlich ...«
Charlottes
bekam wieder große Augen. »Wer?« Das war genau die Art von Klatsch, die sofort
versiegte, sobald sie sich zu einer Gruppe von Witwen setzte. Als
unverheiratetes Mädchen war sie in ihren Augen viel zu unschuldig, um solche
Dinge zu erfahren.
»Darum
geht es nicht«, antwortete Adelaide mit dem Anflug eines Lächelns auf den
Lippen. »Es geht darum, dass Alexander eure kurze Begegnung in dem Garten
vergessen haben mag, er dir jetzt aber nachdrücklich den Hof macht und du ihn
vielleicht heiraten solltest ...« Sie verstummte und runzelte die Stirn. »Aber
das habe ich ja vergessen! Ich habe gar nicht mehr an sein ... Problem gedacht.«
Charlotte
wartete geduldig, bis sie den Eindruck hatte, als würde ihre Mutter das Thema
nicht weiter verfolgen wollen. »Es erscheint mir ziemlich grässlich, einen Mann
zu heiraten, bei dem ich weiß, dass er mir untreu sein wird«, stellte
sie schließlich fest. »Sicherlich hat Sissys Mutter nicht geahnt, dass ihr Mann
einmal eine Freundschaft mit der Witwe eines Majors unterhalten würde.«
Adelaide
versuchte Ordnung in ihre wirren Gedanken zu bringen. »Wenn er... wenn er
unfähig ist, dann würde er keine solche Verbindung knüpfen. Obwohl sein Zustand
ihn auch nicht gerade als guten Ehemann empfiehlt«, fügte sie hinzu, als sie
sich an Marcels unnachgiebige Einwände erinnerte.
Charlotte
biss sich auf die Lippe. Sie war vollkommen verwirrt. »Welcher Zustand,
Mama?«
Adelaide
atmete tief durch. »Dein Vater sagt ...« Sie brach ab. Dann sprach sie hastig
weiter. »Impotenz heißt, dass ein Mann ... dass das Glied eines Mannes eher
weich als steif wird. So ein Mann darf nicht heiraten, Charlotte, weil er und
seine Frau keine Kinder haben würden. Verstehst du?«
Charlotte
nickte. Sie hatte eine ziemlich genaue Vorstellung davon, wie der
Geschlechtsakt vor sich ging, weniger durch jene Nacht im Garten als dadurch,
dass sie vor einem Jahr zufällig beobachtet hatte, wie zwei Pferde sich
paarten.
»Es ist
nicht richtig«, fügte Adelaide hinzu. »Es ist nicht richtig, dass Alexander dir
mit dieser Beeinträchtigung den Hof macht.«
»Er ist
ziemlich, äh, steif, Mama«, erklärte Charlotte schwach. »Ich meine, ich habe es
bemerkt, weil er mich geküsst hat, und ...«
Adelaide
unterbrach sie, wobei sie ihrem Blick auswich. »Die Sache ist die, Liebling,
dass ein Mann offensichtlich bis zur letzten Minute fähig sein kann, oder etwas
in der Art«, sagte sie hastig. »Ich kann nicht sagen, dass ich es bis ins
Letzte verstehe, aber ein impotenter Ehemann kann keine Kinder zeugen.«
»Aber -
er hat ein Kind«, erwiderte Charlotte verwundert. »Pippa sieht genauso aus wie
er.«
Adelaide
stöhnte leise. Genau dieses Thema hätte sie lieber vermieden.
»Das
Kind ist möglicherweise nicht, nun, sie mag ja sein Kind sein, aber nicht das
seiner Frau, wenn du verstehst, was ich meine.«
»Unsinn,
Mama. Er hat mir erzählt, dass Pippa so verstört ist, weil sie mit einer Reihe
von Kindermädchen allein gelassen wurde, als ihre Mutter im Sterben lag. Er hat
die Wahrheit gesagt.«
»Ich
weiß nicht, Liebling. Ich verstehe die Sache mit dem Kind nicht und dein Vater
auch nicht. Aber Tatsache ist, dass seine Frau die Ehe wegen Impotenz
annulliert hat und
Weitere Kostenlose Bücher