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01 - Gnadenlos

01 - Gnadenlos

Titel: 01 - Gnadenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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war nicht mehr intakt. Am meisten fürchtete er innere Blutungen. War sein Körper in der Lage, sich selbst zu heilen? Das sollte er eigentlich, und unter halbwegs normalen Umständen würde er das auch leicht schaffen, aber Robin wußte, daß seine körperliche Verfassung miserabel war, sein Rükken immer noch verletzt, und nun auch noch seine Rippen. Schmerz war sein ständiger Begleiter, und der Schmerz würde es ihm schwerer machen, sich den Fragen zu widersetzen, also mußte er seine Religion gegen die Widerstandspflicht abwägen. Es war alles nicht mehr so klar. Eine Linderung der Schmerzen würde die Heilung erleichtern und ihm eher die Erfüllung seiner Pflicht ermöglichen. Wie sollte er sich richtig verhalten? Eine an sich leichte Frage war nun schwer zu beantworten, und seine Augen hefteten sich auf die Feldflasche. Dort war Erleichterung. Nicht viel, aber immerhin ein bißchen, und etwas Erleichterung brauchte er, wenn er
    sich weiter in der Gewalt haben wollte.
    Grischanow schraubte den Verschluß auf. »Fährst du Ski, Robin?«
    Zacharias war von dieser Frage überrascht. »Ja, ich hab's als Kind gelernt.«
    »Langlauf?«
    Der Amerikaner schüttelte den Kopf. »Nein, Abfahrt.« »Der Schnee in den Wasatch Mountains, ist er gut zum Skilaufen?«
    Robin lächelte bei der Erinnerung. »Sehr gut, Kolja. Es ist trockener Schnee. Pulvrig, fast wie ganz feiner Sand.«
    »Ah, der beste von allen. Hier.« Er reichte ihm die Flasche. Nur dieses eine Mal, dachte Zacharias, Bloß gegen den Schmerz. Er nahm einen Schluck. Ich dränge den Schmerz ein wenig zurück, gerade so viel, daß ich mich zusammenreißen kann. Grischanow sah zu, wie sich Zacharias' Augen mit Tränen füllten, und hoffte, der Mann würde nicht husten müssen und sich dadurch noch mehr Schmerzen zufügen. Es war guter Wodka, aus dem Lagerbestand der Botschaft in Hanoi, das einzige, was sein Land immer reichlich lieferte, und das einzige, wovon die Botschaft immer genügend auf Lager hatte. Erstklassiger Papierwodka, Koljas Lieblingssorte, die wurde tatsächlich mit altem Papier abgeschmeckt, etwas, das der Amerikaner wahrscheinlich gar nicht bemerkte - und etwas, was, um der Wahrheit die Ehre zu geben, auch ihm nach dem dritten oder vierten Gläschen entging.
    »Bist du ein guter Skifahrer, Robin?«
    Zacharias spürte die Wärme im Bauch, die sich ausbreitete und seinem Körper Entspannung brachte. Durch diese Gelöstheit verringerte sich der Schmerz, und der Colonel fühlte sich ein wenig stärker, und wenn der Russe übers Skifahren sprechen wollte, nun, das konnte nicht viel schaden, oder?
    »Ich fahre die schwierigsten Pisten«, sagte Robin mit Genugtuung. »Ich habe als Kind schon angefangen. Ich glaube, ich war fünf, als mein Vater mich das erste Mal mitnahm.«
    »Dein Vater - auch ein Pilot?«
    Der Amerikaner schüttelte den Kopf. »Nein, Anwalt.« »Mein Vater ist Gerichtsprofessor an der staatlichen Universität Moskau. Wir haben eine Datscha, und im Winter bin ich, als ich noch klein war, mit den Langlaufskiern in die Wälder. Ich liebe die Stille. Das einzige, was du hörst, ist das - wie heißt das, Schwirren?... das Schwirren der Skier im Schnee. Nichts sonst. Wie ein Tuch über der Erde, kein Geräusch, nur Stille.«
    »Wenn du früh aufsteigst, kann es im Gebirge auch so sein. Am besten an einem Tag direkt nach dem Schneefall, wenn kaum Wind geht.«
    Kolja lächelte. »Das ist wie Fliegen, nicht? Fliegen in einem einsitzigen Flugzeug an einem schönen Tag mit ein paar weißen Wolken.« Er beugte sich mit Kennermiene vor.
    »Sag mir, schaltest du manchmal den Funk für ein paar Minuten ab, bloß um allein zu sein?«
    »Ist das bei euch erlaubt?« fragte Zacharias.
    Grischanow lachte auf und schüttelte den Kopf. »Nein, aber ich mache es trotzdem.«
    »Schön für dich«, sagte Robin und lächelte in sich hinein, während er daran dachte, was das für ein Gefühl war. Er erinnerte sich an einen bestimmten Nachmittag im Februar 1964, als er vom Luftwaffenstützpunkt Mountain Home aus einen Flug absolviert hatte.«
    »So muß sich Gott fühlen, meinst du nicht? Ganz allein. Den Lärm der Triebwerke kannst du ausblenden. Ich bemerke ihn nach wenigen Minuten gar nicht mehr. Ist es bei dir auch so?«
    »Ja, wenn der Helm richtig sitzt.«
    »Das ist der wahre Grund, warum ich fliege«, log Grischanow. »Der andere Quatsch, der Papierkram, die mechanischen Arbeiten und die Lehrstunden sind der Preis

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