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01 Jesses Maria: Kulturschock

01 Jesses Maria: Kulturschock

Titel: 01 Jesses Maria: Kulturschock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Berling
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kochen.“ Na, der hatte Nerven. Wenn ich nicht jeden Tag vernünftiges Essen auf den Tisch gebracht hätte, wovon hätte er sich ernährt? Richtig, von Mettwurstbrot, Currywurst und Bier. Und das bei seinen Cholesterinwerten, die er ständig ignorierte. Wenn ich Manni nicht um zehn daran erinnert hätte, dass um sechs die Nacht vorbei war, er hätte bis Mitternacht vor der Glotze gelegen und wäre auf dem Sofa eingeschlafen. Gift für seinen Rücken wäre das gewesen, er hat’s jahrelang mit dem Rücken gehabt. Und wer hätte sich sein Gejammer anhören und ihn einreiben müssen?
    Am Wochenende war alles anders. Dann brachte Manni den Müll raus, die Kinder machten ihre Betten selbst und ich hatte Zeit, um richtig zu kochen. Vorsuppe, Fleisch, Gemüse, Kartoffeln, Sauce, Salat, Nachtisch.Als die Kinder größer wurden, gingen wir sonntags zum Italiener oder zum Chinesen. Immer abwechselnd. Die letzten Jahre hatte ich sonntags kochfrei. Samstags hatten wir Besuch. Nachbarn oder Kollegen, Freunde und Verwandte. Ich hab darauf geachtet, dass wir nie mehr als acht Leute waren und dass alle zusammenpassten.
    „Sage mir, mit wem du umgehst und ich sage dir, wer du bist“, hat meine Mutter immer gesagt. Ich hab was aus „Meine Familie und ich“ nachgekocht. Und den Tisch schön gedeckt. Und mich in Schale geworfen. Man will sich ja nichts nachsagen lassen.
    Wenn ich Manni nicht seine gute Hose rausgelegt hätte, der wäre auch vor dem Besuch in seinem Glanz-Trainingsanzug herumgelaufen. Überhaupt hab ich erst dafür gesorgt, dass er vernünftig aussah. Als ich ihn kennen lernte, war er geradezu peinlich angezogen. Ich habe von Anfang an seine Garderobe eingekauft. Und zum Friseur hab ich ihn geschickt. Die Vokuhila-Frisur war in seinem Alter wirklich nicht mehr schön. Tja, und dann hat Manni das Rauchen aufgehört. Meine Oma fragte mich damals: „Was hast du eigentlich an ihm geliebt, als du ihn kennen gelernt hast?“ Ich wusste gar nicht, was sie meint. „Wenn du ihn erst von vorn bis hinten umkrempeln musstest, kannst du ihn ja so, wie er war, nicht geliebt haben!“ Ich hab’s ja nur gut gemeint. Es war doch
für
ihn, was ich getan habe, und nicht gegen ihn.
    Er hat ja auch zuviel getrunken. Unter Woche am Abend vier Bier und am Wochenende schon mal vierzehn. „Denk an dein Cholesterin!“ hab ich immer wieder gesagt. „Denk ich dran, Schätzelein“, hat er gesagt und mir zugeprostet.
    Nie wieder wird er eine finden, die es so gut mit ihm meint. Aber er wollte es ja nicht wahrhaben. Eines Tages war er einfach weg und es lag dieser Brief auf dem Küchentisch. Manni hatte geschrieben: „Wenn Du mal gestorben bist, lasse ich auf Deinen Grabstein schreiben:
    Sie hat nicht gelebt.
    Sie hat nicht geliebt.
    Sie hat nicht genossen.
    Sie hat sich niemals gehen lassen.
    Aber es war immer alles sauber“.

Die Ehebrecherin
    Gaby Schickentanz hat ein Verhältnis. Als Frau Schweiger es beim Turnen erzählte, bin ich fast in Ohnmacht gefallen. Gaby. Ausgerechnet. Wer nimmt die denn? Ich wollte es nicht glauben, aber Frau Schweiger ist mit Gabys Schwägerin Ina befreundet und die muss es wissen. Ina ist Gabys beste Freundin und engste Vertraute.
    Dass Gaby und ich enge Freundinnen waren, ist lange vorbei. Seit ich geschieden bin. Genau genommen, seit sie wusste, dass bei Manni und mir was im Busch war. Zuerst hat sie nicht mehr Bescheid gesagt, wenn sie bei Schickentanz im Garten gegrillt haben. Dann wurde ich nicht mehr zu den Geburtstagen eingeladen.
    „Och. Du. Wir feiern eigentlich gar nicht“, hieß es, wenn ich zum gratulieren angerufen habe, und dass nur die Verwandtschaft zum Kaffee käme. An meinem Geburtstag war Gaby auch nicht da, hatte irgendeine Ausrede. Und später rief sie nicht mal mehr an.
    Sie wird geglaubt haben, dass ich mit jedem ins Bett wollte, der nicht bei drei auf dem Baum war. Getrennte und Geschiedene haben immer diesen Ruf, dass sie nur das Eine wollen.
    Ihren Dirki hätte ich sowieso nicht rangelassen. Aber sie wird schon wissen, warum sie ihn so penibel bewacht. Ich weiß es ja auch. Weil Gaby ihn nämlich schon jahrelang nicht mehr rangelassen hat. Das war das wahre Problem. Und deswegen dachte sie, dass er auf jede scharf wäre, die in seine Nähe kam.
    Dabei ist Dirki wirklich ein harmloser Mensch. Der hat beim Schützenfest nicht mal mit mir Brüderschaft getrunken. Der liebte nur seine Gaby. Oder er hat sich nicht getraut, mal nach einer Anderen zu gucken, weil er sich selbst nicht

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