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01 - Nacht der Verzückung

01 - Nacht der Verzückung

Titel: 01 - Nacht der Verzückung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Balogh
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in seine. »Manchmal ist es einfacher, Fehler zu
finden und Schuld zuzuweisen sogar sich selbst -, als die Tatsache zu
akzeptieren, dass Krieg einfach sinnlos ist. Es war Krieg. Das ist alles.«
    Und
trotzdem fühlte auch sie sich schuldig, das war in der vorletzten Nacht
offensichtlich geworden. Sie beschuldigte sich der Feigheit, nicht für ihre
Tugend gekämpft zu haben, nicht lieber mit den französischen Soldaten gestorben
zu sein, als sich zu unterwerfen. Und er konnte den Krieg nicht als Absolution
für seine eigene Schuld nehmen.
    Er
hatte geglaubt, dass seine Wunden verheilt wären. Sie sah aus, als habe sie
keine davongetragen. Aber vielleicht waren sie in Wirklichkeit zwei Verwundete,
die gemeinsam Verzeihung und Frieden und Heilung finden mussten.
    Aber
dazu durfte es zwischen ihnen keine Geheimnisse geben. Dennoch konnte er nicht
ertragen zu wissen ...
    Er
senkte den Kopf und berührte ihre Lippen mit seinen. Sie waren weich und warm
und empfänglich. Und als er den Kopf hob, um ihr in die Augen zu sehen, waren
sie erfüllt von Verlangen. Er küsste sie erneut, so zart wie zuvor, bis er
spürte, wie sich ihre Lippen gegen seine pressten genauso war es in ihrer
Hochzeitsnacht gewesen, als er sie im Zelt unter seine Decke gezogen hatte.
    Ah, Lily.
Er hatte sie vermisst. Auch als er sie für tot hielt, hatte er sie vermisst.
Sein Leben war ohne sie nichtig gewesen. Sie hatte eine Leere zurückgelassen,
die niemand ausgefüllt hatte oder hätte ausfüllen können. Aber sie war wieder
da. Sie war heimgekommen zu ihm. Er legte seine Arme um sie und zog sie an
sich. Er öffnete seine Lippen.
    Und sah
sich mit etwas Wildem kämpfen, das nach ihm kratzte und ihn in Panik von sich
stieß, wobei es katzenartige, gequälte Geräusche von sich gab. Sie wirbelte
fort von ihm durch den Raum und stellte einen Stuhl zwischen sich und ihn. Als
er sie schockiert anstarrte, starrte sie mit vor Schreck geweiteten Augen
zurück. Und dann presste sie die Augen plötzlich fest zusammen und als er anhob
zu sprechen, presste sie die Hände auf die Ohren und gab wieder diese Geräusche
von sich. Ihn ausschließend. Sich selbst einschließend.
    Er
wurde innerlich zu Eis.
    »Lily.«
Er benutzte die Stimme, von der er instinktiv wusste, dass sie sie erkennen und
darauf reagieren würde seine Offiziersstimme. »Lily, du bist in Sicherheit. Bei
meiner Ehre. Du bist sicher.«
    Sie
wurde still und nahm nach einigen Augenblicken die Hände von den Ohren. Sie
öffnete die Augen, sah ihn jedoch nicht an. Ihre Augen waren riesig und leer,
der Schrecken und alles andere waren aus ihnen verschwunden, wie er mit einer
gewissen Bestürzung erkannte.
    »Es tut
mir Leid«, sagte er. »Ich bitte vielmals um Entschuldigung. Ich hatte weder
vor, dich zu verletzen, noch dich zu ängstigen. Ich werde dir nie wieder gegen
deinen Willen zu nahe kommen. Ich schwöre es. Bitte glaube mir.«
    »Ich
habe Angst«, sagte sie und ihre Stimme klang tonlos. »Ich habe solche Angst.«
    »Ich
weiß.« Alle seine offenen Fragen waren eindringlicher beantwortet worden, als
wenn er sie gestellt und sie ihm mit Worten geantwortet hätte. Sie war genauso
verstümmelt wie ein Soldat, der mit fehlenden Gliedmaßen aus dem Krieg
heimgekehrt war - sogar noch mehr. Auch er hatte Angst -eine
Mordsangst, dass er niemals in der Lage sein würde, alles wieder gutzumachen.
Er atmete tief durch und gebrauchte wieder seine Offiziersstimme. »Sieh mich
an, Lily.«
    Sie
gehorchte. Die lebenssprühende Farbe, die sie bei ihrem Ausflug zum Strand
erworben hatte, war aus ihrem Gesicht gewichen. Sie war wieder bleich und
hager.
    »Sieh
gut hin«, sagte er. »Wen siehst du?«
    »Dich«,
sagte sie.
    »Und
wer bin ich?«
    »Major
Lord Newbury.«
    »Vertraust
du mir, Lily?«, fragte er sie.
    Sie
nickte. »Bis in den Tod.«
    Es war
eine Antwort, die ihn zutiefst erschreckte – schon einmal hatte er ihr Vertrauen
enttäuscht, mit entsetzlichem, unkalkulierbarem Ausgang - aber im
Augenblick konnte er es sich nicht leisten, seine eigene Schwäche zu zeigen.
»Ich werde nicht versprechen, dich nie wieder zu küssen«, sagte er, »oder nie
wieder mehr zu tun, als dich zu küssen. Aber ich werde niemals irgendetwas ohne
dein freiwilliges, volles Einverständnis tun. Glaubst du mir?«
    Sie
nickte erneut. »Ja.«
    »Sieh
dich um«, befahl er ihr. »Wo bist du?«
    Sie sah
sich um. »In der Hütte«, sagte sie. »Auf Newbury Abbey.«
    »Und wo
ist das, Lily?«
    »In
England.«
    »Es
gibt keinen Krieg

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