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01 - Neptun kann warten

Titel: 01 - Neptun kann warten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey A. C arver
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Licht, um abgeschossen als Trümmerhaufen zu enden. Feuerströme fegten über die Mondoberfläche, verdampften seine Atmosphäre und verwandelten wahre Wunder der Technik in geschmolzene Schlacke. Die Schritte waren nun verhallt, und alles spielte sich in völliger Stille ab. Bandicut aber stellte sich vor, er könnte die Schreie sterbender Wesen in der Leere des Raums hallen hören.
    Es gab kein Entkommen, auf keinen Fall – außer hinab in den unter dem Eis begrabenen, abgeschirmten Translator, in jenen Ort also, aus dem das Quarx zum ersten Mal aufgetaucht war und vergebens versucht hatte, die Tragödie zu verhindern. Obgleich beschädigt und zur Flucht außerstande, würde der Translator die anstehende Dunkelheit und Kälte möglicherweise überdauern, wenn er nur diesen letzten schrecklichen Ansturm der Gewalt überstünde. Das Quarx glitt nun hinab durch das dunkle Eis, hinein in die Maschine, wo es sich in ein Exil des Schweigens begab, das vielleicht Äonen – oder ewig – währen würde. Bandicut spürte (wenngleich nur schwach) die letzten fürchterlichen Explosionen, die die letzten Lebewesen auf der Oberfläche verdampften und den Mond aus seiner Umlaufbahn schleuderten, hinaus aus seinem Sternensystem in das trübe, einsame Schweigen des interstellaren Raums. Mit diesen letzten Explosionen hatte nicht nur der Krieg ein bitteres Ende gefunden, sondern auch jene, die ihn bis zuletzt ausgefochten hatten.
    Das Quarx glitt in einen zeit- und traumlosen Stasis-Schlaf. Seine letzten Gedanken wurden von Gram getrübt. Wohin es nun unterwegs war, wusste es nicht. Aber es wusste, bis es sein nächstes Ziel erreichte, würde womöglich mehr Zeit verstreichen, als die Lebensspanne seiner Spezies währte. Und während es schlief, reparierte der Translator sich selbst. Würde es je wieder ein anderes Quarx sehen? Alles, was es mit Sicherheit wusste, war, dass sein Leben sich für immer verändert hatte, wieder einmal.
    Bandicuts Flüstern war Teil des verschwommenen Datenstroms. Mein Gott, sind das deine Erinnerungen? Hast du das wirklich erlebt? War das dein Volk, das untergegangen ist?
    Nicht mein Volk, nein. Eine Zeit lang, ja, aber jetzt nicht mehr … diese Zeit ist vorbei …
    - shift -
    Die Bilder des Krieges wirbelten davon, und neue Bilder von Triton ersetzten den Strudel aus Erinnerungen: Triton im Orbit um den kalten tiefblauen Planeten Neptun. Die bei seinem Einfangprozess entstandene Hitze hatte den Mond größtenteils geschmolzen, und das dichtere Material – Gestein und Metall – war zum Mondkern hin abgesunken. Einen Teil dieser Energie aber machte sich der Translator zunutze: Als Triton abkühlte, setzten im Mondinneren Konvektionsströmungen ein, und eine dieser Strömungen beförderte nicht nur Metallreste der außerirdischen Zivilisation, sondern auch den Translator in einer magmatischen Eruption an die Oberfläche.
    Als das Quarx erwachte, hatte es das Gefühl, einige seiner Erinnerungen seien verblasst oder sogar verloren gegangen. Es glaubte, einen wichtigen Auftrag nicht erfüllt zu haben. Ein großes Versagen galt es wiedergutzumachen, einen Fehler zu sühnen und eine immer drängendere Aufgabe zu erfüllen. Das Quarx glaubte sich dumpf zu erinnern, dass es sich immer so anfühlte, wenn man aufwachte.
    Es empfand eine tiefe Einsamkeit und Sehnsucht, aber auch ein plötzlich aufwallendes Gefühl der Dringlichkeit. Hier war ein neuer Ort und eine neue Zeit, ein neues Sonnensystem und eine neue Spezies mit Namen »Menschheit«, die sich während der Schlafphase des Quarx’ entwickelt hatte. Und die Menschheit hatte ihren Weg nach Triton gefunden und würde schon bald den Translator entdecken. Wer waren sie, diese Menschen – und stellten sie eine Gefahr dar? Würde einer von ihnen einen geeigneten Wirt und Gefährten abgeben? Waren sie gefährlich? Warum hatte der Translator solange gewartet, bis er das Quarx weckte? Der Translator hatte ihm gute Dienste geleistet und es geschützt – aber das war doch kein Leben, auf ewig in dieser Maschine gefangen zu sein! Wie sehr es sich danach sehnte, von seinen Fesseln befreit zu werden – zu wachsen, wieder gemeinsam mit jemand anderem die Wirklichkeit des Lebens schmecken zu können!
    Aber es würde nicht leicht werden; es gab etwas, das hier erledigt werden musste – eine Angelegenheit, bei der es um Leben und Tod ging, nicht nur für das Quarx, sondern auch für die Wesen dieses Sonnensystems. Das Quarx wusste noch nicht, worum es sich bei

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