01 - Neptun kann warten
Probebohrung durchgeführt, damit wir *n paar Daten über die Adern sammeln können, die hier ringsum in den Wänden sind. Das müsste eigentlich genau dein Ding sein, Bandicut. Die Instrumente hier sind wie die in euren Prospektionsfahrzeugen.«
Bandicut trat vorsichtig an der Bohranlage vorbei, die gleich links neben dem neuen Loch aufgebaut war. Die Blitze und kochenden Dämpfe der Bohrlaser gaben ihm das Gefühl, durch die Kulissen eines Holo-Spielfilms zu laufen, doch er wusste es besser. Das hier unten war Ernst, tödlicher Ernst. Bergbau in solchen Tiefen war die gefährlichste aller Arbeiten auf Triton. Die Laser lasteten auf stationären Unterbauten, und ihre Strahlen wurden durch Spiegelsysteme gebündelt und gelenkt. Die hochenergetischen Strahlen glühten und schimmerten in den Bohrlöchern wie die Strahlen exotischer Waffen, glitzerten matt auf den gewundenen Abdampfrohren.
Einer der Männer, die den Laser bedienten, war Mick Eddison, der Bergmann, der ihm am Vortag im Schlafsaal so viel Ärger bereitet hatte. Bandicut schüttelte es wieder, und er dachte: Sie lassen Kerle wie ihn solche lebensgefährlichen Maschinen bedienen? Er hoffte, dass Eddison ihn nicht bemerkt hatte.
Jones schnipste einige Schalter an. Bandicut trat dicht zu ihm und blickte auf die Instrumente. Sie wiesen wenig Ähnlichkeit mit den Anzeigen auf, an die er gewöhnt war, doch glaubte er, sich ihre Funktionsweise durchaus erschließen zu können. »Okay«, sagte er.
»Was du tun sollst, ist dieses Baby direkt in das Probeloch zu lenken und mit schmalem Strahl eine gerade Bohrung durchzuführen. Das Baby hat einen automatisch gelenkten Bohrlaser. Du protokollierst alle Funde, die du hier machst.« Jones deutete auf die Instrumente, dann blickte er Bandicut an. »Glaubst du, du kriegst das hin?«
Ob es nun John Bandicut war, der ihm antwortete, oder ein inneres Geschöpf, von der Fugue freigesetzt, Bandicut erwiderte im Plauderton: »Kein Problem.« Noch ehe Jones ein weiteres Wort verlieren konnte, schaltete Bandicut den Bohrlaser ein.
Flugs sprang Jones zurück, aus der Reichweite des Strahls. »Sei vorsichtig mit dem Ding«, rief er, dann verschwand er in einer wirbelnden Wolke aus Dampf.
***
Vorsichtig sein?, dachte Bandicut und steuerte den Bohrer in das Loch, wobei er sich anhand der Bilder auf dem kleinen Monitor orientierte. Was könnte leichter sein? Er glaubte einen schwachen, wimmernden Protest zu hören, irgendwo tief in den Stollen seiner eigenen Gedanken; vielleicht war das nur das Quarx, das seine eigenen Probleme zu lösen versuchte. Aber auf das Quarx konnte er nicht zählen; der Charlie, den er kannte, war verschwunden, und Bandicut war auf sich allein gestellt.
Das kleine Bohrloch war nicht sonderlich tief, reichte nur wenige Meter weit in die Wand aus Eis und Fels. Die Leitstrahlen glühten rot, funkelten durch den feinen Schleier in der dünnen Atmosphäre und markierten die Spur für die unsichtbaren Infrarot- und UV-Strahlen, die bohrten und sondierten und wieder auf die Sensoren zurückreflektiert wurden. Die Fels- und Eisschichten verdampften, versprühten smaragdgrüne, rubinrote und saphirblaue Funken – ein hübsches Schauspiel für Bandicut, für den Rekorder hingegen eine wichtige Informationsquelle. Wenn es hier Metalladern gab, selbst kleinste Rückstände, würde der Rekorder ihre Spektren in den reflektierten Strahlen entdecken.
Eine Zeit lang bohrte er durch Fels; langsam vertiefte und verbreiterte der Laser das Loch, dann drang er weiter vor. Der Strahl traf auf Eis, und eine Dampfwolke schoss aus dem Bohrloch und trübte Bandicuts Sicht. Als das Abluftsystem die Wolke absog, warf er einen Blick auf den Monitor und sah tief in der Öffnung etwas Fluoreszierendes, etwas, an dem sich das Laserlicht brach. Der Anblick überwältigte ihn; er fühlte sich an das Bild erinnert, das Charlie ihm bei ihrem ersten Treffen gezeigt hatte -wie ein Quarx aussehen könnte, würde es in materieller Form existieren.
Bildete er sich das nur ein, oder spürte er, dass Charlie-Zwei zitterte? Bandicut sah blinzelnd zu, wie der Laserstrahl über Eis und Fels leckte, die Substanzen schmolz und verdampfte, den Bohrkanal weiter aushöhlte. Er hob den Blick vom Monitor und schaute direkt hinein. Von den Wänden des Lochs starrten ihm Gesichter entgegen. Und da war auch Charlie-Eins, wie er als Mensch ausgesehen hätte: ein wenig dicklich und weltverdrossen, mit schütterem Haar und hoher Stirn, aber einem
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