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01 Nightfall - Schwingen der Nacht

01 Nightfall - Schwingen der Nacht

Titel: 01 Nightfall - Schwingen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian Phoenix
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wachen Augen. Er weiß, was um ihn herum geschieht. Vampir und Gefallener – und schon in diesem Moment verdammt.
    »Dante«, wispert sie. »Mein Dante. Gib niemals auf. Mach dir die Hölle zu eigen. Kämpfe.«
    Genevieve schließt die Augen. Eine Träne läuft unter ihren dunklen Wimpern hervor.
    »Pourquoi tu nous as abandonnes? Je ne sais pas ce que j’ai fait pour vous faire partir, mais je t’en supplie, sauve ton fils«, betet sie. Ihre Hände ballen sich zu Fäusten. »Eloigné le d’ici. Mets-le l’abri. It est ma lumière et mon cœur – comme tu as pu l’être. Lucien, mon ange, s’il te plaît, écoute moi.«
     
    Genevieves Worte, ihr unbeantwortetes Gebet schlangen sich um Luciens Seele und ließen sie beinahe verglühen – eine Kerze, die für immer in seinem Inneren brennen würde.
    Dem Bericht zufolge hatte man Genevieve getötet, nachdem man die Milch in ihrer Brust genau analysiert hatte. Keine Aufnahmen oder Filme bezeugten ihren Tod – zumindest befanden sich keine in Dantes Akte. Seine Mutter war unwichtig geworden.

    Graue, feuchte Wolkenfetzen rissen vor Lucien auf. Schnee bedeckte das Land unter ihm. Kummer verschleierte sein Herz. Wenn nur … er versuchte, nicht mehr an das zu denken, was hätte sein können und nie gewesen war. Obwohl sich schon immer die Ewigkeit vor ihm ausgebreitet hatte, wusste er schon lange, dass es so etwas wie ein »Zu spät« und ein »Nie mehr« gab.
    Er konnte sich nur auf das konzentrieren, was war – und vielleicht sein würde.
    Er senkte den rechten Flügel und wirbelte auf die gerade erwachende Stadt zu. Mit Wallace hatte er vereinbart, sie am Flughafen zu treffen. Doch mit ihr oder ohne sie – er würde sein verletztes Kind finden. Mit ihr oder ohne sie würde er sich an der Frau rächen, die Genevieve ermordet und seinen Sohn durch eine Hölle hatte gehen lassen, die jenseits aller Vorstellungskraft lag.
    Plötzlich erklang ein Lied in Lucien – chaotisch und kraftvoll. Dantes kompliziertes und dunkles Anhrefncathl erschallte unerwartet in Luciens Herz und Seele und erschütterte ihn bis ins Mark. Dantes Lied war anarchistisch, stark und wahnsinnig .
    Lucien schloss die Augen. Er hörte Jahwes erschöpfte Stimme: Sollen sie mich haben.
    Niemals.
    Vor Tausenden von Jahren hatte er seinen Herzensfreund getötet – seinen Calon-Cyfaill –, um die hochgeborenen Elohim-Hochblüter daran zu hindern, den wahnsinnig werdenden Creawdwr ihrem Willen zu unterwerfen und seine Macht ihren selbstsüchtigen Zwecken nutzbar zu machen – etwa die Welt der Sterblichen zu ändern. Wieder einmal.
    Wenn die Elohim erfuhren, dass ein anderer Schöpfer – entfesselt, ungebildet und furchtbar jung – auf der Erde weilte, würden sie mit ihm dasselbe tun.

    Doch ohne das Gleichgewicht, das Dante durch die Verbindung zu Lucien bekam, würde er ohnehin in den Wahnsinn abgleiten – das Schicksal aller entfesselten Creawdwrs . Entfesselt und irrsinnig konnte er die Welt aus den Angeln heben und für immer zerstören.
    Du kannst ihn nicht allein binden.
    Lucien wandte sich von der schneebedeckten Stadt unter ihm ab und flog wieder himmelwärts, wobei seine Flügel die Luft zu durchschneiden schienen. Er flog gen Westen. Dantes dunkle Arie wurde immer schwächer. Bis sie verschwand. Lucien vermutete, er habe seine letzte Kraft in dieses Lied gelegt.
    Es war Zeit, ein Risiko einzugehen. Zeit, Flüstern in Worte und Gerede in Tatsachen zu verwandeln. Zeit, Genevieves Gebet zu beantworten. Schon lange war es Zeit. Mit den Konsequenzen wollte er sich auseinandersetzen, wenn es so weit war.
    Für meinen Sohn würde ich die ganze Welt in Schutt und Asche legen.
    Mit schneller schlagenden Flügeln blieb Lucien am grauen Himmel stehen. Schnee schmolz auf seiner wärmer werdenden Haut. Sein Körper strahlte ein blaues Licht aus. Er strahlte wie ein Stern. Die Sonne ging nicht auf. Sie verschwand wieder. Statt ihrer funkelten nun die Sterne am erneut nächtlichen Himmel.
    Nachtbringer.
    Lucien sang seinen Wybrcathl . Sein Herz schlug im Rhythmus des Liedes und schlang die Melodie um seine Erinnerung an Dantes Chaoslied – hell und rein verwandelte er seine Arie in ein Duett aus Chaos und Ordnung. Das Lied klang klar und eindringlich durch die wiederkehrende Nacht.
    Der Gefallene in Dante würde antworten.
    Genau wie jeder Elohim, der sich in Hörweite des Liedes befand. Die Elohim würden auf Dantes Anhrefncathl antworten,
falls sie es wegen seiner Kürze überhaupt vernommen

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