01 Nightfall - Schwingen der Nacht
spritzte ihm in den Mund. Ronin schluckte und schluckte. O ja, ein Blutgeborener, und mehr als das. Elektrische Energie rauschte durch Ronins Adern. Er schlang die Arme noch enger um den zuckenden jungen Vampir und presste die Lippen noch fester auf die fiebrige Haut. Dantes starker Herzschlag pulsierte durch sein Bewusstsein.
Ronin hört ein Flügelschlagen.
Unfähig, seinen Herzschlag noch von Dantes zu unterscheiden, riss Ronin den Mund vom Hals des Jungen los. Der Geschmack von Dantes Blutes lag ihm noch auf der Zunge, köchelte in seinen Adern und züngelte wie heiliges Feuer in seinem Geist.
»Du hast dich geirrt, Junge«, sagte Ronin. »Ich habe dein Blut mehr als nur geschmeckt.«
»Lass mich los, chien , und wir werden sehen, wie lange es in deinen Adern bleibt«, zürnte Dante leise und gequält.
Blutgeborener und …? Die Erinnerung an Lucien De Noirs dunklen, erdigen Geruch ließ Ronins Herz schneller schlagen. Ein Gefallener ? Eine faszinierende Möglichkeit. Wenn es stimmte, so war das eine Information, die Johanna fehlte. Sie hatte nie gewusst und sich auch nicht dafür interessiert, wer Dantes Vater war. Gedankenlos und ein großer Fehler.
Sein Herz beruhigte sich allmählich, und Ronin ließ Dantes Haar los. Dann strich er mit den Fingern über den Stahlreifen um den Hals des Kindes. Seine Hand verkrampfte sich.
»All das ist für dich. Verstehst du?« Er fasste Dante mit der anderen Hand am Kinn und drehte seinen Kopf so, dass er die leblose Gestalt des Sterblichen in der Zwangsjacke anschauen musste. »Für dich.«
Dantes Wut tobte und schlug gegen seine Schilde wie ein Vorschlaghammer. Ronins Finger drückten so lange, bis der Junge zu keuchen begann und gegen ihn sackte. Etienne rammte die Faust in Dantes bereits angebrochene Rippen. Eine weitere Rippe brach. Der Junge keuchte vor Schmerzen.
»Ich werde dein Haus niederbrennen und dich zwingen, dabei zuzusehen, marmot «, sagte Etienne. »Ich werde dich austrinken …« Er sprach den Satz nicht zu Ende, sondern warf Ronin einen verwirrten Blick zu. »Was ist das?«
Ein schwaches bläuliches Licht schimmerte aus Dantes Handflächen. Ronin erstarrte. Dieser Anblick alarmierte ihn zutiefst,
so dass Adrenalin seinen gesamten Körper überschwemmte. Was war das? Eine Kraft ging von dem Jungen aus, die chaotisch und hemmungslos schien.
Etwas, was für einen gewöhnlichen Vampir nicht typisch war.
Dante wand sich in seiner Umarmung, bemühte sich, die leuchtenden Hände hochzubekommen. Als Ronin ihn losließ, indem er pfeilschnell die Arme zur Seite riss, geschahen drei Dinge auf einmal:
Etienne sagte: »Du bleibst hübsch hier, marmot .«
Dante streifte über den Ring- und den kleinen Finger von Ronins linker Hand.
Etiennes Kopf zuckte nach vorn und wieder zurück, wobei seine Zöpfchen hin und her flogen und ein lauter Pistolenschuss im Schlachthaus widerhallte.
Ronin sprang auf. Eine seltsam ungesteuerte Energie kribbelte in seiner Hand. Zog und entrollte sich. Formte ihn um . Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn. Er umfasste sein Handgelenk und sah auf seine Hand. Die letzten beiden Finger waren verschwunden. Sie existierten nicht mehr. Seine Hand hatte sich so umgeformt, dass sie aussah, als hätte sie nie mehr als drei Finger besessen.
Er blickte darauf. Das Herz schlug bis zum Hals. Allmählich ließ der Schmerz nach. Sein Kopf weigerte sich zu akzeptieren, was er sah. Eine Bewegung in seinem Augenwinkel erregte seine Aufmerksamkeit, und er sah auf.
Dante hatte sich aufgerichtet und wirbelte in atemberaubender Geschwindigkeit herum, so dass er Ronin gegenüberstand. Selbst blutüberströmt und voller Verletzungen war seine Schönheit noch immer mitreißend. In den auf einmal goldgesprenkelten Augen des Jungen tobte der Zorn – ein Zorn, der dreiundzwanzig Jahre lang genährt worden war. Doch da war noch etwas anderes – uralte, wiedererweckte Trauer.
Goldgesprenkelte Augen. Ein Hinweis auf einen Gefallenen? Oder erwachte S jetzt doch?
»Sie hieß Chloe«, sagte Ronin ruhig, »und du hast sie getötet. «
Dante erstarrte. Schmerz flackerte in seinen Augen.
Ronin bewegte sich atemberaubend schnell.
Heather drückte erneut ab. Die Kugel peitschte durch leeren Raum, der Knall zerriss die Stille. Sie fuhr herum und versuchte, Ronin zu sehen. Tatsächlich entdeckte sie ihn, wie er gerade dabei war, mit beiden Fäusten auf Dante einzuschlagen, so dass dieser auf den Betonboden sackte. Noch ehe sie auch nur
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