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01 - Schatten der Könige

01 - Schatten der Könige

Titel: 01 - Schatten der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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übrigen brannte nur bei wenigen ein Licht.
    »Das ist das Haus des Tuchhändlers«, erklärte Geraine und deutete auf das Gebäude, und hielt Mazaret das Gerät hin, durch das er geblickt hatte. »Wollt Ihr vielleicht selbst einen Blick darauf werfen? Habt Ihr so etwas schon einmal gesehen, Mylord?«
    Mazaret runzelte die Stirn. Bei dem Ding handelte es sich um einen kurzen, dicken Lederzylinder, in dessen beiden Enden Linsen aus Glas eingelassen waren. Als er es in die Hand nahm, merkte er, dass es aus zwei ledernen Röhren bestand, von der eine etwas schmaler war und so leicht in die andere hineingeschoben und herausgezogen werden konnte.
    »Eine Nahsicht-Linse«, sagte Mazaret und hielt es vor sein rechtes Auge. »Ich habe davon gehört, jedoch noch nie eine benutzt.«
    Geraine zeigte ihm, wie man das längere Stück hinein und herausdrehen konnte, und plötzlich gewann der dunkle Fleck des Gebäudes gegenüber an Schärfe. Mazaret stieß eine Verwünschung aus und riss das Gerät von seinem Auge, lächelte dann jedoch und setzte es erneut an. In der Dunkelheit wirkte der größte Teil des Hauses des Tuchhändlers wie eine formlose schwarze Masse, bis auf die Fenster, die von innen erleuchtet waren. Er betrachtete jedes einzelne, ohne jedoch die Blumen zu finden, von denen Bardow gesprochen hatte. Er sah nur eine sehr große Frau, die im Hinterhof Wäschestücke in einem Trog schrubbte, und ein junges Dienstmädchen, das an einem Fenster im vierten Stock nähte. Mazaret seufzte und gab die Nahsicht-Linse zurück. Geraine warf ihm einen fragenden Blick zu und schickte sich dann selbst an, das Haus des Tuchhändlers zu beobachten.
    »Wonach sucht Ihr denn?«, erkundigte er sich leise.
    Mazaret überlegte, ob er ihm von Bardows Vision berichten sollte, verzichtete aber darauf, weil es zu unwahrscheinlich klang. Außerdem war ihm der Gedanke gekommen, ob dieses Fenster mit den Blumen sich nicht möglicherweise auf der anderen Seite des Gebäudes befand oder gar im Dunkeln lag. Wie sollte er es da entdecken?
    »Hm, sie ist wirklich hübsch«, meinte Geraine. »Allerdings kann ich nicht behaupten, dass sie mir bekannt vorkommt. Vielleicht ist sie …« Er verstummte einen Moment und stieß dann einen leisen Pfiff aus. »Sieh an, wen haben wir denn da?«
    Lächelnd richtete er sich auf und reichte Mazaret die Nahsicht-Linse, der sie rasch an sein Auge hob und sie auf das Fenster im vierten Stock richtete. Das Mädchen hatte ihr Nähzeug weggelegt und sprach jetzt mit einem stämmigen Mann, der die einfache, braune Kluft eines städtischen Händlers trug. Es war Volyn.
    »Wer ist das?«, fragte einer der anderen Männer.
    »Niemand anders als unserer ehrenwerter Hauptmann Volyn«, erwiderte Geraine.
    Überraschtes Gemurmel antwortete ihm.
    Ein Mädchen!, dachte Mazaret verzweifelt.
Sie
ist die Thronerbin des Hauses Tor-Cavarill. »Sie ist es, Mylord, habe ich recht?« Geraine sah ihn durchdringend an. »Ihrer wollt Ihr Euch bemächtigen, und Ihr seid offensichtlich nicht allzu froh darüber, möchte ich vermuten.« Mazaret ignorierte die letzte Bemerkung. »Sie ist es. Ich muss sie nach Krusivel bringen.« Seine Worte klangen selbst in seinen eigenen Ohren hohl.
    »Wann?«
    »Noch heute Nacht. Volyn plant vielleicht, sie wegzuschaffen, also müssen wir ihm zuvorkommen.« Mazaret erwiderte Geraines harten Blick. »Und zwar sofort.«

17
    Rache bringt Ruin hervor,
und Träume erweisen sich als wahr,
in dem entzweiten Licht,
der Nacht des Tyrannen.
    CALABOS, Unter den Türmen, Akt II, iv, 20
    Der Schleppzug glitt langsam über den Kanal in Richtung der Außenschleuse von Oumetra. Er wurde von vier kräftigen Männern gezogen. Die drei Barken waren mit Getreidesäcken, Gemüse und Früchten beladen, eine letzte Ernte von den fruchtbaren Feldern im Nordosten von Kejana. Eine einzige, lange Plane bedeckte die drei Schiffe und schützte die Ladung vor den Elementen. In der nächtlichen Dämmerung ähnelten die Barken einer riesigen Schlange, und die Lampen des Lotsen wirkten wie schräge, glühende Augen.
    Tauric, Sentinel Kodel und der Waffenmeister drängten sich in einem kleinen Boot zusammen, das an die schwere Trosse angebunden war, welche die zweite und dritte Barke verband. Lose Enden der Stoffbahn verbargen sie vor den Blicken Neugieriger, doch sie konnten durch die kleinen Löcher, die sie mit ihren scharfen Dolchen hineingeschnitten hatten, nach draußen sehen. Kodel und der Waffenmeister saßen im Bug und Heck und

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