01 - Suche bissigen Vampir furs Leben
nicht.“
„Offensichtlich. Sonst hätte Sie sich schon längst jemand geschnappt.“
„Meinen Sie wirklich?“
„Aber sicher.“ Ich tätschelte seinen Arm. „Überlassen Sie einfach alles mir. Sie sind in den besten Händen.“
Mochte mein Nimm-mich-du-willst-mich-doch-Blick auch definitiv leicht eingerostet sein, ich hatte es immer noch drauf, wenn es um Berührungen ging. Noch ein Klaps auf seine Schulter - in Verbindung mit ein wenig gutem Zureden in Form einer zarten Liebkosung durch meine Fingerspitzen, natürlich - und seine Miene machte eine Wandlung durch: von Besorgnis hin zu leichter Verwirrung. (Ich geb's ja zu, in der Beziehung war ich wohl auch nicht mehr so ganz auf der Höhe. Eigentlich sollte das mehr in Richtung Entspannung gehen.)
„Wie heißt Ihr Unternehmen noch mal?“, fragte er mich.
„Dead End Dating, und wir sind die Besten.“ Oder würden es zumindest in allernächster Zukunft sein. Sobald wir Frank von einem Langweiler in einen Adonis verwandelt hatten. Bis dahin .. „Hatte ich eigentlich schon erwähnt, dass der halbe Preis im Voraus zu zahlen ist?“
3
Ich ließ meinen neuen Freund Francis in der U-Bahn-Station zurück. Seine Telefonnummer und Adresse hatte ich bereits in meinem BlackBerry gespeichert und einen Scheck über die erste Hälfte meines Honorars in der Handtasche verstaut. Frohen Mutes begab ich mich zur nächsten Straßenecke, um ein Taxi nach Hause zu erwischen. Ich war so zufrieden mit meiner Arbeit in dieser Nacht, dass ich entschied, lieber nach Hause statt ins Büro zurückzufahren, um mich der erbärmlichen Anzahl von Profilen auf der Dead End Dating-Website zu stellen.
Ich trat vom Bürgersteig herunter und winkte einem Taxi. Ich weiß, ich weiß, ich sollte irgendetwas Vampirmäßiges tun, mich in eine Fledermaus verwandeln und zu meiner Wohnung fliegen. Aber Schwarz ist nun einmal ganz und gar nicht meine Farbe, und eine pinkfarbene Fledermaus passt wiederum nicht zu dem ganzen Kokolores von wegen „Verhaltet euch unauffällig“, den meinesgleichen seit zig Jahrmillionen predigt. Ich könnte natürlich auch zu Fuß gehen, aber meine Füße tun weh. Es ist ganz schön hart, eine Mode-Ikone zu sein.
Ich steckte beide Finger in den Mund und stieß einen schrillen Pfiff aus, der zweifellos jeden Köter in einem Radius von zehn Blocks zum Jaulen brachte.
Ein gelbes Taxi kam mit quietschenden Reifen vor mir zum Stehen. Ich öffnete die Tür.
Sobald ich eingestiegen war, überkam mich wieder dieses unheimliche Gefühl. Ich riskierte es, einen Blick zurückzuwerfen. Natürlich war dort keine Menschenseele. Nur der leere Bürgersteig und das dunkle Gebäude, in dem eine Bäckerei und ein kleiner Lebensmittelladen untergebracht waren. Der faulige Gestank von Müll drang aus einem nahe gelegenen Eingang und mischte sich mit dem stechenden Geruch der Auspuffgase des Taxis und ... mit noch etwas anderem. Nicht unbedingt etwas Unangenehmem, es war einfach nur ...
anders. Er war stärker, eher moschusartig und auf einer New Yorker Straße definitiv fehl am Platz.
Wie der Duft eines exklusiven Männerparfüms mitten auf einem billigen Flohmarkt.
Unwillkürlich bildete sich Gänsehaut auf meinen Armen. Als ob mich jemand beobachtete.
Jemand oder etwas.
„So eine hübsche junge Frau und noch so spät unterwegs?“ Die Stimme lenkte meine Aufmerksamkeit auf den Rückspiegel und den Blick des Taxifahrers, der sich in den meinen bohrte. „Ich bin eine Nachteule.“
„Ich auch.“ Er war ein alter Mann mit stahlgrauem Haar und jeder Menge Runzeln und trug ein kariertes Hemd mit verdeckter Knopfleiste. Die Ärmel waren so aufgekrempelt, dass seine kräftigen Unterarme zum Vorschein kamen, die dicht mit weißen Härchen besetzt waren. Er warf einen Blick über die Schulter zurück und lächelte, wobei er sein gerades weißes Gebiss zeigte.
Die Haut um seine braunen Augen warf dabei Falten, sodass noch mehr Runzeln auf seinen wettergegerbten Wangen erschienen. „Die meisten anderen Taxifahrer mögen die Spätschicht nicht, wegen all der Verrückten.
Aber mir, mir gefällt's. Dadurch wird's doch erst interessant.“
Er sah ganz nett aus. Wie ein Großvater. Aber irgendetwas an seinen kräftigen Händen, die jetzt wieder den Lenker umfassten, machte mich nervös. Ich blickte hoch und erwischte ihn, wie er mich im Rückspiegel anstarrte und erneut jagte eine Gänsehaut über meine Arme. Ich konnte mir nur allzu leicht vorstellen, wie sich seine Hände um
Weitere Kostenlose Bücher