01 - Suche bissigen Vampir furs Leben
etwas Weiches, Schmales schlossen, wie sich die Muskeln in seinen Unterarmen anspannten, während er seinen Griff verstärkte ...
Okay, möglicherweise hatte sich einiges an Wut in ihm aufgestaut, aber er hatte dem nie nachgegeben. Noch nicht.
Rasch schloss ich das Fenster in meinem Kopf wieder, das mir einen Einblick in seinen Charakter gewährt hatte - eine Eigenschaft, die alle gebürtigen Vampire teilten. Wir blickten irgendeinem Menschen in die unschuldigen blauen Augen und sahen die wahre Persönlichkeit dahinter. Die meisten Leute versuchten diese vor den anderen zu verbergen. Mir war schon klar, dass diese besondere Art von Menschenkenntnis verdammt nützlich war - sie sorgte beispielsweise dafür, dass man nicht etwa mit einem Betrüger Geschäfte machte oder einen Massenmörder als Empfangschef anheuerte oder zu einem JAK - Kurzform für Jäger andersartiger Kreaturen, einer Organisation der wenigen Erleuchteten, die tatsächlich an Vampire und andere übernatürliche Geschöpfe glaubten und ihren Lebensunterhalt damit verdienten, zu versuchen, die Welt von uns zu befreien - ins Auto stieg.
Zugleich wusste ich aber auch über die meisten Menschen wesentlich mehr, als ich gern wissen wollte.
Nämlich, dass sie viel bösartiger als jeder Vampir sein konnten. Und weitaus skrupelloser.
Ich schüttelte diesen dunklen, verstörenden Gedanken ab und zog mein Handy aus der Tasche. Dunkle Gedanken liegen mir nun mal nicht besonders.
„Wo soll's denn hingehen, junges Fräulein?“
„Manhattan.“ Ich gab ihm meine Adresse und machte es mir auf der Rückbank bequem. Bevor er versuchen konnte, die Unterhaltung fortzusetzen, klappte ich mein Handy auf und drückte ein paar Tasten, um zu sehen, ob ich irgendwelche Nachrichten hatte. Es waren ganze zehn an der Zahl.
Ich hörte die erste ab, eine wohlbekannte weibliche Stimme drang an mein Ohr.
„Du glaubst nicht, was mir heute Abend passiert ist. Ich gehe gerade die Fifth Avenue entlang und sehe nach links - und da war sie im Schaufenster. Die unglaublichste Louis-Vuitton-Handtasche mit Jeans-Druck und einem Henkel aus Schlangenleder. Ich musste sie einfach haben. Ich kann gar nicht erwarten, dass du sie siehst. Wo bist du eigentlich? Ach ja, du hast ja jetzt diesen Job. Ich hoffe, du hast dabei genauso viel Glück wie ich. Ich ruf dich später noch mal an.“ Klick.
Nina Lancaster war die blonde Hälfte der Ninas - das sind meine beiden besten Freundinnen auf der ganzen Welt.
Wir drei hingen schon seit mehr als dreihundert Jahren zusammen ab. Wir hatten als Kinder Verstecken gespielt, Dutzende gebrochener Herzen bemuttert und gemeinsam unseren allerersten vollblütigen Italiener gekostet - sein Name war Giovanni gewesen, er hatte sogar noch besser geschmeckt, als er ausgesehen hatte. Nina Lancaster war die Tochter von Victor Lancaster, einem uralten Vampir und Hotelier, der, ganz im Gegensatz zu einer gewissen anderen Person, die hier ungenannt bleiben soll, seine Tochter nicht dazu zwang, ein Namensschildchen oder geschmacklose Kleidung zu tragen.
Stattdessen gab Nina die Empfangsdame im Waldorf Astoria, um ihre Sucht nach Designer-Handtaschen befriedigen zu können.
Nina Nummer zwei, alias Nina Wellburton, war die brünette Hälfte des Duos.
Ihr Vater hatte sein Vermögen mit Hygieneartikeln für Damen gemacht - dagegen hörte sich Moe's doch schon fast gut an, oder? Nina Zwei war Leiterin der Buchhaltung in New Jersey, wo die Produktionsstätte ihres Vaters angesiedelt war. Sie würde nicht mal im Traum einen unglaublichen Haufen Geld für eine Handtasche ausgeben. „Eine Handtasche kann man nicht essen“, sagte sie immer. „Diese Schuhe kann man nicht essen.“ Nina Zwei war insgeheim eine ausgewachsene Pfennigfuchserin.
Autsch.
Aber was soll ich sagen? Wir sind zusammen aufgewachsen. Wir sind beste Freundinnen. Ganz abgesehen davon, dass sie eine der wenigen Vampire in meinem Bekanntenkreis war, die nicht völlig hemmungslos war, was sie von der ganzen anderen Schweinebande unterschied. Sie war wie ich.
Natürlich mit weniger schönem Haar.
Ich löschte die Nachricht und wartete auf die zweite.
„Du glaubst nicht, was Nina gemacht hat.“ Pause. „Na gut, du glaubst es bestimmt. Sie hat ein ganzes Monatsgehalt für eine Tasche rausgeschmissen.
Ich meine, ich weiß ja, dass es eine Louis Vuitton ist, aber es gibt doch wohl noch so was wie Selbstbeherrschung.“ Besorgtes Seufzen. „Sie hat sich einfach nicht in der Gewalt. Sie strampelt
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