01 - Suche bissigen Vampir furs Leben
war dieser Kerl gar nicht der Kidnapper. Vielleicht waren die Handschellen, die ich gesehen hatte, als ich ihm in die Augen geschaut hatte, nur irgendein Überbleibsel aus einem verrückten Film.
Vielleicht.
Wahrscheinlich.
„Du hast wunderschöne Augen.“
Also, das war nun wirklich die kitschigste Anmache aller Zeiten, aber da der Mond so rund und leuchtend über uns stand - wie romantisch! -, klang es tatsächlich richtig süß.
Ohhhhh!
Auf gar keinen Fall war dieser Schmalzbubi ein kaltblütiger Kidnapper.
Unoriginell, ja.
„Das war wirklich schön mit dir“, murmelte Action-Girl, als sie kurz nach Luft schnappen mussten.
„Finde ich auch.“ Er beugte sich vor und küsste sie erneut, und zwar ganz zärtlich, so als ob er alle Zeit der Welt hätte und die auch mit ihr zu verbringen gedachte.
Seufz.
„Das würde ich gern noch einmal wiederholen“, sagte sie. „Natürlich nur, wenn du auch möchtest.“
„Genau genommen“, er schob seine Hand in ihren Nacken und verwob seine Finger mit ihrem Haar, „würde ich es tatsächlich gern wiederholen.“ Sein Griff wurde fester und sie erstarrte. „Aber der nette Teil ist jetzt leider vorbei.“
Er drängte sie rückwärts ins Haus. Die Tür schlug zu.
Ohmeingott. OHMEINGOTT.OH. MEIN. GOTT.
Das war's. Er war es. Er war der Kerl und würde sie jetzt ... und ich würde ...
Ich musste ihn aufhalten. Zuerst einmal musste ich Ty anrufen und dann musste ich ihn aufhalten. Nein, zuerst musste ich Ty anrufen, dann auf ihn warten, damit er den Kerl in flagranti erwischte, und dann musste ich ihn aufhalten. Ja, das war's. Das war mein Plan.
Eilig zog ich mein Handy hervor, tippte seine Nummer ein und wartete, dass er abhob.
„Sie müssen auf der Stelle herkommen“, sagte ich, sobald ich sein tiefes „Hey“ hörte.
„Wer ist denn da?“
„Hier ist Lil und ich habe Ihren Kidnapper. Er ist genau hier und er steht ganz kurz davor, sich wieder eine zu krallen.“ Sich eine zu krallen? Seit wann benutzte ich denn solche Ausdrücke? Ja, natürlich. Seit ich mich entschlossen hatte, mich in finsteren Gassen herumzutreiben und Serien-Kidnapper zu fangen, um meiner Firma zu helfen. „Beeilen Sie sich!“ Ich nannte ihm die Adresse, drückte den Aus-Knopf und zermarterte mir das Gehirn nach einer Idee, wie ich Zeit schinden könnte, um zu verhindern, dass etwas Schlimmes passierte, ehe Ty ankam.
Ich durchwühlte meine Handtasche und zog eine kleine Dose Haarspray heraus, um sie als Waffe zu benutzen, falls die Dinge außer Kontrolle geraten sollten.
Haarspray? Du meine Güte, wozu hatte ich denn meine Reißzähne? Was für ein böses Geschöpf der Nacht war ich eigentlich, um auch nur daran zu denken, eine Spraydose zu benutzen?
Ein materiell veranlagtes Geschöpf natürlich. Ich trug mein neues Mini-T-Shirt von Guess mit dem Strassbesatz. Sicher nicht superteuer, aber hier ging es immerhin um Strass - das Teil musste in die Reinigung. Also Vorsicht vor Blutspritzern und umherfliegenden Körperteilen. Ich konnte ihn natürlich mit meinen Superduper-Kräften ohne Probleme überwältigen, aber ich zog es doch vor, ein bisschen Unterstützung zu haben, für den Fall, dass er selbst eine Waffe zog.
Ich brachte meine Füße mit purer Gedankenkraft dazu, den Boden zu verlassen, und schwebte mit der Dose in der Hand zum achten Stock empor.
Gerade hatte ich in alle Fenster auf der einen Seite gespäht und wollte schon um die Ecke zur nächsten schweben, als ich hinter mir die tiefe, wohlvertraute Stimme vernahm.
„Wo sind sie?“
Ich drehte mich sofort herum und sah Ty vor mir. Er sah so dunkel und köstlich aus wie immer, in schwarzer Lederhose und schwarzem T-Shirt.
Heute Abend hatte er auf den Mantel verzichtet, und ich war nicht sicher, ob ich deshalb glücklich oder besorgt sein sollte.
Ich konnte sehen, wie sich die Muskeln in seinen Oberarmen anspannten. Das weiche Material seines T-Shirts schmiegte sich an seine breiten Schultern und die schmale Taille. Dieser Kerl war weitaus mehr als nur dunkel und appetitlich. Bei ihm lief einem definitiv das Wasser im Munde zusammen.
Schon verrückt, da er doch ein Gewandelter war. Es war ja schließlich nicht so, als ob er mir irgendetwas zu bieten hätte. Außer vielleicht richtig heißen Sex. Er sah eindeutig so aus, als ob er dazu imstande wäre.
„Hallo?“ Seine Augenbrauen zogen sich zu einer ungeduldigen Miene zusammen, die mich aus meiner Reise in die Gosse herausriss, wo dreckiger Sex die Welt
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