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01 - Tage der Sehnsucht

01 - Tage der Sehnsucht

Titel: 01 - Tage der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
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hast du
gesagt?«
    »Ich sagte, Sie
seien ein Geizhals.«
    »Was?«
    »Ich sagte, Sie
seien ein Geizhals«, erwiderte Fiona geduldig.
    »Ich ein Geizhals!
Ich, der ich der freigiebigste Mensch von Edinburgh gewesen bin?« In seinem
Zorn fuchtelte er mit den Armen zur Decke hinauf. »Mich vor all diesen feinen
Leuten bloßzustellen!« Er stotterte und fluchte wütend. Mit nahezu hasserfüllten
Augen blickte er Fiona in ihr schönes Gesicht. Dass er sie eben noch nach
Edinburgh hatte zurückbringen wollen, um sie vor dem lasterhaften London zu
bewahren, hatte er ganz vergessen.
    Fiona sank
ungerührt in einen Stuhl, während er fluchte, bis ihm die Worte ausgingen. Dann
blickte sie sich um, als sei nichts gewesen, und sagte: »Ich mag kein Gelb.«
    »Du ... magst ...
kein ... Gelb?« sagte Mr. Sinclair keuchend.
    »Nein«, erwiderte
Fiona. »Es macht mich ganz verrückt.«
    »Hol' dich der
Teufel!« Der übermüdete und überreizte Mr. Sinclair schrie es geradezu. »Geh in
mein Zimmer und sieh, ob dir Blau besser bekommt, du dumme Gans! Hat je ein
Mensch einen solchen Mühlstein um den Hals gehabt? Fort mit dir und deinem
losen Maul!«
    Fiona packte ihren
kleinen Koffer, knickste und sagte: »Gute Nacht, Papa.« Lammfromm ging sie
hinaus und in das blaue Zimmer nebenan.
    Einige Augenblicke
später kam Mr. Sinclair hinter ihr hereingepoltert, packte seinen Koffer und
rumpelte wieder hinaus. Das einzige, wozu dieses Mädchen taugt, ist, unter die
Haube zu kommen, dachte er, während er sich für die Nacht zurechtmachte. Er zog
die Nachtmütze straff über den Kopf, blies das Nachtlicht aus und stieg ins
Bett, das unter seinem Gewicht protestierend quietschte.
    Er fühlte sich
unangenehm nüchtern. Hätte ich doch bloß mein übliches Quantum getrunken,
dachte er. Es verlangte ihn nach einem Glas Branntwein.
    Er lag da, starrte
zu dem Baldachin hinauf und überlegte gerade, ob er nach einem Dienstboten
klingeln sollte, als er endlich einschlief. Im Traum besuchte er eine
Gesellschaft bei Almack. Seine Tanzpartnerin war eine vornehme Dame, und er
hoffte inständig, sie möchte nicht bemerken, dass er vergessen hatte, seine
Kniehose anzuziehen.
    Es war alles überaus
peinlich. Denn die Dame, von der er nicht einmal wußte, wie sie aussah, weil er
ihr nicht ins Gesicht zu sehen wagte, wurde zusehends verliebter in ihn. Sie
flüsterte ihm Koseworte ins Ohr, und dann umarmte und küsste sie ihn ,zu seinem
Schrecken leidenschaftlich.
    In diesem Moment
fuhr Mr. Sinclair aus seinem Traum auf und fand sich in einer heftigen Umarmung
mit seinem Gastgeber, Mr. Pardon, wieder. Er sah sofort, dass es Mr. Pardon
war. Denn auf dem Tisch brannte hell ein Nachtlicht, das jener mit ins, Zimmer
gebracht hatte, und ließ deutlich Schrecken und Abscheu auf seinem Gesicht
erkennen.
    Die dann sich
schnell entfernende Person schimpfte in Mr. Pardons Tonfall: »Die Blattern
allen Dienern! Haben die doch behauptet, das Frauenzimmer sei im gelben
Zimmer!«
    Die Tür fiel
krachend ins Schloss. Im Innersten erschüttert kletterte Mr. Sinclair aus dem
Bett, zog sich schnell an und packte seine wenigen Habseligkeiten zusammen.
Dann weckte er Fiona und sagte ihr, dass sie die restliche Nacht in der Küche
verbringen würden, »weil die Schlafräume von Ratten bevölkert sind«.
    Insgeheim immer
noch vor Wut kochend, weil Fiona ihn als Geizkragen bezeichnet hatte, hielt er
es für besser, ihr nichts von dem Verführungsversuch Pardons zu erzählen. Denn
er war jetzt fest entschlossen, den Plan, sie mit nach London zu nehmen, auf
jeden Fall zu verwirklichen, und wollte ihr nicht unnötige Angst vor der
Londoner Gesellschaft einjagen. Schließlich waren nicht alle Herren wie ihr
jetziger Gastgeber. Auch von einer Zurredestellung Pardons versprach er sich
wenig. Hatte er doch das bestimmte Gefühl, dass dieser entweder alles
abstreiten oder behaupten würde, er habe das Schlafzimmer irrtümlich für das
seiner Geliebten gehalten. Zu allem Überfluss würden ihm das seine
kaltschnäuzigen Gäste auch noch glauben.
    Fiona willigte ein,
in Mr. Sinclairs Zimmer zu erscheinen sobald sie angezogen sei. Etwa zehn
Minuten später stiegen sie beide die Treppe hinunter, um sich zu den übrigen
Reisenden zu gesellen. Der Kutscher war erleichtert, als er sie erblickte. Es
sei überraschend Tauwetter eingetreten, erklärte er, und da Mr. und Miß
Sinclair jetzt zu ihnen gestoßen seien, bräuchten sie mit ihrer Abreise nicht
bis zum Morgengrauen zu warten.

    Durch das

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