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01 - Tage der Sehnsucht

01 - Tage der Sehnsucht

Titel: 01 - Tage der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
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würden ihn niemals akzeptieren, weder mit schöner »Tochter«
noch ohne sie. Mrs. Hudson hatte ihm nur einen kalten, geringschätzigen Blick
zugeworfen und sich dann dem Herrn an ihrer anderen Seite zugewandt. Die Dame
ihm zur Rechten würdigte ihn nicht einmal eines Blickes.
    Er blickte über die
Tafel hinweg zu Fiona, die neben dem Earl of Harrington saß. Es tröstete ihn
ein wenig, dass der Earl seiner Erscheinung und seinem Benehmen nach ebenfalls
nicht zu dieser dekadenten Gesellschaft gehörte.
    Er war groß, in den
Dreißigern und hatte ein hübsches Gesicht mit markantem Profil. Der elegante
Schnitt seines Maßanzuges und die raffinierte Einfachheit seiner schneeweißen
Krawatte ließen alle anderen zu aufwendig angezogen erscheinen. Er hatte
übrigens ebenso schwarze Haare wie Fiona, während sein Teint die gesunde Bräune
des Landlebens zeigte. Auffällig waren seine Augen. Sie erinnerten an die eines
Falken und hatten eine gelbliche Farbe, wie sie dem Topas eigentümlich ist. Er
sprach auf eine etwas gelangweilte Weise, wenn auch höflich, mit Fiona.
    Mr. Sinclair dankte
Gott dafür. Denn Lord Harrington war offensichtlich der einzige Mann im Raum,
der vollkommen unbeeindruckt von Fionas Schönheit blieb. Die anderen hingegen
starrten sie ganz offen an. Die Damen schmollten bereits, ja, sie waren empört,
da es ihnen nicht gelang, die Aufmerksamkeit ihrer Tischnachbarn auf sich zu
ziehen.
    Mr.. Pardons Augen,
dachte Mr. Sinclair, ähnelten eigentlich zwei Schnecken. Es schien, als ob sie
über Fionas ganzen Körper kröchen und eine schleimige Spur hinterließen. Pardon
hatte zu beiden Seiten eine Dame, aber er wandte kein Auge von Fiona. Mr.
Sinclair konnte nur froh sein, dass sie am anderen Ende der Tafel saß.

    Mit Mr. Rainbird an der Spitze bog das
Personal der Clarges Street 67 in den Soho Square ein. Bald brannte ein kleiner
Wald von Kerzen vor der Statue der Jungfrau in der Sankt-Patricks-Kirche.
    »Hoffentlich ist
das kein hinausgeworfenes Geld«, murrte Joseph, während sie wieder
hinausgingen, nachdem sie ihre Gebete gesprochen hatten.
    »Wie können Sie so
etwas sagen, Mr. Joseph«, rief Lizzie ganz schockiert. »Es war Gott, der uns
die Mieter geschickt hat. Ich habe auch für Mr. Sinclair und sein Mündel
gebetet.«
    »Warum. für die beten?«
Joseph rümpfte die Nase. »Wir sind es, die Hilfe brauchen.«
    »Aber ich habe
dafür gebetet, dass sie eine gute Reise haben«, sagte Lizzie, »denn wenn ihnen
etwas zustößt, werden wir keine Mieter haben.«
    Alle blickten
überrascht auf Lizzie. »Vielleicht sollten auch wir noch ein Gebet für sie
sprechen«, sagte Rainbird.
    Ziemlich betreten
gingen sie in die Kirche zurück.

    »Woran denken Sie?« fragte der Earl of
Harrington scharf. Er war es nicht gewöhnt, sich mit einer Dame abzugeben, die
ihm gegenüber so vollkommen gleichgültig zu sein schien wie diese Provinzlerin
mit dem Verstand eines Huhnes.
    »Ich habe gerade
das Büfett bewundert«, sagte Fiona.
    »Ich bin noch nie
zuvor von einem Büfett in den Schatten gestellt worden«, sagte der Earl.
    »Ja, es ist sicher
groß genug.«
    »Wofür groß genug?«
    »Um einen Schatten
zu werfen.«
    »Meine liebe Miß
Sinclair, was ich meinte ... Lassen wir das! Als Ihre Aufmerksamkeit ganz von
dem Büfett gefesselt war, Miß Sinclair«, fuhr Lord Harrington fort, »habe ich Sie
zweimal gefragt, warum Sie nach London reisen.«
    »Wegen der Saison«,
antwortete Fiona.
    »Tatsächlich?« Er
warf einen raschen Blick aus seinen gelben Augen zu der Stelle an der Tafel, wo
Mr. Sinclair in seinem alten schwarzen Jackett saß, dessen speckigen Glanz das
Kerzenlicht voll zur Geltung brachte. Dann kehrten seine Augen wieder zu Fiona
in ihrem Wollkleid zurück. »Eine kostspielige Sache, die Saison«, sagte er
nachdenklich.
    »Das glaube ich
auch«, erwiderte Fiona. »Aber ich werde jemanden sehr Reichen heiraten, dann
spielt das keine Rolle.«
    »Es ist nicht so
leicht, jemand Reichen zu heiraten, es sei denn, man ist selber reich«, gab er
scharf zurück. »Die Aristokratie ist geradezu berühmt für ihre gewinnbringenden
Eheschließungen.«
    »Wie kommen Sie
dazu anzunehmen, wir seien nicht reich?« fragte Fiona überrascht.
    »Meine liebe junge
Dame, Sie zwingen mich, unhöflich zu werden. Sie sind nicht so gekleidet, dass
man vermuten könnte, Sie hätten Geld.-«
    »Das habe ich Papa
auch gesagt«, erwiderte Fiona und beobachtete interessiert, wie der Nachtisch
aufgetragen wurde. Es war die

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