01 - Wie Feuer im Blut
Zögern und hielt den Atem an, als sich seine Finger fest um
ihre schlossen. Mit einiger Mühe stand sie auf.
Sie
gingen zusammen die Auffahrt hinunter. Schließlich bog Damien auf einen Weg
ein, der sich durch Büsche und Beete schlängelte. Bonnie hielt an, weil sie
sich sagte, dass sie damit ihren Abschied nur unnötig hinauszögerte, aber als
er ebenfalls stehenblieb und sie musterte, fühlte sie sich dazu gezwungen, ihm
zu folgen. Da stand eine Eberesche am Ende des Pfades, darunter zwei Stühle aus
Schmiedeeisen. Damien lehnte sich gegen den knorrigen Stamm. Bonnie setzte sich
auf einen Stuhl, stellte die Tasche auf ihre Schenkel und drückte sie an sich.
Schließlich
ergriff Damien das Wort.
»Mir sind
nur zwei Personen bekannt, die es fertigbringen, sich mitten in der Nacht ohne
Abschied aus dem Haus zu stehlen.«
»Und
wer ist das?«
»Du -
und ich.«
»Oh.«
Sie lächelte und versuchte, sich zu entspannen.
»Willst
du mir eine Frage beantworten?«
»Wenn
ich kann.«
»Ich
habe dir alles geboten, was man mit Geld kaufen kann - ein Heim, Essen,
Bildung -, aber du gibst das alles auf und ziehst die Armut vor. Warum?«
Bonnie
schaute ihn an. Er erwiderte ihren Blick mit einem grimmigen Lächeln.
»Sie
haben mir ein Dach über dem Kopf geboten«, sagte sie, »nicht ein Heim. Das ist
ein Unterschied. Und Essen und Bildung können den körperlichen und geistigen
Hunger stillen, die Seele hat keine Nahrung. In Caldbergh musste ich auch
nicht frieren und hungern, aber es gab wenig Freude und schon gar keine ...« Bonnie sah zur
Seite. »Als Kind habe ich mir, jedes Mal wenn ich einen bestimmten Stern sah,
gewünscht, dass ich später einen König heiraten und alles Geld der Welt besitzen
würde. Meine Mutter sagte damals zu mir, dass ich vielleicht eines Tages reich
sein würde - aber das wäre nichts wert, wenn ich niemanden hätte, den ich
liebte und der meine Liebe erwiderte und mit dem ich meinen Reichtum teilen
könnte. Ebenso gut könnte ich in einem Schloss wohnen, das mit Unrat angefüllt
sei. Ich habe das nie richtig geglaubt, bis ich nach Braithwaite kam.«
Sein
Blicke auf sie geheftet, stand Damien einen langen Moment regungslos da. Dann
lachte er. »Du bist also in deiner unendlichen Weisheit zu der Erkenntnis
gekommen, dass es Braithwaite an Glück und Frohsinn mangelt.« Er verzog den
Mund, bevor er hinzufügte:- »Wie klug du doch bist.« Er warf die Zigarre
auf den Boden und trat die Glut mit seinem Stiefelabsatz aus. »Sag mal,
erinnerst du dich noch, bei welchem Stern du dir das alles gewünscht hast?«
»Natürlich«,
erwiderte sie. »Erst heute abend habe ich mir wieder etwas gewünscht.«
»Seltsame
Worte aus dem Mund eines Mädchens, das nicht an Märchen glaubt.« Er grinste.
Bonnie
spürte, dass ihre Wangen warm wurden. Sie stellte die Reisetasche auf den Boden
und trat unter den Ästen des Baums hervor, damit sie den Himmel besser sehen
konnte. Damien stellte sich hinter sie und legte die Hände auf ihre Schultern.
Es kostete sie große Mühe, sich auf die Sterne zu
konzentrieren.
Am liebsten hätte sie sich umgedreht und sich zum letzten Mal an ihn
geschmiegt.
»Da«,
sagte Bonnie und deutete auf einen Stern. »Er steht direkt über den
nördlichsten Giebel von Braithwaite. Er ist heller als alle anderen Sterne.
Sehen Sie ihn?«
»Ja,
ich sehe ihn.«
»Nun
schließen Sie Ihre Augen«, befahl Bonnie.
Seine
Antwort war ein sachter Druck auf ihre Schultern.
»Stern,
der du am hellsten leuchtest und alle andern überstrahlst - möge das,
was ich mir wünsche, alsbald in Erfüllung gehen ... «
Der
Wind, der über dem Moor seufzte, war das einzige Geräusch. Schließlich bückte
sich Bonnie und hob ihre Tasche auf. Langsam, ganz langsam, mit klopfendem
Herzen und feuchten Augen drehte sie sich Damien zu. Er hatte die Hände in die
Hosentaschen geschoben. Seine Augen waren dunkel, und dieser harte Zug in
seinem Gesicht schien wieder seinen Groll anzudeuten.
»Leben
Sie wohl«, sagte sie.
Er
antwortete ihr nicht.
So viel
zu den Wünschen, dachte sie bei sich und machte sich auf den Weg.
»Bonnie.«
Sie
hielt an und schaute sich um. Damien stand als dunkle Silhouette auf dem Pfad.
Der Puls schlug ihr heftig am Hals, während sie auf seine nächsten Worte
wartet. »Bitte geh nicht fort.«
Sie
spürte die Ungeheuerlichkeit seiner Bitte wie eine Last, die auf ihre Schultern
drückte. Sie wußte, was es ihn gekostet hatte, sie auszusprechen.
»Komm
mit mir nach London und
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