01 - Wie Feuer im Blut
dann tun?«
»Ich weiß
es nicht. Ich muss erst über alles nachdenken.«
»Willst
du Damien nicht wenigstens sehen? Er war außer sich vor Sorge, als du in
Ohnmacht gefallen bist.«
»Wirklich?«
»Natürlich.
Er hat dich während der ganzen Fahrt nach Hause in seinen Armen gehalten und
dich dann in dein Zimmer
getragen. Er hat an deinem Bett gesessen, bis Dr. Blackstone ihn aufforderte,
das Zimmer zu verlassen.«
Bonnie
schloss die Augen.
»Nun?«
fragte Kate beharrlich, »willst du ihn sehen?«
Bonnie
dachte an die vielen Male, die sie ihm gegenübergestanden hatte -
zitternd vor Angst oder vor Begehren -, während er ihr mit einem einzigen
Lächeln, einer Berührung, einem Blick ihr Urteilsvermögen raubte und sie keine
Macht mehr über ihren Geist und ihren Körper besaß.
Nach
einem langen Schweigen sagte Bonnie fest: »Nein.«
Dreiundzwanzig
Damien klingelte
nach dem Hausmädchen und sagte: »Lassen Sie die Kutsche vorfahren.«
»Jawohl,
Mylord. Werden Eure Lordschaft direkt nach Chatsworth zu dem Ball fahren?«
»Nein«,
erwiderte Damien, »ich möchte zuerst einer alten Freundin einen Besuch
abstatten.«
Das
Dienstmädchen knickste und entfernte sich, um seine Anweisung auszuführen.
Damien nahm seinen Mantel, den er über die Sessellehne geworfen hatte, und zog
ihn über seinen eleganten Abendanzug.
Es
begann zu nieseln, als Damien vor dem Stadthaus in der Regent Street stand und
in das Gesicht des Dienstmädchens schaute. Wenn es über seinen Besuch
überrascht war, ließ es sich das nicht anmerken-,
»Ich
möchte Miss Thackeray sprechen«, sagte er.
Das
Mädchen öffnete die Tür, damit er ins Foyer treten konnte. »Gestatten Sie, dass
ich Ihnen den Mantel abnehmen, Mylord?«
»Nein,
vielen Dank. Ich bleibe nicht lange.«
»Sehr
wohl. Ich werde nachsehen, ob Miss Thackeray Sie empfangen kann, Mylord.«
Damien musste
lange warten, und plötzlich wurde ihm klar, dass dieses Unternehmen verrückt
war. Ein Wiedersehen riss bestimmt all seine alten Wunden wieder auf -
aber vielleicht war das für ihn in diesem Augenblick genau das, Richtige. Er
konnte sich endlich Klarheit über seine Gefühle verschaffen. Und wenn er dann
auf dem Ball Bonnie gegenübertrat, würde er wissen, ob seine Emotionen für sie
nur eine Art Vergangenheitsbewältigung waren.
Endlich
kam das Mädchen wieder. »Miss Thackeray wird gleich kommen. Wenn Sie solange im
Salon warten wollen?«
Sie
wollte ihn begleiten, aber Damien hielt sie mit der Bemerkung: »Ich kenne den
Weg« davon ab.
Es war
ihm fast unheimlich, wie vertraut ihm das Haus und besonders der Salon noch
war.
Auf
einem Tisch stand eine Teetasse und ein Teller mit einer halb gegessenen
Frühlingsrolle. Damien legte die Finger an die Tasse. Sie war noch warm. Er
hatte Louisa bei ihrer Mahlzeit gestört.
»Himmel,
wie gut du aussiehst.«
Damien
blickte hoch.
Louisa
stand in der Tür, angetan mit einem blassrosa Kleid mit einem Stehkragen aus
gestärkten Spitzen. Das blonde Haar floss über ihre Schultern. Sie sah ihn mit
einer Spur ihres alten Trotzes an, und in diesem Moment erinnerte er sich an
die vielen Gelegenheiten, bei denen er sie immer aus der Ferne beobachtet und
für das schönste Wesen, das auf Erden wandelte, gehalten hatte. In solchen
Momenten hatte sein Puls gerast, und der Schweiß war ihm auf die Stirn
getreten. Als er nun vor ihr stand, wartete er auf eine körperliche Reaktion -
aber da war nichts.
»Hallo«,
sagte er leise.
Sie
lächelte. »Ich wollte eben meinen Tee nehmen. Willst du mir dabei Gesellschaft
leisten?«
»Nein,
danke.«
Er sah,
wie sie die Hände ineinander verkrampfte, und dann ging sie durch das Zimmer.
Schließlich sagte sie: »Ich habe vor ein paar Monaten erfahren, dass du nach
England zurückgekommen bist. Ich fragte mich, ob ich dich sehen würde.«
»Das
war unvermeidlich, denke ich.«
»Das
denke ich auch.«
Sie sah
ihn an. Ein Sonnenstrahl fand seinen Weg durch die halb geschlossenen Jalousien
und beleuchtete die eine Seite ihres Gesichts wie eine Kerzenflamme. »Warum
bist du gekommen?« fragte sie.
»Ich
weiß es selbst nicht genau. Vielleicht, um mir ein für allemal klarzuwerden ...
«
Sie
senkte den Blick zu Boden. »Ich war jung und eigensüchtig. Doch vor allem war
ich verblendet. Ich hatte eine Familie und Freunde, die mich liebten, aber ich
wollte Macht, Besitz und einen viel größeren Reichtum, als ich mir früher
jemals erhoffen konnte. Zu spät erkannte ich, dass die kalten, unbelebten
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