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010 - Skandal in Waverly Hall

010 - Skandal in Waverly Hall

Titel: 010 - Skandal in Waverly Hall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Joyce
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Über ihren Köpfen wölbte sich eine hohe Decke mit kunstvollen Malereien. Anne ließ sich von einem Lakai aus der Samtpelerine helfen. Sie war stocksteif vor Nervosität und konnte nichts dagegen ausrichten. Unter den derzeitigen Umständen Lord Hardings Ball zu besuchen war der reinste Wahnsinn.
    Sie merkte, daß Dominick sie betrachtete und daß sie schon wieder an ihrer Kette fingerte. Sofort ließ sie die Hand sinken.
    Dominick beobachtete sie weiter. Sie konnte nicht feststellen, was er dachte, und errötete ein wenig. Da sie bisher zurückgezogen auf dem Land gelebt hatte, trug sie heute zum erstenmal ein solch aufwendiges Abendkleid. Der dunkelblaue Seidentaft changierte beinahe ins Purpurne. Die Wirkung war phantastisch und schmeichelte ihr unwahrscheinlich. Die Farbe betonte ihre blasse, porzellanzarte Haut und paßte wunderbar zu ihrem blauschwarzen Haar.
    Belle hatte darauf bestanden, Annes Taille noch ein oder zwei Zentimeter enger zu schnüren, als sie es normalerweise tat. Das Kleid war außerordentlich tief ausgeschnitten, so daß ihr schöner Busen betont wurde. Die Schnittführung der Robe war von bestechender Eleganz.
    Dazu trug Anne elfenbeinfarbene Satinhandschuhe, die ihre Unterarme und ihre Ellbogen bedeckten. Ihre Abendschuhe bestanden ebenfalls aus elfenbeinfarbenen Satin und waren mit einer Goldschnalle verziert.
    Anne rührte sich nicht, während Dominick sie betrachtete. Sein Blick glitt über ihr Gesicht, das Kollier und ihr Dekollete zu ihrer schmalen geschnürten Taille und dem hauchfeinen Chiffon der weiten Röcke. Dort verweilte er ein wenig länger.
    Anne wurde noch nervöser und fragte sich, ob er ihren elfenbeinfarbenen Unterrock irrtümlich für ihre Haut hielt. Der Farbton war der Haut ähnlicher, als ihr lieb sein konnte.
    Ihre Wangen begannen zu brennen. Sie wagte kaum zu atmen, denn sie fürchtete, ihre Brüste könnten bei einem zu tiefen Atemzug aus dem Dekollete rutschen. Am meisten bestürzte sie jedoch, daß sie sich immer noch nach Dominicks Bewunderung sehnte.
    Endlich sah er ihr in die Augen. „Sehr gut." Mehr sagte er nicht.
    Anne schluckte, und ihr Herz begann zu rasen. Die beiden schlichten Worte konnten alles mögliche bedeuten. Sie wagte nicht, näher darüber nachzudenken.
    Nachdenklich ließ sie sich von Dominick durch das Foyer in den Ballsaal geleiten. Er legte ihr die Fingerspitzen auf die Taille und führte sie unmerklich. So leicht die Berührung war, Anne war sich des Kontakts mit ihm deutlich bewußt.
    Dominick war der faszinierendste Mann, der ihr je begegnet war. Aber kannte sie ihn wirklich? Sie wäre schön dumm, wenn sie stärker auf ihr Herz als auf ihren Verstand hörte. Vor allem heute abend. Mehr als fünfhundert neugierige Gäste wurden erwartet, und Dominick brauchte ihre Unterstützung. Sie war moralisch verpflichtet, ihm ihre Hilfe zu gewähren. Doch sie hatte Angst vor der Nähe, die solch eine Hilfe mit sich brachte - nicht Angst vor Dominick, sondern vor sich selber.
    Plötzlich stolperte sie und wäre beinahe gestürzt. Dominick fing sie auf und legte ihr den Arm fest um die Taille. Für den Bruchteil einer Sekunde preßte er sie an seine Seite. Anne überlief es heiß. Es war, als würde ein Streichholz an trockenen Zunder gehalten. Ihr Blut begann zu rauschen, und ihr Körper wurde steif. Erinnerungen an lustvolle Liebesnächte kehrten zurück, und sie sah zu ihrem Mann auf.
    „Du brauchst keine Angst zu haben", versicherte Dominick ihr. Seine Stimme klang längst nicht mehr so kalt und unnahbar. „Mich möchte man am liebsten in Stücke zerreißen und vernichten, nicht dich."
    Anne betrachtete prüfend sein Gesicht. Nein, Belle und Patrick irrten sich bestimmt.
    Dominick war nicht für die Taten verantwortlich, die sie so in Angst und Schrecken versetzten. „Es spielt keine Rolle, was die anderen denken", erklärte sie endlich.
    „Nein, meinst du nicht? Du kannst so etwas leicht sagen, denn du verbringst die meiste Zeit auf dem Land. Mich führen die Geschäfte dagegen immer wieder in die Stadt. Wir werden bald feststellen, ob noch jemand mit mir verkehren möchte." Er sprach nicht weiter.
    „Wie kommst du darauf?" fragte Anne.
    Dominick faßte ihre Taille fester. „Bis jetzt sind drei entfernte Vettern von mir aufgetaucht und haben den ,Thron' für
    sich beansprucht. Ihre Ansprüche auf Rutherfords Erbe sind wesentlich berechtigter als meine. Mein Anwalt glaubt zwar, daß ich einige kleine Landgüter behalten werde, sofern der

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