010 - Skandal in Waverly Hall
Glocken schwiegen.
„Ja, mir reicht es auch", stimmte Dominick ihr zu und nahm ihren Arm. Sie bahnten sich einen Weg durch die Menge und stiegen die drei Stufen zum Foyer hinauf.
Plötzlich stutzte Dominick.
Zwei Konstabier standen an der Eingangstür. Ein weiterer kleiner stämmiger Mann in einem schlecht sitzenden Anzug sprach mit dem Earl of Harding. Hardings Butler hielt sich in der Nähe auf. Sobald Anne und Dominick auf der Schwelle erschienen, blickten sie ihnen entgegen und schwiegen betreten.
Der Lord, ein großer Mann mit silbergrauem Haar, löste sich aus der Gruppe und trat auf sie zu. Anne erschrak und klammerte sich instinktiv an Dominicks Arm. Sie fürchtete plötzlich, daß die Polizisten seinetwegen gekommen wären und Belle und Patrick am Ende doch recht hatten.
Nein, das war natürlich Unsinn. Die Polizei konnte unmöglich wissen, daß Dominick ihr vielleicht nach dem Leben trachtete. Außer Belle und Patrick kannte niemand diesen Verdacht.
Aber weshalb kam Lord Harding dann zu ihnen? Besorgt drehte sie sich zu Dominick und ließ seinen Arm zögernd los.
„Dominick", sagte der Earl ernst. „Ich fürchte, es ist etwas passiert, das dringend aufgeklärt werden muß."
Dominick sah an Harding vorüber und bemerkte den Blick des stämmigen Mannes in dem schlecht sitzenden Anzug.
„Das ist Inspektor Hopper", sagte der Lord.
Hopper trat vor, und seine Wangen röteten sich heftig. „Es tut mir außerordentlich leid, Mylord", wandte er sich an Dominick. „Bitte nehmen Sie mein aufrichtiges Mitgefühl wegen der Krankheit Ihres - äh - des Herzogs entgegen. Trotzdem muß ich Sie bitten, mit uns zu kommen."
„Worum geht es?" fragte Dominick.
Anne bekam plötzlich furchtbare Angst.
Hopper und Lord Harding wechselten einen Blick, und der Inspektor räusperte sich.
„Matthew Fairhaven ist tot", sagte er.
Anne keuchte und sah Dominick erschrocken an. Er schien ebenso bestürzt zu sein wie sie.
„Sie sind wegen Mordes verhaftet", fügte der Inspektor hinzu.
27. KAPITEL
Dominick verzog keine Miene. Anne schrie dagegen laut auf.
Hopper räusperte sich erneut, und seine Wangen wurden noch röter. „Bitte, Mylord
- äh - Sir. Kommen Sie mit."
Dominick rührte sich nicht. Ein Muskel zuckte in seiner Wange, und seine Augen blitzten gefährlich.
Anne sah ihren Mann entsetzt an. Er hatte Matthew Fair-haven bestimmt nicht umgebracht. Das war unmöglich.
Dominick mußte ihren Blick spüren, denn er drehte plötzlich den Kopf. Anne war sicher, daß er ihr das Entsetzen anmerkte. Er verzog das Gesicht, und sein Miene wurde noch finsterer.
„Es war Mord", sagte Hopper zu allen Anwesenden. „Fairhaven starb heute nachmittag. Sein Körper wurde in Covent Garden gefunden. Der Leichenbeschauer hat festgestellt, daß ein Schlag auf den Kopf die Todesursache war."
Anne war der Ohnmacht nahe. War Dominick am Ende doch ein Mörder? War dies der endgültige Beweis? Sie feuchtete ihre trockenen Lippen an. „Mein Mann... mein Mann hat es bestimmt nicht getan", stieß sie hervor. Doch es klang nicht sehr überzeugend.
Dominick wandte sich ab und sah Hopper wieder an. „Natürlich fällt der Verdacht zuerst auf mich, das ist mir klar. Wer hätte einen besseren Grund als ich, Fairhaven zum Schweigen zu bringen?"
„Laß das, Dominick", flüsterte Anne.
Er beachtete sie nicht.
„Ich rate Ihnen, nichts mehr zu sagen, bevor Sie nicht mit Ihrem Anwalt gesprochen haben, Dominick", sagte der Earl of Harding.
„Ich habe Fairhaven nicht getötet", erklärte Dominick ungerührt.
„Sir, ein angesehener Bewohner dieser Stadt hat ausgesagt, daß Sie heute nachmittag einen heftigen Streit mit Fairhaven hatten", sagte Hopper.
Anne riß erschrocken die Augen auf.
„Das ist ein Irrtum", antwortete Dominick scharf.
„Hatten Sie einen Streit mit Fairhaven?" fragte Hopper.
„Ich hatte eine Unterredung mit ihm. Aber das war heute morgen und nicht am Nachmittag. Außerdem fand das Gespräch in Fairhavens Haus unter vier Augen statt und nicht in Covent Garden. Ich habe ihm nicht auf den Kopf geschlagen."
„Es tut mir leid, Sir. Ich nehme an, Sie kennen das Gesetz. Die Regeln sind eindeutig.
Der Leichenbeschauer hat festgestellt, daß Fairhaven ermordet wurde, und ein Bürger beschuldigt Sie dieser Tat. Außerdem haben wir das hier in Fairhavens Hand gefunden. Es gehört Ihnen, nicht wahr?" Hopper griff in die Tasche und hielt etwas in die Höhe.
Anne keuchte leise. Ein Manschettenknopf mit einem Saphir
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