010 - Skandal in Waverly Hall
auf eine ... eine ..."
„Eine Schauspielerin?" schlug Dominick vor und lachte plötzlich.
„Eine Hure!" schrie Anne beinahe und wurde dunkelrot. „Oder leugnest du, daß sie deine Mätresse ist?"
Dominick wurde wieder ernst, und seine Augen blitzten. „Dies ist nicht nur ein sehr gefährliches Thema, Anne. Es ist auch äußerst unschicklich für dich."
„Für mich ist es längst nicht so unschicklich wie für dich", fuhr Anne ihn an.
„Allerdings wirst du eines Tages Herzog sein. Deshalb wird die feine Gesellschaft dir alles verzeihen -selbst daß du mit einer Frau wie Margaux Marchalle herumstolzierst."
Er sah sie kühl an. „Ich werde dir etwas sagen, Anne. Erst wenn du eine richtige Ehefrau für mich bist, und zwar in jedem Sinn des Wortes, hast du das Recht, mir solche Fragen zu stellen - vorher nicht."
„Nun, soweit wird es niemals kommen", antwortete Anne heftig. „Außerdem brauche ich dir keine Fragen zu stellen, denn ich kenne die Antworten bereits."
„Mach ruhig weiter, Anne", sagte Dominick leise. „Mir scheint, daß du noch viel eifersüchtiger bist, als ich bisher angenommen hatte. Du klingst wie eine verschmähte Frau - eine sehr verliebte, verschmähte Frau."
„Bestimmt nicht!" wehrte Anne viel zu schrill ab.
Er lächelte wissend. „Verstehe. Jetzt kommen wir der Sache schon näher."
Anne feuchtete ihre trockenen Lippen an. „Ich bin nicht eifersüchtig auf deine Frauen, und ich bin keine verschmähte Frau. Ich verschmähe dich!"
„Ich habe keine Frauen in der Mehrzahl. Und du verschmähst mich durchaus nicht, wenn wir uns küssen."
Sie keuchte heftig. „Das liegt nur daran, daß du so erfahren im Küssen bist."
„Vielleicht könnte ich noch mehr Erfahrung sammeln, wenn wir uns liebten."
Anne wich unwillkürlich zurück. „Spar dir deine - Küsse für deine Mätresse auf."
„Das wäre nicht auszuschließen, wenn du mich weiterhin zurückweist."
Anne blieb einen Moment wie angewurzelt stehen. Endlich zuckte sie mit den Schultern und erklärte steif: „Geh, zu wem du willst. Und verteil deine Küsse - und deine sonstigen Liebkosungen, an wen du magst."
Dominick verschränkte die Arme, zertrat die Blumen, die auf dem Boden verstreut lagen, und lehnte sich an die Wand. „Wie großzügig von dir, Anne. Du gibst mir also die Erlaubnis, mein Privatleben so zu führen, wie es mir gefällt."
„Andere Ehefrauen wären vermutlich nicht so tolerant", antwortete Anne gepreßt.
„Andere Ehefrauen würden ihren Männern auch nicht die ehelichen Pflichten verweigern", erwiderte er sehr leise.
„Bist du deshalb heute abend gekommen?" Ihr Puls raste derart, daß ihr beinahe schwindelte.
„Und wenn es so wäre?" fragte Dominick spöttisch.
Sie erstarrte und bekam keinen Ton heraus.
„Beruhige dich, Anne", forderte er sie verärgert auf. „Ich bin kein solcher Schuft, der nach vier Jahren einfach an deine Schlafzimmertür klopft und auf seinen Rechten als Ehemann besteht. Erinnere dich, ich war zu dir gekommen, um gemeinsam mit dir zu Abend zu essen. Ich wollte mich mit dir versöhnen."
Anne schnaufte verächtlich. „Du kamst hierher, um mich zu verführen."
Seine Miene verfinsterte sich. „Glaub, was du willst. Aber laß dir eines gesagt sein: Hätte ich dich verführen wollen, würdest du jetzt nicht auf der anderen Zimmerseite stehen." Sein Blick glitt zu ihrem Bett. „Wir wissen beide, was passiert wäre, Anne. Zu diesem Zeitpunkt würdest du dich längst vor Leidenschaft unter mir winden und dich nach Erfüllung verzehren. Dafür hätte ich gesorgt."
Anne keuchte und wurde dunkelrot. „Mach, daß du rauskommst!"
Ein Muskel zuckte in seiner Wange. „Mit Vergnügen." Er rührte sich nicht. „An deiner Stelle würde ich allerdings nicht vergessen, daß ich ein kräftiger, gesunder Mann bin. Deine ständige Weigerung könnte mich sehr wohl in die Arme einer anderen Frau treiben."
Er wandte sich ab und schlenderte zur Tür. Auf der Schwelle blieb er noch einmal stehen und drehte sich um. Seine Augen blitzten. „Entscheide dich, was du wirklich möchtest, Anne. Falls du mich nämlich noch willst, hast du jetzt Gelegenheit, mich zu bekommen."
Anne starrte ihn verächtlich an, und er schlug die Tür mit einem lauten Knall hinter sich zu.
Rauch stieg Anne in die Nase und weckte sie langsam auf.
Trotz ihrer Erschöpfung hatte sie lange keine Ruhe finden können. Unzählige Gedanken waren ihr durch den Kopf gegangen, und alle hatten sich um Dominick gedreht.
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