0102 - Der Satan mischt die Karten
du, ihr seid Feinde besonderer Art. Keiner will den anderen kurzerhand mit einer Kugel umbringen, sondern jeder wünscht einen Tod besonderer Art für seinen Feind. Du willst den elektrischen Stuhl für Morgan, und er will ein langsames Sterben für dich, gewissermaßen am Marterpfahl.«
»Ich will die richtige Strafe für ihn.«
Phil zuckte die Achsel. »Von seinem Standpunkt gesehen, will er für dich nichts anderes.«
Wir wechselten das Thema. Nach meiner Schätzung dauerte es noch mindestens vier Wochen, bis ich wieder auf den Beinen stand. Phil teilte mir mit. daß Mr. High fest entschlossen war, mich anschließend noch für mindestens vier Wochen in Urlaub zu schicken.
»Ihr wollt mich nur aus dem Wege haben, damit ihr Morgan in Ruhe jagen könnt.«
Phil lachte laut auf. »Willst du dich in deinem Zustand an der Jagd beteiligen?«
***
Mir ging es von Tag zu Tag besser. Dr. Clesten, der Chefarzt, sägte mir den Gips vom Fuß, röntgte den Knochen und brummte zufrieden. Dann bekam ich eine neue Gipsmanschette umgepappt mit einer raffinierten Eisenkonstruktion unter der Fußsohle.
»Wenn der Gips hart ist, können Sie zur Not aufstehen«, erklärte der Arzt.
Sie fuhren mich in mein Zimmer zurück. Ich bezähmte meine Ungeduld bis zum Abend, aber dann probierte ich das Laufen. Es ging erbärmlich. Ich war vollkommen weich in den Knien. Trotzdem schleppte ich mich bis auf den Korridor. Zu meinem Erstaunen fand ich einen uniformierten Cop vor meiner Tür. Er saß auf einem Schemel.
»Hallo, was machen Sie hier?« fragte ich.
Er stand auf und salutierte. Etwas verlegen erklärte er:
»Ich passe auf Sie auf, Sir.«
»Warum?«
»Wir passen auf, seitdem Sie hier liegen, Sir. Wir haben Befehl, niemanden außer dem Krankenhauspersonal und Mr. Decker zu ihnen zu lassen.«
Von dieser Vorsichtsmaßnahme, die sicherlich von Mr. High veranlaßt worden war, hatte ich bisher nichts geahnt. Ich hinkte in mein Zimmer zurück.
Von jetzt an nahm ich täglich meine Gehübungen vor. Ich glaube, ich erholte mich rasch. Der wortkarge Dr. Clesten brummte jeden Tag in zufriedenerer Tonart.
Dann kam ein Sonntag, der vierte, den ich im Hospital verbrachte. Phil kam schon am frühen Morgen mit der Neuigkeit, daß Chuk Spyer von der Hafenpolizei an Bord eines Dampfers verhaftet worden war, dessen Kapitän ihn für tausend Dollar nach Mexiko schmuggeln wollte.
Phil hat Spyer noch in der gleichen Nacht vernommen, aber es war nicht viel dabei herausgekommen. Spyer wußte zwar anzugeben, wohin ich gebracht worden wäre, wenn der Überfall in Long Island geklappt hätte, aber dieser Ort war nichts anderes als eine Straßenkreuzung irgendwo in der Gegend von Atlantic Beach.
So blieb nur noch einer von den Männern über, die sich für fünftausend Dollar bereitgefunden hatten, einem von Haß besessenen Mörder das Opfer zu liefern.
»Wir werden auch Hank Prant fassen«, sagte Phil. »Ihre Chancen stehen schlecht. Der Richter kann sie wegen Menschenentführung auf den Stuhl schicken. Ich glaube, sie haben das nicht bedacht, als sie sich anheuem ließen.«
Mit Phil ging ich zum erstenmal in den Garten des Hospitals hinunter. Wir verbrachten einen feinen Tag miteinander. Gegen Abend kam noch Mr. High. Dr. Clesten stieß zu uns. Wir erzählten uns viel.
Die frische Luft machte mich müde.
Am Abend schlief ich ein, kaum daß ich das Kissen berührte.
Ich wachte davon auf, daß die Tür geöffnet wurde. In dem dünnen Licht der Nachtbeleuchtung auf dem Flur, sah ich die untersetzte Gestalt von Dr. Clesten. Ich hörte noch den Gruß des Cops auf dem Flur:
»’n Abend, Doktor! So spät noch?«
Clesten schloß die äußere der beiden Türen. Dann zog er auch die innere Tür zu und drehte den Schlüssel.
Ich knipste die Nachttischlampe an.
»Hallo, Doc«, murmelte ich schlaftrunken. »Was gibt’s?«
Er trug keinen Arztkittel, sondern einen schwarzen Mantel und einen dunklen Hut, unter dem eine Strähne seines weißen Haares sichtbar wurde. Als er sich umdrehte, blitzte seine Hornbrille. Er kam mit raschen Schritten auf mein Bett zu und beugte sich über mich.
Ehe ich überhaupt begriff, was er beabsichtigte, hatte er die Schnur der Rufklingel zerrissen. Er wich zwei Schritte vom Bett zurück. Seine Hände tasteten nach den Knöpfen.
Der Mantel öffnete sich. Die Gestalt des Mannes darunter war schmal und sehnig. Der Mantel fiel zur Erde. Der Mann nahm den Hut ab. Mit der gleichen Bewegung streifte er die Perücke ab. Glattes
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