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0102 - Der Satan mischt die Karten

0102 - Der Satan mischt die Karten

Titel: 0102 - Der Satan mischt die Karten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delfried Kaufmann
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Wut, und er ließ sie an allem aus, was ihm in die Quere kam. Es war eine Wut, deren Ursache Traurigkeit war.
    »Irgendein New Yorker Geschäftsmann, der hier oben einsamer Trapper spielen wollte«, antwortete ich. Es war eine lächerliche Antwort. Es kam in diesem Augenblick wahrhaftig nicht darauf an zu ergründen, wer die Hütte auf den Hügel gesetzt hatte.
    »Es gibt wirklich keine Deckungsmöglichkeit«, meinte Mr. High. »Ersieht jeden, der den Wald verläßt. Nur nachts könnte man es mit Aussicht auf Erfolg versuchen.«
    »Die Frist läuft heute abend ab«, erinnerte ich. Der Chef nickte.
    »Man müßte sehen, wie dieser verfluchte Erdhaufen von der anderen Seite aussieht«, sagte Phil.
    »Spare dir die Mühe. Es gibt dort sowenig eine Möglichkeit wie hier.« Ich löste den Blick von der Hütte und sah Mr. High an.
    »Ich denke, ich gehe jetzt, Chef.«
    Er biß die Zähne aufeinander, daß die Wangenmuskeln in seinem schmalen Gesicht vorsprangen. Dann reichte er mir die Hand.
    »Viel Glück, Jerry!«
    Ich probierte eine Grimasse.
    »Nett, daß Sie nicht fröhliches Begräbnis gesagt haben, Chef!«
    Er blieb todernst.
    »Ich bin sicher, Sie wiederzusehen, Jerry«, sagte er. Unsere Blicke lagen für zehn Sekunden ineinander.
    Ich wandte mich Phil zu.
    »Bis später, alter Junge!«
    »Augenblick«, sagte Phil und trat nervös von einem Bein auf das andere. »Zieh deine Jacke aus!« Er riß sich die eigene Jacke von den Schultern. »Wir wechseln die Anzüge, und ich gehe an deiner Stelle.«
    »Was soll der Unsinn?«
    »Ich werde ihn täuschen und den Moment der Verwirrung ausnutzen«, erklärte Phil wild.
    »Wenn er Gelegenheit dazu bietet, kann ich es so gut wie du.«
    »Nein, du bist zu nervös«, schrie Phil. »Du bist innerlich viel zu sehr an dieser Sache beteiligt. Ich bin kälter, ich…«
    »Ziehen Sie Ihre Jacke wieder an, Phil«, befahl Mr. High.
    Phil stoppte mitten im Satz, stand sekundenlang mit hängenden Armen. Dann zog er seine Jacke an und drehte sich mit einem Ruck um. Ich klopfte ihm auf die Schulter. Er rührte sich nicht.
    Ich holte tief Luft. Mit drei großen Schritten trat ich aus dem Wald hinaus und begann, den Hügel hinaufzusteigen.
    ***
    Es war kein langer Weg, aber manche Wege lassen sich nicht einfach in Yards und Meilen messen. Und in diesem anderen Sinne war es ein sehr langer Weg.
    Es ging auf Mittag zu. Die Sonne stach vom Himmel, aber im Osten über dem Meer stieg eine dunkle Gewitterwand hoch.
    Zwanzig Yards war ich noch von der Hütte entfernt. Ich erkannte die schmalen Fensterschlitze und die Bohlen der Tür.
    Deutlich hörte ich in der stilleil Luft das Knarren, als die Tür sich öffnete. Keine menschliche Gestalt erschien in der Öffnung. Nur das Türloch gähnte jetzt dunkel wie ein Weg, der in die Tiefe führt.
    Ich erreichte das Haus und die offene Tür. Ich blieb davor stehen. Von innen kam die Stimme des ›Teufels‹:
    »Komm herein, G-man!«
    Nach dem grellen Licht des Tages ‘draußen erschien mir das Dämmerlicht in der Hütte zunächst wie Dunkelheit.
    »Schließe die Tür!« befahl die Stimme. Ich warf sie mit dem Fuß zu, ohne mich umzudrehen.
    Meine Augen gewöhnten sich an die halbe Dämmerung. In fünf Schritten Entfernung hinter einem rohgezimmerten Tisch standen zwei Menschen, ein kleiner, schwarzhaariger Junge mit magerem Gesicht und riesengroßen Augen, und hinter ihm ein Mann, John Morgan.
    Morgan hielt den Jungen mit einer Hand an der Schulter fest. Die andere Hand hielt eine Pistole, und der Lauf dieser Pistole war gegen den Hinterkopf des Kindes gerietet.
    ***
    Nicht zum ersten Male begegnete ich John Morgan auf diese Weise. Schon einmal hatte ich so vor ihm gestanden, und damals hatte er Nelly Parker als Schutzschild benutzt und den Lauf seiner Waffe nicht auf mich, seinen Feind, sondern auf die Unschuldige zwischen uns beiden gerichtet.
    »Du hast deine Methode noch nicht verlernt«, sagte ich.
    »Nein«, antwortete er gedehnt. »Es ist ein einfacher Trick, aber er hilft zuverlässig gegen alle Schliche, die ihr euch auszudenken vermögt.«
    Ich schwieg. Er fragte:
    »Welchen Trick hast du auf Lager, G-man?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Keinen Trick!«
    »Welche Waffe?«
    »Die Smith and Wesson.«
    »Zieh die Jacke aus.«
    Ich tat es.
    »Schnall das Halfter ab.«
    Ich gehorchte und hielt das Riemenzeug mit der Tasche und der Pistole in der Hand.
    »Wirf es fort.«
    Ich feuerte die Waffe gegen die Wand.
    »Warum so heftig?« fragte Morgan mit

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