0107 - Die Hand des Hexers
dorthingekommen war.
»Kurz nachdem Flo Danning diese Statue geschenkt bekam, fingen ihre Alpträume an«, erzählte Cher. Plötzlich fuhr sie sich erschrocken an die Lippen. »Großer Gott, diese grauenvolle Vision, die ich gestern nacht hatte,… ist dafür auch dieser kleine Teufel verantwortlich zu machen?«
»Ich bin fast sicher, daß Sie damit den Nagel auf den Kopf getroffen haben, Cher«, sagte der Professor.
»Was spielt dieser Inder dabei für eine Rolle?« fragte Cher Cobalt mit großen Augen.
»Ich könnte mir vorstellen, daß er eine Kontaktperson der Unterwelt ist. Es gibt sehr viele schlechte Menschen, die dem Reich der Finsternis ihre Dienste anbieten.«
»Aber warum tun sie das?« fragte Cher verblüfft.
»Aus verschiedenen Gründen. Die einen aus Habsucht, die anderen, weil sie ihre Mitmenschen hassen…«
Zamorra nahm seinen silbernen Talisman ab. Er hielt ihn an der Kette und ließ ihn über dem kleinen schwarzen Teufel pendeln. Nicole Duval und Cher Cobalt vernahmen ein leises Knistern.
»Hört ihr das?« fragte Zamorra.
»Ja«, sagte Cher. »Was ist das?«
»Spuren vom Bösen«, erklärte der Professor. »Das bedeutet, daß sich das Böse nicht ständig in dieser Figur befindet. Die dämonischen Impulse werden nur zeitweise ausgesandt, von dieser Statue empfangen und verstärkt weitergegeben. Gewissermaßen haben wir es hier mit einer Relaisstation des Schreckens zu tun.«
Cher Cobalt wurde totenblaß unter ihrem makellosen Make-up.
»Dann«, keuchte sie, »nichts wie weg mit diesem verdammten Ding.«
Sie packte es, ehe es Zamorra verhindern konnte, rannte damit in die Küche und schleuderte es in den Müllschlucker.
***
Wenig später war Cher Cobalt allein in ihrem Penthouse. Nicole Duval und Professor Zamorra waren zu Dambir, dem Antiquitätenhändler, unterwegs, und Cher war neugierig darauf, wie Zamorras Besuch bei dem Inder enden würde. Ob der Mann tatsächlich eine Kontaktperson der Unterwelt war? Wenn man nach seinem Äußeren ging, das alles andere als anziehend war, mußte er mit dem Teufel persönlich im Bunde sein.
Aber waren deswegen alle häßlichen Menschen schlecht und böse?
Es wäre falsch gewesen, auf diese Weise zu urteilen, denn es gibt viele häßliche Menschen, die über eine strahlendere Seele verfügen als so manche Schönheiten.
Cher kannte sogar einige Beispiele.
Im Laufe der nächsten halben Stunde wurde sie dreimal angerufen. Einmal vom Besetzungschef der BBC, der sie in den nächsten Tagen gern mal gesprochen hätte. Dann kam ein Anruf aus dem Französischen Theater. Dort kam man mit einigen Kostümen nicht klar, die Cher bei der nächsten Premiere tragen sollte. Und schließlich rief die Frau eines bekannten Politikers an und fragte, ob Cher nicht »irgend etwas Nettes« im Rahmen einer Wohltätigkeitsveranstaltung vortragen wolle. Sie sagte zu und legte auf.
Plötzlich lastete ein schwerer Druck auf ihrer Brust.
Sie bekam kaum Luft.
Japsend rannte sie zur Bar und nahm sich einen doppelten Scotch. Sie mußte den Drink buchstäblich hinunterwürgen.
Hitze und Kälte jagten durch ihren Körper.
»Es geht schon wieder los!« stöhnte Cher Cobalt verzweifelt, während ihr erschreckend zum Bewußtsein kam, daß sie vollkommen allein in ihrer großen Wohnung war.
Nicole! Zamorra!
Sie waren bei Dambir.
Cher hätte sie aber hier gebraucht. Wenigstens einen von ihnen, damit sie den ganzen Schrecken nicht allein ertragen mußte.
Irgend etwas in Zamorras Überlegungen konnte nicht stimmen. Er hatte diese kleine Teufelsfigur eine Relaisstation des Schreckens genannt. Nun, Cher hatte dafür gesorgt, daß die Statue aus ihrer Wohnung verschwand. Eigentlich hätte sie jetzt vor diesem Alpdruck Ruhe haben müssen. Aber er war wiedergekommen. Welle um Welle überflutete das verstörte Mädchen.
Wie war das möglich?
Hatte sich Zamorra geirrt?
Oder reichte die Strahlung des Bösen aus der Tiefe des Müllcontainers heraus bis hier herauf in dieses Penthouse?
Cher Cobalt fühlte sich feindselig angestarrt.
Sie war nicht allein in ihren vier Wänden. Es war noch jemand da. Die junge Schauspielerin wirbelte bei diesem Gedanken wie von der Natter gebissen herum, und im selben Moment traf es sie mit der Wucht eines Keulenschlages.
Sie traute ihren Augen nicht, aber es war wahr!
Er war zurückgekehrt.
Er war nicht im Müllschlucker geblieben. Die Macht des Bösen hatte ihm diese Rückkehr ermöglicht. Er stand wieder auf der Anrichte. So, als wäre er
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